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11.09.04 / Ein Juwel nahe dem Frischen Haff / Das Gutshaus Schettnienen galt als eines der schönsten Beipiele des ostpreußischen Barock

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. September 2004


Ein Juwel nahe dem Frischen Haff
Das Gutshaus Schettnienen galt als eines der schönsten Beipiele des ostpreußischen Barock

Schettnienen, erstmals 1406 erwähnt, lag im Kreis Heiligenbeil nahe dem Frischen Haff. Im Verlauf der Jahrhunderte gehörte es den Familien von der Trenck, von Rabe und de Teyler, bis es 1703 an den Kammerrat Jacob Laxdehnen fiel. 1717 wurde auf Schettnienen der Sohn Otto Heinrich Laxdehnen geboren, der mit seinen Brüdern geadelt und ein verdienter General unter Friedrich dem Großen wurde. 1731 starb der Vater, und nun übernahm die Mutter Eleonore Laxdehnen Schettnienen.

Im Jahr 1763 brannte das alte Gutshaus ab. Nur ein eichener Schrank konnte gerettet werden und stand noch bis 1945 im Eßzimmer des neuen Gutshauses. Dieses neue Gutshaus wurde 1765 als ein eingeschossiger, verputzter Feldsteinbau mit hohem Mansarddach errichtet. Ursprünglich gelb, war es zuletzt weiß gestrichen. Im Äußeren wie im Inneren zeichnete sich das Haus durch seine Symmetrie aus. Es galt als eines der schönsten Beispiele des ostpreußischen Barock und wurde 1933 unter Denkmalschutz gestellt. Im 18. Jahrhundert waren noch alle Bauten mit Ausnahme des Gutshauses mit Stroh gedeckt. Hinter dem Gutshaus lag ein barocker Garten mit geraden, schmalen Wegen, Buchsbaumeinfassungen, einem hohen Buchenheckengang und einem im Kreuz gepflanzten Heckengarten.

Mittlerweile war Schettnienen im Besitz Adelgunde von Rittmanns, die in erster Ehe mit einem Major von Laxdehnen vermählt gewesen war. Genaueres ist uns über die zuvor genannten Familien bisher nicht bekannt. 1778 erwarb Alexander Georg aus dem alten prußischen Geschlecht derer von Bronsart das Gut von Adelgunde von Rittmann.

Als dieser 1790 starb, übernahm seine Witwe Charlotte geborene von der Groeben die Bewirtschaftung des Besitzes, bis 1806 der Sohn Ernst seinen Abschied vom Militär nahm und mit seiner Frau nach Schettnienen zog. Hier verlebten sie bis zum Ausbruch des Vierten Koalitionskrieges einige wenige Monate ungestörten Glücks. 1807 floh die Familie vor Napoleon nach Königsberg. Allein die Großmutter blieb zurück und zeigte sich dem Feind gegenüber unerschrocken.

Nach dem Frieden von Tilsit 1807 kehrte Ernst von Bronsart auf sein Gut heim und sorgte sich um den Wiederaufbau, denn der Feind hatte schlimm gehaust. Die folgenden Jahre brachten viele Lasten und Sorgen. Auch 1812 hatte Schettnienen wieder unter der Belegung mit französischen Truppen zu leiden, und so zog auch Ernst von Bronsart mit in die Befreiungskriege.

Als er siegreich heimkehrte, bezichtigte er seine auffallend schöne Frau Wilhelmine unberechtigt der Untreue und trennte sich von ihr. Schettnienen wurde nun 1814 auf zwölf Jahre verpachtet. Mit seinen Kindern zog Ernst von Bronsart nach Königsberg, seine Frau ging nach Sprottau.

1827 wurde die Zwangsversteigerung Schettnienens bekanntgegeben, und 1828/29 ersteigerte der Bruder Ernst von Bronsarts, Alexander von Bronsart, das Gut für 18.001 Taler. Auch Alexander von Bronsart hatte eine militärische Laufbahn eingeschlagen und an den Befreiungskriegen teilgenommen. Seine Frau Emilie Dorothea wird als zarte, sehr hübsche und geistreiche Frau beschrieben. Aus der glücklichen Ehe gingen zwei Töchter hervor, die wie die Mutter sehr musikalisch waren. Doch zur Trauer der Eltern starben beide Kinder früh an Schwindsucht. So adoptierte Alexander von Bronsart seinen Stiefsohn Eugen Wilhelm von Lampinet und auf des Stiefvaters Wunsch hin genehmigte der König 1839, daß Eugen Wilhelm zu seinem Namen den Zunamen "genannt von Bronsart" annehmen durfte. Unter Alexander von Bronsart wurden um die Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Gebäude auf dem Gut neu errichtet. 1862 konnte er das schuldenfreie Gut seinem Stiefsohn Eugen Wilhelm von Lampinet genannt von Bronsart übergeben.

Nach Wilhelms Tod gelangte Schettnienen 1887 an den Vetter, den bismarckschen Kriegsminister Paul Leopold Bronsart von Schellendorff (1832-1891). Dieser war im Krieg 1870/71 gegen Frankreich nach Sedan gegangen, um den gefangenen Kaiser der Franzosen Napoleon III. zu König Wilhelm I. von Preußen zu geleiten. Der Kriegsminister erhielt bei seinem Tod ein mächtiges Grabmahl in Schettnienen. Es wurde nach 1945 zerstört.

Der Bruder des Paul Bronsart von Schellendorff, Hans Bronsart von Schellendorff (1830-1913), war von 1887 bis 1895 Kammerherr und Generalintendant des Großherzoglichen Sächsischen Hofschauspielhauses zu Weimar, später Intendant zu Hannover. Auch in Schettnienen gab es stets ein reges Musikleben. Im Saal wurden Konzerte gegeben und Sänger, die ihre Sommerferien auf dem Gut verbrachten, bedankten sich dafür mit einem Liederabend.

1891 übernahm der Sohn des Kriegsministers, Wilhelm Bronsart von Schellendorff, Schettnienen. Auch bei ihm verband sich wiederum die militärische Laufbahn mit einem kulturellen Interesse. Mit hohem Kunstverstand schmückte er das barocke Gutshaus durch den Ankauf zahlreicher alter Möbel aus. So zeigten sich die lichten Räume zuletzt - jeder in einer anderen Wandfarbe - mit Empire- und Louis-XVI.-Möbeln, Familiengemälden und manchem alten Familienandenken, darunter einer Sèvres-Vase, die ein Geschenk des Kronprinzen Friedrich Wilhelm an den Kriegsminister war.

Im Ersten Weltkrieg fiel Wilhelm Bronsart von Schellendorff im Park des Gutes Beynuhnen bei der Verteidigung Ostpreußens. Ihm folgte als letzter Herr auf Schettnienen sein Sohn Albrecht Bronsart von Schellendorff.

1945 lag Schettnienen im Heiligenbeiler Kessel, einem letzten Brückenkopf, über den viele Flüchtlingstrecks über das zugefrorene Frische Haff auf die Nehrung und von dort weiter nach Westen gelangten. Das Gutshaus Schettnienen überstand die schweren Kämpfe in jener Gegend und wurde noch bis um 1985 durch sowjetische Grenztruppen genutzt, danach wurde es abgerissen. Durch die Ländereien des Gutes verläuft heute die Grenze zwischen dem russisch und dem polnisch verwalteten Teil Ostpreußens. Wulf D. Wagner

Gutshaus Schettnienen: Der Blick von der Gartenseite offenbart die Symmetrie. Foto: Wagner


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