Es ist mein Wunsch, mich frei unter freien Menschen bewegen zu dürfen. Ich möchte frei von Angst vor dem Grauen leben, das die Menschen den Menschen bereiten. Ich will versuchen, frei von Überheblichkeit und frei von Unterwürfigkeit mein Leben nach dem von mir gewählten Leitbild selbst zu gestalten und mich niemals gegen die Stimme meines Gewissens als seelenloses Material mißbrauchen zu lassen", schrieb der Lyriker und Schriftsteller Arnold Krieger in seiner "Kleinen Magna Charta", die er 1959 zum ersten Mal öffentlich vortrug. Er sprach damit vielen seiner Generation aus der Seele und lebte auch nach diesen Prinzipien. "Ich weiß", fuhr Krieger fort, "daß die Erde kein vollkommenes Paradies sein kann, aber ich möchte dazu beitragen, das Verbrechen zu mindern und das Heilsame zu mehren."

Als Sohn eines Rektors wurde Arnold Krieger am 1. Dezember vor 100 Jahren in Dirschau an der Weichsel geboren. Durch die Versetzung des Vaters gelangte die Familie nach Thorn, wo Arnold zur Schule ging, und später nach Stettin, wo er das Marienstift besuchte. Schon als Gymnasiast interessierte er sich für die Welthilfssprache Esperanto und knüpfte früh Verbindungen in alle Welt. In Greifswald, Berlin und Göttingen studierte Krieger Germanistik, Altphilologie und Naturwissenschaften, um dann als freier Schriftstellers seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Erste Veröffentlichungen bei Rowohlt standen am Beginn einer erfolgversprechenden Laufbahn, die allerdings 1933 ein jähes Ende fand. Arnold Krieger zog sich zurück an die pommersche Küste, wo er in bescheidenen Verhältnissen mit seiner Familie bis 1945 in Misdroy lebte.

Bei Kriegsende mußte er dieses Refugium verlassen und fand in der Schweiz ein Unterkommen. 1953 erreichte Krieger die Einladung des Darmstädter Oberbürgermeisters Engel, nach Darmstadt zu kommen und dort zu leben. Bis zu seinem frühen Tod am 9. August 1965 lebte und wirkte Arnold Krieger in dieser Stadt, die auch schon Schriftstellern wie Georg Büchner, Frank Thieß und Wolfgang Weyrauch eine Heimstatt gegeben hatte.

Zwei Jahre nach dem Tod des Dichters wurde der Freundeskreis Arnold Krieger e.V. in Darmstadt gegründet. Durch das unermüdliche Engagement der Witwe Tuja Krieger und des Ersten Vorsitzenden Wilfried Samel gelang es, das schriftstellerische Erbe des Westpreußen zu bewahren, im Literaturhaus Archiv- und Gedenkräume einzurichten und durch Veröffentlichungen auch nach dem Tod des Dichters das Werk einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Um so bedauerlicher ist es, daß der Freundeskreis nach mehr als drei Jahrzehnten nun aus dem Vereinsregister gelöscht wurde. Darüber hinaus hat die Stadt Darmstadt die Räume im Literaturhaus anderen Vereinen zur Verfügung gestellt und den Freundeskreis kurzerhand auf die Straße gesetzt. Viele Unterlagen aus dem Nachlaß mußten vernichtet werden, da man keinen anderen Ort fand, das Erbe Kriegers würdig zu wahren. Wilfried Samel (Frankfurter Straße 202, 65779 Kelkheim, Telefon 0 61 95 / 29 48) hat nun einen Großteil der Publikationen zu Hause unterbringen können, so daß einige Veröffentlichungen des Freundeskreises noch zu haben sind.

Arnold Krieger veröffentlichte über ein halbes Hundert Bücher, darunter 24 erzählende Werke (meist Romane), 18 Theaterstücke, zwölf Hörspiele, vier Gedichtsammlungen, zahlreiche Beiträge und Kurzgeschichten in Zeitungen und Zeitschriften. Zu seinem größten Erfolg wurde der Afrikaroman "Geliebt, gejagt und unvergessen", der eine nach Millionen zählende Lesergemeinde begeisterte.

Der Lyriker Arnold Krieger sprach seine Leser mit Versen voller Empfindsamkeit an. Seine Gedichte sind voller Zauberkraft und geprägt von einem Bilderreichtum, der heute nur selten seinesgleichen findet. Im Vorwort zu dem Gedichtband "Zuspruch" liest man: "Kriegers Gedichte nehmen gefangen, ziehen in den Bann, verzaubern durch ihre Zeitlosigkeit. Sie sind Zwiesprache zwischen Dichter und Leser. Trotz oder gerade wegen aller lauten Zeit-erscheinungen sind diese Gedichte in ihrer positiven Einstellung zum Leben, zum Menschsein wichtiger und aktueller denn je. Im Kampf gegen Gleichgültigkeit und Trägheit hat Arnold Krieger eine Sprache gefunden, die vom Gefühl bestimmt ist, die Trost gibt und Zuspruch ..."

Arnold Krieger war ein Weltbürger, ein Europäer, dessen Wurzeln im Osten liegen. Er wurde zu einem empfindsamen Verfechter der Menschenrechte, zu einem Künder der Menschlichkeit oder, wie Hermann Rauschning, ehemals Senatspräsident der Freien Stadt Danzig, es zum 60. Geburtstag des Dichters ausdrückte: "Früh war es, daß sich Krieger des zweifachen Auftrags bewußt wurde: Als Hüter jenes ostdeutschen Geistes, der das Besondere und Eigene wert hält und den Weg in ein Verborgenes, ein Inneres sucht; und im Streben nach der größeren, der allumfassenden Kommunion des Menschen, nach der Kommunität der Völker, in denen allein noch dem Menschengeschlecht eine Zukunft verheißen ist." Os