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11.12.04 / In die Isolation / Betriebliche Mitbestimmung per Gesetz - ein Irrweg?

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. Dezember 2004


In die Isolation
Betriebliche Mitbestimmung per Gesetz - ein Irrweg?

Mitbestimmung ist ein Wort mit gutem Klang - ob in Politik oder Wirtschaft. Wer verfolgt, wie teils skrupellose Manager Konzerne zerlegen, Arbeitsplätze auslagern oder einst florierende Firmen abwickeln, kann eigentlich nur für Mitbestimmung am Arbeitsplatz eintreten. Doch Deutschlands Betriebsver- fassungsgesetz (von 1976), das die Mitbestimmung regelt, ist in die Kritik geraten. Statt Arbeitsplätze und die Entwicklung des Unternehmens zu sichern, trägt es dazu bei, Einstellungen zu verhindern, qualifizierte Fachkräfte zu binden und einen Kostenberg zu erzeugen, der letztlich zu Lasten aller geht, vor allem derer, die keine Arbeit haben - so die Vorwürfe.

Seit den rot-grünen Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahr 2001 hat die Reichweite des Regelwerkes sichtbar zugenommen. Vor allem mittelständische Unternehmen sind seither von den Regelungen betroffen und tragen somit auch die Kosten für die betriebliche Mitbestimmung, die sich in der Finanzierung eines Betriebsrats noch lange nicht erschöpfen. Vergebens versuchte die Wirtschaft, die Novellierung zu verhindern. Man befürchtete die Bürokratisierung, die Gründung von Betriebsräten auch gegen den erklärten Willen der Beschäftigten. Schon ab 200 Mitarbeitern ist derzeit ein Betriebsrat vollkommen für seine Aufgabe anzustellen, sprich freizustellen. Erfahrene Mitarbeiter gehen so verloren. Den großen Unternehmen (laut Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft jedem zweiten) ist die Mitbestimmung ein Einstellungshindernis - Betriebsräte blockieren Entscheidungen, um die Jobs gestandener Mitarbeiter zu erhalten, so Arbeitgebervertreter. Inzwischen sind jedoch nicht nur die Großen betroffen. Gerade mittlere Unternehmen mit überschaubarer Beschäftigtenzahl haben seit drei Jahren Mehrausgaben und zumindest auf dem Papier mehr Mitbestimmung. Bis ins Detail geregelte Einzelfragen treiben den Mittelstand in die Kostenfalle. Jede Firma ab fünf Mitarbeitern ist betroffen - je größer, desto mehr. So dürfen beispielsweise Betriebsratsstrukturen nicht durch Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart werden, sobald irgendein Tarifvertrag für das Unternehmen gilt - Hoffen auf die offiziellen Tarifpartner ist die teure Folge. Kein Land hat so umfangreiche Regeln wie Deutschland - juristische Scharmützel nehmen folglich zu, die internationale Isolierung ebenso. All dem können kleine und mittlere Betriebe kaum durch Standortwechsel entfliehen. Die Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände kritisiert, daß der Aufsichtsrat in den zirka 3.500 deutschen Kapitalgesellschaften mit 500 bis 2.000 Mitarbeitern zu einem Drittel, in den 770 Gesellschaften mit mehr als 2.000 Beschäftigten zur Hälfte mit Vertretern der Arbeitnehmer besetzt werden muß. Dies schrecke ausländische Investoren ab, bringe hiesige Unternehmer auf Abwanderungsgedanken. Auch wird der Einfluß der Gewerkschaften - oft betriebsfremder - größer. Ein Umstand, der in Einzelfällen sogar zum Gegenteil der eigentlichen Gesetzesabsicht führen kann: Absprachen von Gewerkschaftsfunktionären und Arbeitgebern hinter dem Rücken der Angestellten. Nicht nur die Anzahl und die Art der Unternehmen, die von den Vorgaben betroffen sind, hat sich verändert, auch die Kosten sind in den vergangenen sechs Jahren gestiegen. Ein Blick auf die jährlichen Aufwendungen, die ein betroffener Betrieb im Durchschnitt für jeden Mitarbeiter auszugeben hat, zeigt die Mitbestimmungsfolgen. Allein für die Tätigkeit des Betriebsrates hat eine Firma im Schnitt 337 Euro für jeden Mitarbeiter auszugeben. Bei 1.000 Angestellten sind beispielsweise insgesamt 337.000 Euro im Jahr fällig - nur für den Betriebsrat. Rechnet man alle Kosten zusammen, steigt die Kostenlast auf 650 Euro je Mitarbeiter. Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet vor, daß Ende der 90er Jahre die Kosten für die wichtigsten Aufwendungen dieser Art deutlich niedriger lagen als zurzeit. Der gesetzliche Weg ist also nur bedingt erfolgreich. Sollen Koppelgeschäfte zwischen großen Gewerkschaften und ihren Funktionären mit den Arbeitgebern verhindert werden, ist die derzeitige Regelung sogar hinderlich. Nicht die Schaffung von Gremien garantiert, daß Mitarbeiter Einfluß auf wichtige Entscheidungen erhalten. Eine flexible Regelung, orientiert an den Bedürfnissen der jeweiligen Unternehmen ist allemal effektiver als die 1.700 hauptamtlichen "Arbeitnehmer"-Funktionäre in den Kontrollgremien deutscher Unternehmen. SV

Trotz Arbeitslosigkeit: In der Internetumfrage der PAZ war das Ergebnis diesmal weniger eindeutig. Auf die Frage, ob Arbeitsplätze wichtiger seien als Naturschutz, anworteten vergleichsweise geringe 60,3 Prozent mit Ja.


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