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Preußische Allgemeine Zeitung / 23. Oktober 2004
Wem "oans, zwoa, gsuffa" dieses Jahr in München zu kurz vorgekommen ist, der muß
jetzt nicht traurig ins leere Bierglas blicken, sondern kann einfach ein paar
Tausend Kilometer weiterfliegen und in Brasilien das Ganze noch mal feiern, denn
in der Karnevalsheimat wird nicht nur zu Samba die Hüfte geschwungen, sondern im
Oktober auch zu herrlichen Volksmusikklängen der Schuhplattler angestimmt.
Begonnen hat das Fest am 7. Oktober, und noch bis zum 24. dieses Monats kann man
in der wohl "deutschesten" Provinz Brasiliens, Santa Catarina, dem
"bayrisch-brasilianischen" Vergnügen frönen.
Nun erstrahlen die Fachwerkhäuser und Biergärten in Blumenau, dem kleinen
München der Latinos und der ungekrönten Hauptstadt des zweitgrößten Bierfestes
der Welt, in neuem Glanz. Die geordneten Verhältnisse und das sittliche Leben
werden in diesen 18 Tagen über Bord geworfen und gegen allgemeine
Ausgelassenheit und Fröhlichkeit eingetauscht.
Auch ist das brasilianische Oktoberfest keineswegs nur ein billiger Abklatsch
seines deutschen Vorbildes. Mann und Frau vergnügen sich hier nicht nur auf dem
Partygelände in den vier dafür speziell gebauten Hallen. Nein, die ganze Stadt
ist ein einziges großes Fest. Und nicht nur Bier, sondern auch die Folklore wird
ganz großgeschrieben. In farbenfrohen, traditionellen Umzügen und
Tanzdarbietungen wird an die Kultur der deutschen Vorfahren erinnert, natürlich
darf dabei die deftige germanische Küche nicht fehlen. Gefallen tut dies nicht
nur den Blumenauern, von Jahr zu Jahr kommen immer mehr Besucher aus den
Nachbarländern Argentinien und Uruguay. Auch dieses Jahr wird mit insgesamt
700.000 Gästen gerechnet, die sich zur Polka zu später Stunde auch mal auf den
Tischen die Seele aus dem Leib tanzen. Eine eigene Tradition hat das Fest auch,
täglich findet in den Hallen ein nationaler Wettkampf der "Chopptrinker am
laufenden Meter" statt. Dabei müssen die Teilnehmer aus einem einen Meter langen
Glas 600 Milliliter Bier in einem Zug austrinken, der schnellste bekommt einen
Preis. Aber auch die weniger ambitionierten Trinker haben sich einen Preis
verdient, wenn dieses Jahr mal wieder der Rekord im Bierverbrauch gebrochen
wird. Anna Gaul |