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18.12.04 / Liebe zum eigenen Land ausgetrieben / Klaus Rainer Röhl über anerzogene Tabus der Political Correctness in Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. Dezember 2004


Liebe zum eigenen Land ausgetrieben
Klaus Rainer Röhl über anerzogene Tabus der Political Correctness in Deutschland

Es ist was faul im Staate D. Genauer, eine Menge. Viele Bürger spüren das, trauen sich aber nicht, Fragen zu stellen nach dem Weshalb und Wozu. Jedenfalls nicht öffentlich, weil sie fürchten anzuecken. Als "rechts" stigmatisiert zu werden, kann üble Folgen haben. Der Fall Hohmann war ein Lehrstück dafür. Man schweigt daher lieber und hofft, daß man irgendwann einmal aus seinem Herzen keine Mördergrube mehr machen muß - beinahe so, als lebte man in einer Diktatur.

Die Fragen jedoch rumoren weiter in den Köpfen, und sie fordern Antworten. Fundierte, unmißverständliche, möglicherweise auch verstörende Antworten.

Röhl hat das als Appell verstanden und deshalb 33 unerwünschte Fragen, die man ihm in den letzten Jahren unter der Hand gestellt hat, aufgegriffen und sie, ergänzt durch zwei Exkurse, in seinem neuen Buch, "Deutsche Tabus" behandelt.

In seiner grundlegenden Eröffnungsbilanz unter dem Stichwort "Links und Rechts" hat er das Grundthema angeschlagen, das er in allen Kapiteln erneut zur Sprache bringt: Das System des Sozialismus und seine Auswirkungen auf das gegenwärtige Deutschland.

Es gibt heute im Bundestag keine einzige rechte Partei mehr, nur mehr oder weniger linke. Der Historiker führt diese Tatsache auf eine dreistufige Umerziehung zurück, der das deutsche Volk unterworfen wurde. Nach Kriegsende sollte alles, was nur im entferntesten an nationale Wertvorstellungen erinnerte, tabuisiert und sanktioniert werden, um so auf Dauer aus dem öffentlichen Diskurs - und damit letztlich aus den Köpfen der Deutschen - zu verbannen. Zunächst trat die Besatzungsmacht mit der sogenannten Reeducation in Aktion, die anschließend als Selbst-Erziehung von den selbstverständlich linken Lizenzträgern erfolgreich fortgeführt wurde. Ab 1968 folgte die dritte Stufe der Umerziehung als Erziehung der Eltern durch ihre revoltierenden Kinder.

Der Erfolg der jahrzehntelangen Bemühungen ist offensichtlich: Die Deutschen haben sich den Forderungen der Political Correctness angepaßt; sie haben also ihre Lektion gelernt. Widerstand regt sich nur unter der Decke. Man hat ihnen ein schlechtes Gewissen eingeimpft, sie zum "Tätervolk" erklärt, ihnen die Liebe zum eigenen Land ausgetrieben, sämtliche nur denkbaren Tugenden verunglimpft. Daraus hat sich allem Anschein nach eine permanente Verweigerungshaltung vieler einzelner gegenüber den Interessen der Gemeinschaft entwickelt, die sich im Verzicht auf Nachwuchs, Verfall der eigenen Kultur, die zu verteidigen sich nicht mehr lohnte, in dramatisch sinkender Wahlbeteiligung, Abwanderung der Eliten, Hedonismus und Verwahrlosung der Sitten niedergeschlagen hat, um nur einige Symptome zu nennen. Und anstatt nun diesen verunsicherten, in ihrer Selbstachtung geschädigten Bürgern endlich eine Perspektive zu bieten, fahren diejenigen, die für diesen Zustand mitverantwortlich sind, fort auf ihrem einmal eingeschlagenen Weg. Mit dem Erfolg, daß Deutschland auf vielen Gebieten ins Hintertreffen gerät, nicht nur in der Bildung. Unser Land ist vom Musterknaben zum Sitzenbleiber degeneriert. Auch die Opposition hat kein Konzept, das überzeugen könnte. Der Karren rollt bereits in den Abgrund - und niemand in Sicht, der ihn anhalten könnte. Oder?

"Götterdämmerung - Was wird bleiben von 1968?" So ist auch die Röhlsche Schlußbilanz betitelt, eine noch düstere Variante des ersten Kapitels. Eröffnungs- und Schlußbilanz der "Deutschen Tabus" formen den Rahmen für 33 Kapitel unterschiedlicher Länge und Gestaltung, die vielfältigen Themenkreisen entstammen und Einzelprobleme differenziert darstellen - Mosaiksteine, die nicht willkürlich ausgewählt wurden, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, und so am Ende ein geschlossenes Bild ergeben.

Erforderliche historische Rück-blicke wechseln in schneller Folge auch innerhalb der Artikel mit ironisch zugespitzten, ja satirischen Abschnitten - nicht umsonst hat Alexander Schuller den Autor in der Welt am Sonntag einmal den "Tucholsky der Republik" genannt - gefolgt von Aussagen, die von tiefer Besorgnis um das Land geprägt sind. Auf diese Weise entsteht ein Sog, der einen förmlich zwingt weiterzulesen, für Kenner seiner bisherigen Bücher allerdings keine Überraschung. Die Lektüre ist für alle, für Freunde und Gegner, ein Gewinn.

Offenbar nimmt Röhl Angriffe des linksgewirkten Medien-Mainstreams nicht nur in Kauf, sondern fordert sie bewußt heraus, in der Hoffnung, wenigstens eine Diskussion über die bisher tabuisierten Fragen in Gang zu bringen. Lu Helfrich

Klaus Rainer Röhl: "Deutsche Tabus - ungefragte Antworten", Universitas, München 2004, gebunden, 240 Seiten, 16,90 Euro


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