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02.10.04 / Schreckbild West-Berlin / Warum die NPD im Osten der Hauptstadt auf reiche Ernte hofft

© Preußische Allgemeine Zeitung / 02. Oktober 2004


Schreckbild West-Berlin
Warum die NPD im Osten der Hauptstadt auf reiche Ernte hofft
von Annegret Kühnel

Im letzten Moment wurde die für vergangenen Sonnabend angesetzte NPD-Demo in Berlin verboten. Zur Begründung wurde das geänderte Motto angeführt, das sich gegen "islamische Zentren" (im Internet stand "islasmische") richtete. Ursprünglich wollte die NPD gegen "islamistische" Einrichtungen demonstrieren. Dieser Begriff bezeichnet eine extremistische Strömung, der andere eine Religion. Doch gleichgültig, ob es sich um eine Provokation, ein Versehen oder eine Dummheit handelte, Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) griff den Fauxpas dankbar auf. Das Verwaltungs-, das Oberverwaltungs- und schließlich das Bundesverfassungsgericht bestätigten das Verbot.

Das zweite Demonstrationsmotto "Berlin bleibt deutsch" wurde ebenfalls als volksverhetzend eingestuft. Die Losung stamme aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, außerdem trage eine verbotene CD der "Landser"-Band denselben Titel. Allerdings war der Spruch auch auf Plakaten bei der großen Protestkundgebung zu lesen, die Willy Brandt am 16. August 1961, drei Tage nach dem Mauerbau, vor dem Rathaus Schöneberg mit 300.000 Berlinern abhielt.

Die Demonstration sollte durch den Bezirk Wedding führen, beginnend beim S-Bahnhof Bornholmer Straße, dem ehemaligen Grenzübergang. Die Bornholmer und in der Verlängerung die Osloer Straße führen durch den Soldiner Kiez. 70 Prozent der Bewohner sind hier ausländischer Abstammung, vor allem Türken und Araber, von denen rund die Hälfte die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Die Situation ist von Kriminalität, Verelendung und Alltagsrandale gekennzeichnet. Die deutschen Bewohner sind meistenteils weggezogen, der Rest hat resigniert. Ein Demonstrationszug durch Kreuzberg war von der Polizei bereits untersagt worden. Die Antifa- und Ausländerinitiativen, die dort tätig sind, hätten das Risiko unkalkulierbar gemacht.

Vor zehn Jahren war die NPD in Berlin so gut wie nicht vorhanden. Die alarmistischen Antifa-Postillen führten den Bezirk Prenzlauer Berg als "Hochburg" an - wegen ganzer zehn Parteimitglieder. Seit einigen Jahren hat die NPD ihre Strategie geändert. Neben Springerstiefeln und Glatzköpfen sind inzwischen Schlabberhosen und Sweatshirts erlaubt, die an die aktuelle HipHop-Szene erinnern. Bestimmte Embleme und Zeichen sorgen dafür, daß man sich untereinander erkennt.

Es ist bereits von einer festen Infrastruktur bzw. einer geschlossenen Jugend- und Erlebniskultur die Rede, die sich um sogenannte "Kameradschaften" im Ostteil Berlins gruppiert. Jugendliche werden in Sportvereine eingeladen oder erhalten Hilfe bei Formalitäten im Arbeitsamt. Diese Art der Sozialbetreuung kannte man bisher nur von der PDS.

Politikprofessor Richard Stöss von der Freien Universität macht für die Rechtsaußentendenz die Entindustrialisierung, den sozialen Abstieg und die Verwahrlosung in der Nach-DDR verantwortlich. Vor diesem Hintergrund sei es schwierig, mit demokratischen Werten zu argumentieren. Doch die Erklärung überzeugt nicht, denn Niedergang und Verwahrlosung lassen sich auch im Westteil beobachten. Die Einwohner im vielgeschmähten Plattenbaubezirk Hellersdorf verfügen durchschnittlich sogar über ein höheres Einkommen als die meisten Westberliner.

Die Anziehungskraft der NPD-Jugendkultur hat auch damit zu tun, daß der West- für den Ostteil keine Verlockung mehr darstellt, sondern vielfach Widerwillen hervorruft. So sind die Schulprobleme in den Westbezirken viel gravierender als im Osten, was mit dem hohen Anteil an Ausländern oder - politisch korrekt - an "Kindern mit Migrationshintergrund" und "ohne familiäre Bildungstradition" zusammenhängt. Diese üben in vielen Gegenden Berlins inner- und außerhalb der Klassenzimmer längst die Vorherrschaft aus. Die Befürchtung, dies könnte bald auch die Situation im Ostteil sein, löst dort Abwehrreaktionen aus.

Daß sie im Westen ausbleiben, hat weniger mit verinnerlichten demokratischen Werten als mit der Furcht zu tun, von ausländischen Jugendgangs verprügelt zu werden. Das geschickt nutzend nennen sich manche Kameradschaften "Heimatschutz". Die erklärtermaßen "antirassistische" PDS ist außerstande, diesen Protest zu kanalisieren. Also leitet ihn die NPD auf ihre Mühlen.

 

Berlin ist die größte türkische Stadt der Welt außerhalb der Türkei. Was Multikultur- Freunden Entzücken bereitet, Polizei und Schulen indes zunehmend Kopfzerbrechen macht, sorgt im Osten Berlins für Befürch- tungen, die der NPD gerade recht kommen: Das Türkische Kulturfest am Brandenburger Tor im Mai 2004  Foto: pa


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