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06.11.04 / Angriff auf Christentum und Gewissen / Wenn Totalitäre "Demokratie" sagen, meinen sie die Guillotine

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. November 2004


Angriff auf Christentum und Gewissen
Wenn Totalitäre "Demokratie" sagen, meinen sie die Guillotine
von Ulrich Schacht

Die Linke Europas wurzelt, geschichtlich gesehen, in einem Blutsumpf - im Blutsumpf der französischen Revolution von 1789. In der Folge jener Revolution, die von kritiklosen Apologeten noch immer als Geburtsstunde der institutionalisierten Menschenrechte auf dem alten Kontinent positiv mythisiert wird, entstand der Prototyp aller späteren totalitären Bewegungen Europas, wie sie sich ab Oktober 1917 in Rußland als bolschewistische Schreckensherrschaft entfaltete, ab Oktober 1922 als faschistische Diktatur in Italien, im Januar 1933 schließlich erfaßte ihre nationalsozialistische Variante Deutschland. Immerhin war es kein anderer als der Sozialphilosoph Horkheimer, der diese makabre Entwicklung eine "logische" nannte.

Der israelische Wissenschaftler Zeve Sternhell rekonstruierte in einer minutiösen Studie den linken Ursprung der Bewegung Mussolinis, und der Schweizer Publizist und Philosoph Denis de Rougemont, unmittelbarer Zeitzeuge der NS-Herrschaft, bekannt geworden durch seinen großen Nachkriegs-Essay "Der Anteil des Teufels" (an der Welt- und Individual-Geschichte des Menschen), spricht in seine Aufzeichnungen aus jenen Jahren vom "braunen Jakobinismus".

Diese Stimmen sind nur wenige von vielen. Für alle drei Bewegungen aus der einen gilt jedenfalls unabweisbar, was Jacob Burckhardt in seinen "Weltgeschichtlichen Betrachtungen" und "Historischen Fragmenten" der französischen Revolution auf dem Höhepunkt des Terrors 1792/93 als entscheidenden Charakterzug attestiert hat: "Was man will, ist der Mord an sich, welcher von nun an das Temperament der Revolution werden soll... Die Septembertage impfen der Revolution das Mordtemperament ein".

Von diesem Temperament hat sich die absolutistische Linke, im Unterschied zur gemäßigten Sozialdemokratie, nie wirklich befreien können. Ihr tiefenstrukturell verankerter Haß auf jede Form von geistiger und ökonomischer Freiheit ist im zurückliegenden 20. Jahrhundert im Übermaß geschichtsnotorisch geworden, nur noch gesteigert durch eine abgrundtiefe Wut auf alles Kirchliche, ja Christliche. Alexis de Tocqeville hat in "Der alte Staat und die Revolution" die "Irreligiosität bei den Franzosen des 18. Jahrhunderts", wie sie in der Folge des Aufklärungs-Klimas entstand, als "allgemeine und beherrschende... tyrannische Leidenschaft diagnostiziert und ihren radikalen "Einfluß auf den Charakter der Revolution" hervorgehoben.

Das versteht sich allerdings insofern von selbst, als der Christ in letzter Konsequenz "Gott mehr gehorcht als den Menschen" (Apostelgeschichte 5, 29), die Linke aber den Menschen zum höchsten Wesen über den Menschen proklamiert hat: Ihre "Götter", denen man zu gehorchen hatte, hießen deshalb Robespierre, Lenin, Mussolini, Stalin, Hitler. "Mordtemperamente" sie alle, und sie alle Täter im Namen des Volkes, der Demokratie, des Wohlstandes und der Gerechtigkeit - Begriffe, die noch heute im Zentrum der politischen Phraseologie linker Gesellschaftsveränderer stehen, in Deutschland tarnt sich ihr harter Kern seit längerem allerdings mit der Farbe Grün. Aber "wie Gott sein zu wollen", sagt der protestantische Theologe Gerhard Ebeling, "heißt: wie Gott richten zu können. Die Gier nach einem Sein wie Gott ist die Anmaßung, wie Gott richten zu können". Um diese Fundamental-Anmaßung, symbolisch und praktisch, geht es der absolutistischen Linken, wo auch immer sie nach der Macht greift, zuerst und zuletzt.

