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11.12.04 / Feierabend

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. Dezember 2004


Feierabend
von Ronald Gläser

Berlin ist nicht nur der Bettler unter den Bundesländern. Die Metropole ist auch die Hauptstadt der Bettler. Mit der Wende kam 1989/90 nämlich für alle Berliner auch die Freiheit, ihr Leben zu verpfuschen.

Sicher: Es gibt viele Menschen in Deutschland, die unverschuldet arbeitslos geworden sind - gerade auch in den neuen Ländern. Aber nicht jeder kann sich mit der allgemeinen Perspektivlosigkeit rausreden. Die Bettler vom Prenzlauer Berg jedenfalls nicht.

Es sind fast ausnahmslos junge Leute unter 30 - meistens Punker. Den typischen Clochard, den obdachlosen alten Mann sieht man kaum. Die Bettler stehen vor jedem Supermarkt. Deswegen ist es schier unmöglich, ihnen beim Einkaufen zu entgehen. Beim Betreten und Verlassen eines Geschäfts kommen sie freundlich auf einen zu: "Haste mal 'n Euro?" Die Botschaft: Wenn du hier für 30 Euro einkaufen kannst, dann hast du doch auch das Geld für mein Dosenbier, oder?

Egal, ob man ihnen was gibt oder nicht, oder ob man ihnen ihre Obdachlosen-Zeitung abkauft - sie wünschen einem immer einen "schönen Feierabend". Sie verhöhnen damit die arbeitenden Leute, die sie anschnorren, sogar noch. Zynismus nennt sich das.

Und das schlimme ist, daß diese jungen Leute, die - physisch zumindest - in der Lage wären zu arbeiten, wahrscheinlich die Kurve nicht mehr kriegen werden. Wer als 15- oder 16jähriger eine Karriere als Straßenkind und Hausbesetzer beginnt, der wird zehn Jahre später kaum noch einen Fuß in die Tür eines Arbeitgebers bekommen.

Der Staat hat es sich Jahrzehnte lang zu einfach gemacht, indem er solche Bürger mit Sozialhilfe ausgehalten hat. Damit erleichterte er es den Jugendliche sogar noch, den falschen Weg zu gehen. Mit Hartz IV (Stichwort: Fördern und Fordern) wird sich hoffentlich einiges ändern. Auch Faulpelze werden zu gemeinnütziger Arbeit verdonnert. Das hat sich der Staat bisher nicht getraut. Doch dies hätte alles schon viel früher passieren müssen.

Guido Westerwelle hat einmal gefordert, wir müßten die Schwachen vor den Faulen schützen. Die Müßiggänger vom Prenzlauer Berg gehören in ihrer Mehrzahl wohl in letzte Kategorie. Ein erster Schritt erfolgt demnächst, wenn die Punker ihren Ein-Euro-Job antreten. Dann haben sie keine Zeit mehr, alle Häuser mit Graffiti zu besprühen. Neben aggressiver Bettelei ist das im Prenzlauer Berg nämlich die unerfreulichste Erscheinung seit der Wende.


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