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18.12.04 / "In der EU ist Demokratie eine relative Sache" / Der Publizist und EU-Ageordnete Andreas Mölzer im Gespräch mit Richard G. Kerschhofer

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. Dezember 2004


"In der EU ist Demokratie eine relative Sache"
Der Publizist und EU-Ageordnete Andreas Mölzer im Gespräch mit Richard G. Kerschhofer

Herr Mölzer, Sie sind seit einem halben Jahr Abgeordneter im EU-Parlament. Was hat Sie, der Sie doch seit längerem für eine EU-kritische Haltung bekannt sind, zur Bewerbung um diese Funktion bewogen?

Mölzer: Zwar ist es richtig, daß ich eine EU-kritische Haltung einnehme, ich verstehe mich aber nichtsdestoweniger als Europäer der ersten Stunde. Wir Österreicher als Erben der alten Habsburgermonarchie und damit als Erben des alten heiligen römischen Reiches standen gewissermaßen immer im Zentrum des alten Abendlandes. Nachdem ich Europa heute und die europäische Integration unserer Tage als geistiges Erbe dieses alten Abendlandes verstehe, habe ich primär einmal eine proeuropäische Haltung. Das ist das eine, das andere ist die Tatsache, daß es in unserer Politik eine zunehmende Europäisierung gibt und daß mich als Journalisten und Publizisten im Bereich der Politik eigentlich ausschließlich diese europäische Komponente interessiert. Wohlgemerkt, mit einer kritischen Distanz zu ihr.

Ihre Partei hatte Sie nur an dritter Stelle der Kandidatenliste plaziert, obwohl die FPÖ laut Umfragen bestenfalls zwei Mandate erreichen konnte. Nun sind Sie sogar der einzige FPÖ-Abgeordnete im EU-Parlament und das - dank Vorzugsstimmen - gewissermaßen gegen den Willen der Parteispitze. Wie wirkt sich das auf Ihr Verhältnis zur jetzigen Parteiführung, zu dem in der Partei immer noch maßgeblichen Landeshauptmann von Kärnten und zur Parteibasis aus?

Mölzer: Mein Verhältnis zur Führung jener Partei, der ich seit 27 Jahren angehöre, war immer durch eine relativ kritische Distanz geprägt, positiv, aber kritisch. Das hat sich mit meinem Einzug ins Europäische Parlament nicht geändert. Sie haben allerdings recht, wenn Sie meinen, daß ich gegen den Willen der Parteispitze in dieses Europäische Parlament gekommen bin. Dank der Vorzugsstimmen aus der freiheitlichen Parteibasis und aus dem Kernwählerbereich, bei dem ich wegen meiner jahrzehntelangen publizistischen Arbeit relativ populär bin.

Welche Möglichkeiten haben Sie als "Einzelgänger", der im EU-Parlament noch dazu fraktionslos ist, im Sinne Ihrer politischen Überzeugungen und Ihrer Partei zu wirken?

Mölzer: Als Einzelkämpfer im Europäischen Parlament, als "732. Zwerg von rechts", wie ich ironisch gemeint habe, hat man insofern Möglichkeiten, als man an Informationen kommt, die der Normalbürger nicht hat. Im Parlament selbst bewirkt man natürlich ziemlich wenig. Wie übrigens auch die übrigen 731 Abgeordneten, da das Parlament selbst so etwas wie eine demokratiepolitische Fassade darstellt und wenig Einflußmöglichkeiten hat. Man hält dort Reden vor einem leeren Plenarsaal fürs Protokoll, das dann auch niemand liest. Was man allerdings machen kann ist, daß man den Bürgern im eigenen Lande, den eigenen Wählern hier in Österreich also, klar macht, welche Entwicklungen im Hintergrund der EU ablaufen. Etwa was den Türkei-Beitritt betrifft oder die neue EU-Verfassung. So hat man die Möglichkeit, den Menschen, die ja immer öfter belogen werden, in Sachen Europa die Wahrheit zu sagen.

Sie treten gegen eine volle EU-Mitgliedschaft der Türkei auf. Welche Gründe sind für Sie maßgeblich?

