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06.11.04 / Doppelter Boden

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. November 2004


Doppelter Boden
von Ronald Gläser

Mit dem Auto von Berlin nach Hamburg - das ist kaum mehr als eine Tankfüllung, also viel billiger als per Bahn." Die Aussage stimmt auf den ersten Blick, denn die ICE-Karte kostet 49 Euro. Ist aber trotzdem falsch. Denn auch die Kosten für Steuer, Versicherung, Wartung und vor allem die für Abnutzung müssen berücksichtigt werden. Kostenrechnung nennen das Betriebswirte.

Nun ist es so, daß nicht nur Lieschen Müller so rechnet wie eingangs beschrieben. Auch die deutschen Kommunen kennen keine doppelte Buchhaltung. Sie buchen nach der altertümlichen Kameralistik, aus der die wahren Kosten nicht hervorgehen.

Die deutschen Kommunen stellen dieses System gerade um. Das gilt auch für staatlichen Institutionen nachgelagerte Einrichtungen wie Universitäten. Doppelte Buchführung - "Tolle Sache", dachten sich auch Verwaltungsangestellte an der Europa- Universität "Viadrina" in Frankfurt/Oder.

Die Hochschule erhebt Studiengebühren (wie die meisten Unis). Weil der Begriff "Studiengebühr" politisch brisant ist, wird sie als "Rückmelde-Gebühr" pro Semester getarnt. Die Einnahmen stehen dem Land zu, weil die Universität eine staatliche Institution ist, die nicht unter dem Gesichtspunkt der Gewinnsteigerung arbeitet.

Das haben die Verantwortlichen in Frankfurt "vergessen". Statt dessen wurde das Geld auf Festgeldkonten "geparkt". Diese Konten erbrachten Zinsen, die die Universität ausgegeben hat. Zunächst ging es um 400.000 Euro und 20.000 Euro Zinsen. Inzwischen sagt die Presse: Es sind 3,7 Millionen.

Was ist mit dem Geld geschehen? Es floß in die Anschaffung von Bildbänden und in die Finanzierung einer Sprachschule. Na ja, damit ist es ja wenigstens noch dem Bildungszweck zugute gekommen. Zudem wurde aber auch ein "Repräsentationsfonds" für die Viadrina-Präsidentin Gesine Schwan eingerichtet. Schon erklärungsbedürftiger. Doch es kommt noch besser: Eine Mitarbeiterin hat sich 9.000 Euro aufs eigene Konto überwiesen. Außerdem wurde eine Weihnachtsfeier für die Belegschaft von den Zinsen ausgerichtet.

Da hat jemand die doppelte Buchführung wohl falsch verstanden. Gesine Schwan selbst ist nur bedingt verantwortlich, obschon ihr die Mitarbeiter mit den klebrigen Fingern unterstanden. Um so wichtiger ist, daß sie schnell für Durchschaubarkeit im Umgang mit den Gebühren und für Charakterfestigkeit unter ihren Untergebenen sorgt.


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