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11.12.04 / "Historische Größe" / Karl Carstens auf dem Tag der Heimat 1992

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. Dezember 2004


"Historische Größe"
Karl Carstens auf dem Tag der Heimat 1992

In dieser Stunde erfüllt mich das Bewußtsein der historischen Größe, die den deutschen Osten für alle Zeiten mit der deutschen Geschichte verbindet. Hunderte von Jahren haben Deutsche das Schicksal Pommerns, Ostpreußens, Schlesiens, des Sudetenlandes und anderer Teile Ost- und Südosteuropas bestimmt. Der Deutsche Orden in Ost- und Westpreußen, die pommerschen Herzöge, die schlesischen Bischöfe holten deutsche Mönche und deutsche Siedler ins Land. Zahlreiche Städte und Klöster wurden gegründet. Die Städte an der Küste wurden mit lübischem Recht belehnt: Rügenwalde, Kolberg, Stolp; die Städte südlich davon mit Magdeburger Recht: Breslau, Brieg, Neisse. Deutsche Siedler und deutsches Recht legten die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufstieg dieser Gebiete. Zugleich entstand in den Ostgebieten eine hochentwickelte deutsche Kultur.

Simon Dach, 1605 in Memel geboren, war das Haupt des Königsberger Dichterkreises, zu dem auch Heinrich Albert, der Verfasser des herrlichen Gedichtes "Ännchen von Tharau" gehörte, eines der schönsten deutschen Liebeslieder. Immanuel Kant, 1724 in Königsberg geboren, war einer der größten Philosophen der Menschheitsgeschichte. Er wurde 80 Jahre alt und hat Ostpreußen nie, Königsberg nur selten verlassen. Johann Gottfried Herder und E.T.A. Hoffmann stammten aus Ostpreußen. Aus unserer Zeit nenne ich Ernst Wiechert, 1887 im Kreis Sensburg (in Ostpreußen) geboren, dem wir unvergängliche Zeugnisse seiner ostpreußischen Heimat und ihrer Menschen verdanken. Agnes Miegel, 1879 in Königsberg geboren, die große Balladendichterin, und schließlich Hermann Sudermann aus Marzicken, dessen umfassende literarische Würdigung noch aussteht.

Unter den Pommern erwähne ich Johannes Bugenhagen, 1485 auf der Insel Wollin geboren. Luthers Freund, der einen entscheidenden Beitrag zur Ausbreitung des evangelischen Glaubens in ganz Nordeuropa leistete. Und schließlich nenne ich Schlesien, dessen geistige und kulturelle Fruchtbarkeit alle anderen übertrifft. Seine Philosophen Jakob Böhme aus Görlitz, Christian Wolff aus Breslau, Andreas Gryphius aus Glogau, Martin Opitz aus Bunzlau, Joseph von Eichendorff aus Lubowitz, Gustav Freytag aus Kreuzburg, Gerhart Hauptmann aus Obersalzbrunn gehören zum unverlierbaren kulturellen Erbe des deutschen Volkes.

Bisher habe ich nur die Philosophen, Dichter und Schriftsteller genannt, deren Heimat im deutschen Osten lag. Man müßte die großen bildenden Künstler hinzufügen: Lovis Corinth aus Tapiau und Käthe Kollwitz aus Königsberg. Beide haben in diesem Jahrhundert stärkste Wirkungen in der Malerei erzielt; dazu den Pommern Caspar David Friedrich, den größten Maler der deutschen Romantik und schließlich die Schlesier Carl Gotthard Langhans, den Erbauer des Brandenburger Tores in Berlin, und Adolf von Menzel, gebürtiger Breslauer, der in ungezählten Zeichnungen und Gemälden die Zeit Friedrichs des Großen festgehalten hat. Ich könnte diese Liste noch lange fortsetzen. Aber die wenigen Namen zeigen, was der deutsche Osten für Deutschland bedeutet hat und bis heute bedeutet.


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