Mölzer: Ich bin gegen die Vollmitgliedschaft der Türkei bei der EU gerade deshalb, weil ich eine positive europäische Vision habe. Wenn ich mir ein Europa der selbstbestimmten Völker unter Erhaltung ihrer nationalen Identität wünsche, ein Europa, das nach innen möglichst föderativ, nach außen aber stark und einig auftritt, dann kann ich mir den Türkei-Beitritt nicht wünschen. Dieser Türkeibeitritt würde Europa nicht nur wirtschaftlich und finanziell heillos überfordern, er würde jede Vertiefung der Integration verhindern und durch massenhafte Zuwanderung die europäische Identität zerstören.

Umfragen zufolge sind die Österreicher mehrheitlich gegen einen EU-Beitritt der Türkei oder mindestens gegen den Vollbeitritt. Inwieweit decken sich Ihre Argumente mit denen anderer Türkei-Gegner? Gibt es Gegenargumente, die Sie nicht teilen?

Mölzer: Die Menschen in Österreich haben, wie übrigens auch die Menschen in den anderen EU-Mitgliedsländern, einen gesunden Instinkt, was den EU-Beitritt der Türkei betrifft. Sie sind dagegen, weil sie wissen, daß die Türkei nicht zu Europa gehört, daß sie weder geographisch noch geistig-kulturell ein europäisches Land ist. Und sie wissen auch, daß dieser Türkei-Beitritt für Europa insgesamt, insbesondere aber auch für Österreich und Deutschland, katastrophale Folgen hätte. In Österreich ist bekanntlich auch die Sozialdemokratie gegen den Türkei-Beitritt, sie sagt aber, die Türkei sei noch nicht reif für die EU, gerade dieses "noch nicht" bedeutet aber, daß die Türkei möglicherweise in einem Jahr oder in zehn Jahren reif wäre. Mit dieser Lüge hat man die Türken 40 Jahre geködert, um nunmehr zu glauben, man könne ihren Beitritt gar nicht mehr verhindern. Dieses "noch nicht" ist ein Grundübel der europäischen Politik gegenüber der Türkei, da man dieser signalisiert, sie könnte irgendwann einmal ein europäischer Staat werden. Ich glaube, daß sie das niemals kann.

Wie erklären Sie sich, daß ausgerechnet Haider für den EU-Beitritt der Türkei ist?

Mölzer: Daß Jörg Haider für den EU-Beitritt der Türkei ist, erscheint mir eher skurril. Ich glaube, daß er diese Meinung auch schon längst relativiert hat und sie nur mehr aufrecht erhält, um sein Gesicht zu wahren. Er hat einmal gesagt, er glaube, daß die zugewanderten Türken rechts stünden, die linken seien die Kurden und die sogenannten Türken würden dann ihn wählen. Wie ich meine, ein eher naives Argument.

Läßt nicht das Verhalten der meisten europäischen Spitzenpolitiker den Eindruck entstehen, daß die Türkei-Entscheidung ohnehin schon in irgendwelchen Absprachegremien gefallen ist?

Mölzer: Die Türkei-Entscheidung dürfte in der Tat schon sehr früh gefallen sein und auf jeden Fall ohne Rücksicht auf den Volkswillen in den europäischen Staaten. Demokratie ist auf europäischer Ebene überhaupt eine sehr relative Sache, da man es tunlichst vermeidet, das Volk bei den europäischen Weichenstellungen zu befragen. Im Gegenteil, man scheint froh zu sein, daß man mit geringer Wahlbeteiligung in den etablierten Kreisen weiter agieren kann, ohne auf das Volk Rücksicht zu nehmen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß auch europäische Spitzenpolitiker, Politiker, ja sogar die Regierungschefs offenbar glauben, in gewissen wesentlichen Entscheidungen eine vorgegebene Linie verfolgen zu müssen, so wie etwa beim Türkei-Beitritt. Da nimmt man nicht auf die europäischen Völker Rücksicht, da nimmt man offenbar Rücksicht auf irgendwelche Drahtzieher im Hintergrund.

Kürzlich wurde der "Vlaams Blok" vom höchsten belgischen Gericht als "rassistisch" eingestuft und verboten. Wie würden Sie "Rassismus" und "Fremdenfeindlichkeit" definieren? Insbesondere, wo liegt für Sie die Grenze zu Patriotismus und Wahrung der eigenen Volksinteressen?

Mölzer: Die politisch korrekte Definition von Totschlag-Begriffen wie "Rassismus" und "Fremdenfeindlichkeit" hat mit den Realitäten oder gar mit wirklicher Moral gar nichts zu tun. Wenn wir uns als konservative, als rechte, als patriotische oder nationale Menschen, ob Politiker oder Bürger, von den politisch korrekten Tugendterroristen aus der ultralinken Ecke vorschreiben lassen, was wir zu glauben haben, sind wir politisch bereits auf der Verliererstraße. Das Urteil gegen den Vlaams Block ist natürlich eindeutig ein politisches, wenn es auch juristisch zur Kenntnis zu nehmen ist. In Bezug auf das Phänomen Zuwanderung, in Hinblick auf illegale Ausländer, auf Scheinasylanten und ähnliches muß es möglich sein, eine kritische Position einzunehmen. Dies gebietet das Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Verbaler oder gar tätlicher Haß gegenüber Fremden ist eine ganz andere Sache, die natürlich klar zu verurteilen ist.

Die FPÖ hat nach einem beeindruckenden Aufstieg bis zum Jahr 1999 seither nur Wahlniederlagen eingefahren, ausgenommen bei den Landtagswahlen in Kärnten. Bundesweit ist sie sogar auf den vierten Platz hinter die Grünen zurückgefallen. Was ist erforderlich, um diesen Trend umzukehren?

Mölzer: Der Niedergang der österreichischen Freiheitlichen hängt zweifellos mit der Regierungsbeteiligung des Jahres 2000 zusammen. Man war genötigt, den Scherbenhaufen, den die Sozialdemokraten nach 30 Jahren Regierung hinterlassen haben, wegzuräumen, und das Ganze war und ist bis zum heutigen Tag mit schmerzlichen Reformen verbunden. Mit Reformen, die in erster Linie mit der Reduktion des Sozialstaates, Einsparungen und Opfern für die Bevölkerung verbunden sind. Dies hat automatisch zu einem gewissen Verlust an Sympathie geführt. Eine andere Sache ist, daß eine Fundamentalopposition dann in der Regierung schlicht und einfach das nicht halten kann, was sie verspricht. Auch das ist ein nahezu natürlicher Vorgang. Nicht so natürlich ist allerdings, daß Jörg Haider mit einem todsicheren Gespür für negative Leute in die personelle Besetzung dieser Regierungsbeteiligung gegangen ist. Etwa der abgesprungene Finanzminister oder die 2002 zurückgetretene Vizekanzlerin und Parteiobfrau sind Beispiele für diese falsche Personalauswahl. Mit diesen Leuten hat man den Keim für den Niedergang gelegt.

Sie sind Begründer, Mitherausgeber und Chefredakteur der konservativen Wochenzeitung Zur Zeit. Welche Erfahrungen haben Sie mit der oft recht einseitig gehandhabten Pressefreiheit gemacht? Erwarten Sie, daß sich die Lage eher verbessern oder verschlechtern wird?

Mölzer: Die von uns, von Freunden und mir im Jahre 1997 gegründete Wochenzeitung Zur Zeit war bewußt von Anfang an als konservatives, nationalfreiheitliches Nischen-Medium konzipiert. Diese Nische füllen wir nunmehr seit sieben Jahren sehr bewußt und sehr offensiv aus. Wir haben es geschafft, in Österreich am öffentlichen politischen Dialog teilzunehmen. Unsere Auflage ist zwar nicht gewaltig, aber doch so groß, daß wir im wesentlichen durch die Zustimmung des Lesers existieren können. Wir sind weder von einer politischen Partei noch von der staatlichen Presseförderung abhängig. Insgesamt ist die Linke, insbesondere ihr tugendterroristischer Teil, in Österreich wie auch in der Bundesrepublik, offensiver und intoleranter denn je. Das "Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands" etwa, ein Privatverein mit kommunistischen Wurzeln, maßt sich im Lande Aufgaben an, die ansonsten nur der Staatsschutz haben könnte. Den denunziatorischen Ambitionen dieses Vereins treten wir seit Jahr und Tag entschieden entgegen.

EU-kritisch: Andreas Mölzer Foto: privat


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