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06.11.04 / Wenn Deutschland feiert... / Wie Schröder und Eichel die Konjunktur ankurbeln wollen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. November 2004


Wenn Deutschland feiert...
Wie Schröder und Eichel die Konjunktur ankurbeln wollen

Ausgerechnet an einem Sonntag, einem weitestgehend arbeitsfreien Tag also, schreckte die Welt am Sonntag ihre Leser mit der Schlagzeile auf: „Tag der Einheit steht auf dem Prüfstand“. Wenige Tage zuvor hatten sich Kanzler Schröder und sein Kassenwart Eichel in trauter Runde ausgetauscht: Wie kann man der nach wie vor lahmenden Konjuktur auf die Sprünge helfen, wie den seit Jahren beschworenen Aufschwung dazu bringen, daß er endlich kommt?

Die Fragen sind nicht neu. Und daß die rot-grüne Bundesregierung bislang vergebens nach Antworten sucht, wissen wir auch schon seit langem. Aber worauf Schröder und Eichel jetzt gestoßen sind, das ist wirklich neu. Sie zogen ernsthaft in Erwägung, den Tag der deutschen Einheit, den 3. Oktober also, als gesetzlichen Feiertag abzuschaffen. Ihr Argument: Ein Arbeitstag mehr im Jahr bringt der deutschen Wirtschaft einen Wachstumssprung, der dann endlich aus dem konjunkturellen Jammertal herausführt.

Bei näherem Hinsehen, wird daraus allerdings eine „Milchmädchenrechnung“. Nach Angaben seriöser Experten nämlich profitierte Deutschland im Jahre 2004, in dem fünf gesetzliche Feiertage auf arbeitsfreie Wochenenden fielen, um ganze 0,5 Prozentpunkte – ohne daß dies auch nur die geringste Erleichterung bei den unser Land drückenden Problemen gebracht hätte. Die Arbeitslosigkeit steigt weiter, der Schuldenberg ebenfalls, erneut wird Berlin die EU-Stabilitätskriterien nicht erfüllen.

Wenn man nun weiterrechnet, kommt man bei einem gestrichenen Feiertag auf ein Wachstumsplus von gerade einmal 0,1 Prozentpunkten. Wie das die Wende bringen und den Aufschwung ins Land locken soll, wird das Geheimnis der Herren Schröder und Eichel bleiben. Denn wenn „0,5“ nichts brachte, wird man bei „0,1“ wohl erst recht vergebens auf ein Wunder warten.

Auf jeden Fall ist es ausgesprochen ärgerlich, daß der Kanzler ausgerechnet auf den Tag der Einheit verfallen ist. Einerseits beschimpft er Unternehmer, die einen Teil ihrer Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, auch dann als „vaterlandslose Gesellen“, wenn sie nur so einen anderen Teil ihrer Arbeitsplätze in Deutschland sichern können.

Wenn derselbe Kanzler nun den Tag der Einheit zur Disposition stellt, zeugt das nicht gerade von patriotischer Gesinnung. Neben dem 3. Oktober gibt es einen weiteren bundeseinheitlichen Feiertag, über den die Bundesregierung ohne Mitwirkung der Länder verfügen könnte: den 1. Mai. Warum wollen Schröder und Eichel darauf nicht zurückgreifen? Etwa aus Angst vor den Gewerkschaften? Von Seiten der patriotisch denkenden Menschen in Deutschland wird da wohl weniger Widerstand erwartet.

Daß Schröder keine Hemmungen hätte, die Erinnerung an die friedliche Revolution und an das Ende der DDR für nicht mehr feiertagswürdig zu erklären, liegt ganz auf der Linie seiner langjährigen Haltung gegenüber dem SED-Regime. Zu Zeiten, als der heutige Bundeskanzler noch Anführer der Jungsozialisten war, pflegte der SPD-Nachwuchs in unschöner Regel- mäßigkeit die Abschaffung des damaligen „Tages der deutschen Einheit“ zu fordern, jenes 17. Juni, der an den blutig niedergeschlagenen Aufstand in der DDR erinnerte.

Damals argumentierte die Linke so: Die breite Mehrheit der Deutschen sei sich der Bedeutung des Tages kaum noch bewußt, sehe ihn eher als arbeitsfreien Tag – „Freizeit statt Sozialismus“ sozusagen. Heute muß die schlappe Konjunktur herhalten, um den sachlich überhaupt nicht nachvollziehbaren Rahmen für einen erneuten Angriff auf patriotisches Denken und Empfinden zu starten. Zu vermuten ist auch, daß der medienbewußte Gerhard Schröder wohl ganz anders über den 3. Oktober denken würde, dürfte er und nicht ein anderer sich „Kanzler der Einheit“ rühmen.

Im übrigen steht die Gleichung „weniger Feiertage = mehr Wachstum = weniger Arbeitslose = mehr Geld in der Staatskasse“ auf tönernen Füßen. Man bedenke, daß Bayern das Bundesland mit den weitaus meisten Feiertagen ist, aber in allen wirtschaftlichen und sozialen Bereichen an der Spitze steht – gemeinsam mit Baden-Württemberg, wo man ebenfalls die Feste feiert, wie sie immer schon gefallen sind, und nicht, wie es Schröder und Eichel gefällt. H.J.M.

Humor und Sprache ausgezeichnet: Viktor von Bülow (l., 81) alias Loriot erhielt den mit 35.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis, der vom Verein für Deutsche Sprache, der Eberhard-Schöck-Stiftung und der Theo-Münch-Stiftung vergeben wird. Der augenzwinkernde Meister der Mißverständnisse habe die Deutschen zum Lachen gebracht –„allein wären sie da nicht hingekommen“, würdigte der Dichter Robert Gernhardt in seiner Laudatio den Preisträger.  Foto: Schoelzchen


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