18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
09.10.04 / Hartz, die Letzte

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. Oktober 2004


Hartz, die Letzte
von Ronald Gläser

Die Montagsdemonstranten sind diesmal schon am Sonnabend ausgerückt, um das letzte Gefecht gegen Hartz IV auszutragen. Gewerkschafter (angekarrt mit einhundert Bussen), Attac- und PDS-Vertreter - die üblichen Verdächtigen also - demonstrierten am 2. Oktober. Das soll's dann gewesen sein. Immer weiter demonstrieren, dazu fehle die Kraft, gab Berlins PDS-Chef Liebich offen zu.

Und so zogen die Reformgegner vom Alexanderplatz aus durch Mitte und Prenzlauer Berg. Mit ihren Che-Guevara-, Gewerkschafts- und Attac-Fahnen. Sogar eine Abteilung der "Freien Deutschen Jugend" marschierte mit den Fahnen der früheren Staatsjugend und blauen Hemden in der Kolonne der Hartz-Hasser. Mittendrin auch jene Dauerdemonstranten, die früher Häuser besetzten und sich jeden 1. Mai Straßenschlachten mit der Polizei liefern: Berlins Anarcho-Szene. Auch diesmal wäre es fast zu Ausschreitungen gekommen.

45.000 sind gekommen. Im Verhältnis zur Beteiligung an den Berliner Montagsdemos recht viel, gemessen an den Erwartungen der Genossen jedoch lachhaft. Als im Sommer die Montagsdemos noch jede Woche mehr Zulauf erhielten, da rechnete man schon mit einer Million Teilnehmer bei dieser letzten Parade. Inzwischen steigt in Umfragen die Zahl derer, die die Reformen befürworten. Das Aufflackern des kollektiven Unwohlseins in den Neuen Bundesländern ebbt ab. Im Westen ist diese Bewegung sowieso nie recht angekommen.

Zukunftsgläubigere Zeitgenossen vergnügten sich einen Kilometer Luftlinie entfernt am Brandenburger Tor. Dort und in den Ministergärten feierten sie die Deutsche Einheit, zwischen den unvermeidlichen Freßbuden mit Crepes, Gyros und anderen "deutschen" Spezialitäten.

Deutschland gleicht am 14. Geburtstag der Vereinigung ein bißchen dem pubertierenden Kind, das noch immer auf der Suche ist nach sich selbst. Die von gestern, die Besitzstandswahrer aus DGB-Gewerkschaftern und Sozialisten bringen, gemessen an den Möglichkeiten ihrer gewaltigen Apparate, nur noch ein kümmerliches Häufchen auf die Straße. Das Volk, für dessen Repräsentanten sie sich in frecher Vergewaltigung des 1989er-Revolutionsspruchs "Wir sind das Volk" ausgeben, feiert völlig ungerührt und fröhlich seinen Tag der Einheit. Montag geht schließlich die Arbeit weiter, oder - für die weniger Glücklichen - die Stellensuche.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren