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18.12.04 / Auf Suche nach einer neuen Heimat in Preußen / Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung diskutierte über "Migration und Integration"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. Dezember 2004


Auf Suche nach einer neuen Heimat in Preußen
Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung diskutierte über "Migration und Integration"

Die diesjährige Jahrestagung der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung hatte das Thema "Migration und Integration". Nachdem Klaus Militzer einführend über "Probleme der Migration und Integration im mittelalterlichen Preußenland" referiert hatte, entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über die schwierigen Begriffe "Migration" und "Integration". Wie sollte man vor allem die "Integration" fassen? Schwierigkeiten ergaben sich auch hinsichtlich der Migration und der Erfassung der Wanderbewegungen, die es ohne Zweifel gegeben habe, die aber nicht allein aus den Namen zu erschließen seien.

Das Thema vertieften die drei folgenden Referate über Probleme der mittelalterlichen Ein- und Zuwanderung sowie der Integration der Neubürger in Elbing durch Roman Czaja, in Thorn durch Janusz Tandecki sowie in Königsberg durch Dieter Heckmann. Die drei Referenten betonten, daß die meisten Zuzügler der Oberschicht und der Kaufmannschaft aus dem deutschsprachigen Raum stammten. Handwerker seien zumindest anfangs vorwiegend Deutsche gewesen. Die Herkunft und ethnische Zusammensetzung einer Unterschicht sei dagegen wegen Quellenmangels kaum zu fassen. Außerdem sei von einem Wandel der Zuwanderung im Laufe des Mittelalters auszugehen. Während die in die Stadt Zuwandernden, unabhängig davon, welcher Ethnie sie sich zugehörig fühlten, durch Gilden, Bruderschaften und andere Genossenschaften bald hätten eingebunden werden können, hätten die Ordensbrüder als geistliche Herren außen vor gestanden und einen Fremdkörper gebildet, der in die Gesellschaft des Preußenlandes kaum einzugliedern gewesen sei.

Dariusz Makilla führte in seinem Referat "die herrschaftliche und staatliche Unterstützung der Migration und Integration im herzoglichen Preußen" über das Mittelalter hinaus und leitete über zu dem zweiten Schwerpunkt der Tagung, der im 19. Jahrhundert gesetzt war. Makilla beleuchtete vor allem die herrschaftliche Seite und die Interessen der Landesherrschaft an dem Zuzug von Menschen, der Peuplierungspolitik, wie man das damals auch nannte, erläuterte die staatlichen Rahmenbedingungen und rechtlichen Voraussetzungen.

Zum Thema "Migration und Integration im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert" leitete der Vortrag von Jochen Oltmer über. Er verglich die osteuropäische Arbeitsmigration im kaiserlichen Deutschland mit der in der Weimarer Republik, stellte Kontinuitäten und Wandlungen heraus. Die Wanderungspolitik sei durch ein Geflecht von sozial- und arbeitsmarktpolitischen, wirtschafts- und nationalitätenpolitischen wie sicherheits- und außenpolitischen Interessen geprägt gewesen. Besonders interessierten während der Tagung die Bedingungen der polnischen Einwanderung nach Preußen und aus den östlichen Provinzen Preußens in das Ruhrgebiet.

Gerade der Zuwanderung und Integration der Zuwanderer im Ruhrgebiet wandte sich Stefan Goch zu, der die These vertrat, daß die Zuwanderer aus dem Osten und anderen Regionen mit den Einheimischen keine eigentlich neue Gesellschaft geschaffen, sondern vielfach getrennt gelebt und gearbeitet hätten. Der Prozeß der Bildung einer eigenen Gesellschaft mit eigenem Selbstbewußtsein sei erst nach dem Ersten Weltkrieg entstanden. Die Zuwanderer hätten zwar schnell ihre eigene meist ländlich geprägte Identität abgelegt, aber in der neuen Umgebung keine eigene geschaffen und seien bis nach dem Ersten Weltkrieg ein eher "geschichtsloses Proletariat" geblieben.

Rainer Walz beschäftigte sich mit der Einwanderung der Salzburger in Preußen, beleuchtete die Schwierigkeiten, die sich aus der Differenz zwischen alten mitgebrachten Gewohnheiten und den Forderungen des absolutistischen Staates an die neuen Untertanen ergaben. Trotz aller Schwierigkeiten könne die Ansiedlung der Salzburger in Preußen als gelungen bezeichnet werden. Sie hätten sich als Elite angesehen und von anderen Bevölkerungsgruppen abgeschlossen, aber auch zur Hebung des Bildungsstands in der Landbevölkerung beigetragen.

Trude Maurer erörterte die Wanderbewegungen der Juden, denen 1812 das Staatsbürgerrecht und damit die Freizügigkeit verliehen worden war. Viele seien auf das Land gezogen. Daneben habe es eine Abwanderung in die Städte, meist zunächst vom Land in eine Kleinstadt und von dort in eine Metropole, gegeben. Die Einwanderung aus dem Ausland habe dagegen eine geringere Rolle gespielt und sich bis zur Reichsgründung auf grenznahen Zuzug beschränkt.

Schließlich legte Lutz Oberdörffer umfangreiches statistisches Material zur Wanderung nach und von Danzig vor, das infolge der Industrialisierung zahlreiche Menschen angezogen habe. Innerhalb der Stadt habe im statistischen Mittel jeder einmal im Jahr seine Wohnung gewechselt. Außerdem seien die Besserverdienenden gern nach Zoppot gezogen und hätten die Verkehrsmittel zur Arbeit in der Stadt genutzt. Ärmere hätten in Neustadt in ländlicher Umgebung gelebt und seien mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit nach Danzig gefahren. Danzig sei neben einigen anderen Städten ein Ziel für die Wanderbewegungen im Osten, besonders aus Westpreußen, gewesen.

Bei den turnusmäßig anstehenden Vorstandswahlen wurde der bisherige Vorstand für drei weitere Jahre bestätigt: Prof. Dr. Bernhart Jähnig als Vorsitzender, Prof. Dr. Jürgen Sanowsky als Stellvertretender Vorsitzender, Dr. Georg Michels als Schriftführer und Prof. Dr. Klaus Militzer als Schatzmeister sowie Klaus Bürger, Dr. Stefan Hartmann, Dr. Dieter Heckmann, Dr. Hans-Jürgen Karp und Prof. Dr. Jochen Dieter Range als Beisitzer. K. M.

Der Große Kurfürst empfängt die Réfugiés in seinen Staaten: Wie die Hugenotten aus Frankreich fanden Angehöriger unterschiedlichster Nationalität in Preußen im allgemeinen und in Ostpreußen im besonderen eine neue Heimat. Foto: Archiv


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