Das Bootshaus unten am Fluß" lautet der Titel des neuen Romans der US-amerikanischen Autorin Michelle Richmond. Doch zwischen den rosaroten Buchdeckeln befindet sich keineswegs eine rosarote Liebesgeschichte, sondern Konfliktstoff pur.

Die 32jährige Amerikanerin Jenny hat ihren Mann Dave zu einem letzten Versuch, die Ehe zu retten, überreden können, allerdings verläuft die Kreuzfahrt auf dem Jangste nicht nach Jennys Wünschen, denn trotz eindrucksvoller Ausflüge zu chinesischen Kulturstätten finden die beiden kein gemeinsames Thema. Zudem führt Jenny noch die Asche ihrer halbchinesischen Freundin Amanda Ruth mit sich, die vor einigen Jahren von ihrem Vater ermordet wurde, und der eine Reise in das Land ihrer Ahnen zu Lebzeiten verwehrt war.

Während Jenny eines Abends an Bord über ihre Freundschaft zu Amanda Ruth sinniert, spricht sie der Australier Graham an. Sofort fühlt sich Jenny zu dem Mitfünfziger, der jahrelang als Bauingenieur in China gearbeitet hat und ihr viel über das Land erzählen kann, hingezogen. Dave hingegen verbringt viel Zeit mir der 25jährigen Stacy, die von einem schweren Schick-salsschlag gezeichnet, Daves Beschützerinstinkt weckt. Gemeinsam erkundet das spannungsgeladene Quartett Chinas Touristenziele, bekommt aber zum Mißvergnügen ihres Reiseleiter durchaus mit, was das Staudammprogramm der Regierung für Auswirkungen auf Mensch und Natur hat. Die Bauarbeiten sollen beginnen und ganze Dörfer am Rande des Flusses wurden geräumt. In einem dieser Orte bittet Graham Jenny darum, für ihn etwas Illegales zu tun.

"Das Bootshaus unten am Fluß" ist ein ziemlich absonderlicher Roman, der aber dadurch den Leser bannt, daß er mehrere konfliktbeladene Themen vor der Kulisse eines sich im Umbruch befindlichen Chinas miteinander verknüpft.

Am Ende steht Jenny ganz allein mit einer alten, blinden Chinesin in jener bald auf dem Grunde des Jangtse versinkenden Geisterstadt. Beide Frauen haben alles verloren, doch Jenny hat auch etwas gefunden: sich selbst! R. Bellano