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Preußische Allgemeine Zeitung / 25. Dezember 2004
Dem physischen Kampf pflegt der Kampf um Information vorauszugehen. Stalin etwa
ließ Freund wie Feind abhören, unterdrückte Wahrheiten und verbreitete Lügen.
Und heute? Wer es sich leisten kann, handelt genauso – zwei Meldungen der
letzten Tage unterstreichen dies: Washington ließ den Generaldirektor der
Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA), den Ägypter Mohammed El-Baradei,
abhören. Und nach einer Entscheidung der französischen Regierung wird das
Programm des libanesischen Fernsehsenders Al-Manar nicht mehr über Eutelsat
ausgestrahlt. Wie zufällig paßt beides in die Vorbereitungen eines „Bush-Kriegs“
gegen den Iran: El-Baradei, dessen Vater Präsident der ägyptischen Anwaltskammer
war, ist ein überaus korrekter Jurist, der einst auch als preußischer
Gerichtspräsident gute Figur gemacht hätte. Dazu kommt, daß er in New York
seinen Doktortitel erworben hatte und 1997 – wie kurz davor Uno-Generalsekretär
Kofi Annan – just auf Druck der USA in seine Position berufen worden war. Aber
er hatte sich schon in der Irak-Frage unbeliebt gemacht, weil die IAEA nicht
finden wollte, was es gar nicht gab – und nun wiederholt sich das Spiel mit dem
Iran. Und wegen ihrer „Unbotmäßigkeit“ sollen er und Kofi Annan demontiert
werden. Al-Manar, nun nicht mehr in Europa, doch weiterhin im Nahen Osten und in
Afrika zu empfangen, ist das Sprachrohr der libanesischen Schiiten-Partei
Hisbollah („Partei Gottes“). Die unterprivilegierten libanesischen Schiiten
waren von der israelischen Invasion 1982 und der langjährigen Besetzung
besonders betroffen. Sie werden praktisch ausschließlich vom schiitischen Iran
unterstützt, der indirekt auch Al-Manar finanziert. Gegen Al-Manar hatte der
Dachverband der Juden in Frankreich CRIF bereits vor Monaten gerichtliche
Schritte wegen „Rassismus“ und „Antisemitismus“ angestrengt. Daß die
französische Regierung kein Gerichtsverfahren riskieren wollte, sondern
politisch gegen Al-Manar entschied, läßt auf einen Kuhhandel schließen. Nebenher
soll wohl auch den Franzosen die „laizistische“ Türkei schmackhafter gemacht werden – als strahlender Gegenpol zum „Fundamentalismus“. Schon
vor Jahren war übrigens ein kurdischer Satellitenkanal abgedreht worden – als
Einstandsgeschenk für den EU-Kandidaten Türkei.
Allgemein trachten europäische Regierungen, durch Verbot von Medien und
Organisationen der Bevölkerung vorzugaukeln, daß „rassistische“ Propaganda die
Gefahr sei, nicht die zügellose Einwanderung. Aber auch die Verbote selbst
stellen eine Gefahr für Europa dar, das wie ein Erfüllungshelfer der USA und
Israels erscheint – ein Eindruck, der sich unter anderem auf das Verhalten bei
Abhör-Affären stützt: Was geschah, als die im EU-Ministerratsgebäude entdeckten
„Wanzen“ auf CIA und Mossad wiesen? Großes Schweigen. Und das Abhörsystem
Echelon, das US-Konzernen wertvolle Informationen über ihre Konkurrrenten
liefert? Sendepause, obwohl der Schaden für Europa (Wirtschaftsspionage) längst
den Wert der 1945 aus Deutschland geraubten Patente übersteigt. Und wer wagt es
auszusprechen, daß man nicht nur Telefone anzapfen und Satellitenprogramme
abdrehen kann? Auch Nachrichtensatelliten und GPS-gestützte Systeme wie Toll
Collect können ausgewertet – und „notfalls“ abgewürgt werden. |