Diese geschichtliche Unglücks-Linie zu erinnern, ist nützlich in diesen Tagen, da sich im praktisch-politischen Vollzug des jüngsten utopischen Großprojekts des Kontinents - Europäische Union genannt und von ihren fanatischten Verfechtern zielorientiert auf einen superbürokratischen Einheitsstaat zwischen Lappland und Sizilien, Portugal und Estland angelegt - Konstellationen des Geistesterrors und eines antichristlichen Furors ergeben haben, wie man sie in dieser Klarheit noch nicht gesehen hat.

Den 27. Oktober 2004, den Tag, an dem die Fratze totalitärer Intoleranz mitten im Europäischen Parlament in der Physiognomie ausgerechnet eines deutschen Abgeordneten zum Sieger über die Szene geworden ist, wird man sich jedenfalls merken müssen als einen schwarzen Tag für die Freiheit des Geistes, der Meinung und des Gewissens, und keiner sollte sich später damit herausreden, er hätte von alledem nicht gewußt. Es war, via Massenmedien, massiv zu sehen, zu hören und zu lesen.

Doch genau hier, in der ungehinderten Verbindung von politischem Tugendterror und massenmedialer Macht, vor allem in ihrer elektronischen Form, kriecht zu Tag, was Jacob Burckhardt in seinen schon erwähnten "Historischen Fragmenten" ebenfalls diagnostizierte: "Der Terrorismus" der Revolution "ist wesentlich Literatenwut... wenigstens bei Robespierre, St. Just und anderen... Wenn diese Leute nur einen Schimmer vom wirklichen Regieren verstanden und etwas wahren Herrschergeist gehabt hätten, so wären sie nicht so miteinander verfahren. Aber ihr Herkommen ist das von Gens de Lettres und Advokaten, ihre Ambitionen Rede und Schrift, ihr wütendstes Verlangen: politisch allein Recht zu behalten, weil sie dies von der literarischen, respektive advokatischen Gewöhnung her nicht anders verstehen."

Gewiß, ein Vorwurf dieser Art wirkt schwer, auch deshalb ist es notwendig, den Kasus noch einmal knapp zu rekonstruieren: Im Zuge der Bildung der EU-Kommission durch den designierten Kommissionspräsidenten, den Portugiesen Jose Manuel Barroso, ist es schon im Vorfeld der notwendigen legislativen Bestätigung durch die Abgeordneten des Europaparlamentes zu Kritik und Einspruch gegen einige der zukünftigen Kommissare gekommen. Dieser Vorgang ist zunächst nicht nur natürlich im Sinne der Aufgaben der Parlamentarier, er ist auch prinzipiell notwendig, wenn das Parlament nicht nur ein Akklamationsforum sein will wie einst der Oberste Sowjet, der NS-Reichstag oder die DDR-Volkskammer.

Allerdings geriet der Versuch von linken, liberalen und grünen Abgeordneten in Bezug auf den designierten Kommissar für Innen und Justiz, den italienischen Philosophieprofessor und Europaminister im Kabinett Berlusconis, ganz und gar nicht zu einer Befragung nach seinen Fachkompetenzen, sondern zu inquisitorischen Fragen nach seiner Gesinnung. Wie sehr, darüber hatte sich schon Focus-Chefredakteur Helmut Markwort in seinem "Tagebuch" der Ausgabe Nr. 44 vom 25. Oktober empört: "Der Widerstand von Sozialisten, Kommunisten, Grünen und Liberalen gegen ... Rocco Buttiglione verstößt gegen das Grundgebot der EU. Er diskriminiert einen Andersdenkenden. Buttiglione, eine intellektuelle Zierde der Kommission, der fünf Sprachen spricht, Marx und Horkheimer, Hölderlin und Rilke aus dem Stand im Original zitiert, soll abgelehnt werden, weil er sich in einer dreistündigen Anhörung als überzeugter Katholik bekannt hat. Als eine grüne Abgeordnete den Vater von vier Kindern listig befragte, wie er die Rechte der Homosexuellen umzusetzen gedenke, flüchtete er nicht in klassischer Politikerroutine in Standardfloskeln, sondern erläuterte in intelligenten Formulierungen die Unterschiede zwischen seinem Glauben und dem geltenden Recht, zwischen Theologie und Politik. Fast überall wurde aber nur ein Satz zitiert: "Auch wenn ich denke, daß Homosexualität eine Sünde ist, hat dies keinerlei Auswirkungen auf die Politik." Markwort befürchtete in seiner Notiz des weiteren, daß Buttiglione nun selber wegen "seiner religiösen Orientierung diskriminiert" und "durch die neuen Fundamentalisten als Ketzer gebrandmarkt" werden könnte.

Fortsetzung in der nächsten Folge


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