Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 23. Oktober 2004
Als Teil seiner "Dresdener Trilogie" angelegt, vermittelt Wolfgang Peter in "Die
Grenze der Hoffnung" die Ereignisse des 17. Juni 1953 aus der Perspektive des
Schülers Peter Ruhland. Ihn reißt die brutale Konsequenz des sich festigenden
DDR-Systems so unvermittelt aus seinem pubertierenden Leben, wie sie den Leser
spannungsgeladen die Schwächen des realen Sozialismus am Familienschicksal
nachvollziehen läßt: "Als Peter Ruhland eines Abends erschöpft nach Hause kam,
fand er seine Mutter in Tränen aufgelöst in der Küche stehen. Auch sein Vater
lief aufgeregt von einer Ecke zur anderen. Auf dem Tisch lag ein Briefbogen. Er
erkannte die Schrift seiner Schwester, und ihm wurde heiß. Inge war geflohen.
Zwei Tage zuvor war sie mit einem Bekannten nach West-Berlin gefahren, um sich
neu einzukleiden. Auf der Rückfahrt, kurz hinter Berlin, waren die
Volkspolizisten gekommen und hatten alle Jugendlichen aus dem Zug geholt ... Mit
der Androhung von Repressalien hatte man Inge in den Zug nach Dresden gesetzt.
Doch sie war in der nächsten Ortschaft wieder ausgestiegen und zurück nach
Ost-Berlin gefahren. Von da aus hatte sie Freunde aufgesucht, die sie über die
Grenze brachten."
Nach Schilderung einer Entscheidung für den Westen, ausgelöst durch die
Repressionen der DDR in den 50er Jahren, entwickelt Wolfgang Peter exemplarisch
die Gedanken, die "Die Wiederkehr" vor der Wendezeit 1989 auslösen. Wieder ist
ein autobiographisch beeinflußter, stiller Held die Hauptfigur. Bert Köster wagt
28 Jahre nach einer Flucht in den Westen bei Kriegsende einen Besuch Dresdens.
Glaubhaft baut der Erzähler den Zwiespalt zwischen dem Erlebnis des
Polizeistaates und einer Liebe auf: ",Frag mich nicht, was richtig ist oder
nich', erwiderte er. ,Wichtig ist, daß ich hier bin, bei dir, daß du gesund bist
und daß ich noch nicht abreisen muß.' ,Sind das nicht alles nur Feststellungen?'
,Und wenn schon. Sie helfen uns über viele Dinge hinweg.' ,Du meinst über
alles?' ,Nein, nicht über alles. Wir sollten noch über die Dinge reden, die wir
bewußt verdrängen.' ,Verdrängen müssen' ,Du sagst es.'" Die menschlichen
Bindungen, das besondere Knistern zwischen den beiden belassen der Szenerie
etwas von dem märchenhaften Charme Dresdens, einem Märchen, das "nur
funktioniert, wenn man um die Wahrheit nicht weiß", doch die hat es bei Wolfgang
Peter in sich.
Es sind "die verlorenen Jahre" einer fast verlorenen Liebe, denen Wolfgang Peter
im gleichnamigen Roman nachspürt. Eine rührende, dialogreiche Liebesgeschichte,
überschattet vom Unrechtssystem der DDR, das ein gemeinsames Leben der
Protagonisten Carmen und Bert nicht duldete - sie wollen Anknüpfungspunkte
finden, sich nach fünf Jahren Trennung durch die Mauer in Florenz sagen, was
ihnen einst verwehrt war: ",Ich wollte, wir könnten zusammen glück-lich sein.'
Carmen Winter schmiegte sich eng an ihn. Er spürte ihren Atem und für eine Weile
atmeten sie im Gleichklang. ,Wir tun es ja', entgegnete er. ,Jedenfalls im
Augenblick.' ,Ja im Augenblick, für ein paar Tage und Nächte, aber dann gehst du
wieder nach Bielefeld und ich nach Dresden zurück.' ,Wir können uns jetzt zu
jeder Zeit sehen. Es gibt keine Grenze mehr, keine Mauer und keine
Volkspolizisten. Ist das nicht herrlich?' ,Das reicht mir nicht, Bert. Ich
möchte ein klein wenig mehr.' Doch das einst mit Stasi-Verhören teuer bezahlte
Versprechen auf ein Wiedersehen gerät zur bitteren Nachlese - ein Mann
erscheint, der Bert Köster zu Rachegedanken inspiriert, denn auf einmal bekommt
die Diktatur ein Gesicht ... SV
Wolfgang Peter: "Die Grenze der Hoffnung", Karin Fischer Verlag, Aachen, 166
Seiten, broschiert, 11,20 Euro, "Die Wiederkehr", 314 Seiten, 14,50 Euro, "Die
verlorenen Jahre", 182 Seiten, 13,80 Euro |