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13.11.04 / Für die Mauertoten / Recherchen zur Splittermine

© Preußische Allgemeine Zeitung / 13. November 2004


Für die Mauertoten
Recherchen zur Splittermine

Das Berliner Landgericht hatte kürzlich wieder Arbeit. Vier frühere Stabsoffiziere der DDR-Grenztruppen Nord waren wegen Beihilfe zum Totschlag angeklagt. Ihnen wurde die Mitschuld am Tod von vier jungen Menschen zur Last gelegt, die zwischen 1974 und 1984 durch die Splittermine SM 70 bei dem Versuch, in den Westen zu fliehen, ums Leben kamen. Was hat es mit der Splittermine, die vielfach als Selbstschußanlage bezeichnet wurde, auf sich? Die wenigsten wissen, wie dieses todbringende Gerät funktionierte und wo und von wem es entwickelt wurde. Einer weiß es schon seit der Wende, und er hat nach mehrfachen vergeblichen Versuchen nun die Möglichkeit bekommen, sein Wissen in Buchform zu präsentieren. Es ist Joachim Specht, ein aus Dessau stammender und lange Jahre in Australien beheimateter Schriftsteller, der es obzwar mit vielen Veröffentlichungen auf dem Buchmarkt immer abgelehnt hat, staatskonforme Literatur abzuliefern.

Specht hat lange und gründlich recherchiert, bis er seinen Roman "Knalltrauma" vorlegen konnte. Als das frühere Muna-Werk in Dessau stillgelegt werden sollte und aus der benachbarten Kaserne die russischen Einheiten abgezogen wurden, schnüffelte er in Akten, Anlagen und den Gedächtnissen der schnell verstummten verantwortlichen Kader. Mit Mut, List und Beharrlichkeit hat er alles herausgebracht. Das Geheimnis um die Herstellung chemischer Kampfstoffe und - besonders brisant - die "Erfindung und das Verderben" der Selbstschußanlagen, die ab 1970 an der innerdeutschen Grenze installiert waren. Er hat in seinem Buch die ursprünglich absolut geheimen Konstruktionspläne abgedruckt, die Funktionsweise dargestellt und natürlich auch eine Fotografie der Todesmaschine vorgelegt.

Das Interesse bei den Menschen ist da, mag die PDS auch behaupten, die Verbrechen der DDR-Führung würden heute niemanden interessieren. Denn wiewohl die Zeit manches verharmlost und beschönigt, bleiben doch die Toten tot und die Trauer hält in den Herzen der Hinterbliebenen an. Ebenso bleiben die körperlichen Schäden, bleibt das "Verderben", das diese Sprengkörper verursacht haben. G. D.

Joachim Specht. "Knalltrauma - Erfindung und Verderben der Selbstschußanlagen SM - 70", First minute, Emsdetten 2004, 170 Seiten, 14,90 Euro


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