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Preußische Allgemeine Zeitung / 25. Dezember 2004
In Zeiten knapper Kassen ist es erstaunlich, daß in jüngster Vergangenheit
gleich zwei Museen ihre Pforten geöffnet haben, deren Errichtung rund 93
Millionen Euro verschlungen hat. Als erster Neubau
eines Kunstmuseums in Mitteldeutschland nach 1945 erregt das Museum der
bildenden Künste Leipzig nicht nur durch seine besondere Architektur Aufsehen.
Nach viereinhalb Jahren Bauzeit bietet der gläserne Kubus des Berliner
Architekturbüros Hufnagel, Pütz, Rafaelian auf mehr als 7.000 Quadratmetern
Ausstellungsfläche und fünf Geschoßebenen die Möglichkeit, einen Großteil der
Bestände (rund 3.500 Gemälde vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart, 1.000
Skulpturen und mehr als 60.000 Zeichnungen, Grafiken, Aquarelle und Fotografien)
sowie Wechselausstellungen zu zeigen (dienstags und donnerstags bis sonntags 10
bis 18 Uhr, mittwochs 12 bis 20 Uhr). Noch ist das Haus auf dem ehemaligen
Sachsenplatz nicht ganz fertig – erst im Sommer 2005 wird eine Glashülle den Bau
umgeben. Die weiten Fensterflächen, die Terrassen und Lichthöfe lassen den
Neubau jedoch schon jetzt hell und luftig wirken.
„Das äußere Erscheinungsbild des Museums mag für manche provokant wirken“,
bekannte Georg Girardet, Leipziger Kulturbeigeordneter, in einem Interview,
„aber alle, die das Museum von innen gesehen haben, sind begeistert. Ich wünsche
mir, daß es uns gelingt, diese bedeutende Bürgersammlung, die von 1837 bis in
die Gegenwart geführt worden ist, mit gleichem Engagement weiterzuführen. Trotz
des Fehlens von Ankaufsmitteln müssen wir uns bemühen, die Sammlung auf dem
Niveau früherer Generationen weiterzuführen.“
Das Museum basiert auf einer
der ältesten Bürgersammlungen Deutschlands. 1837 gründeten die Leipziger einen
Kunstverein; gut 20 Jahre später wurde ein Museumsgebäude am Augustusplatz
eröffnet. Im Zweiten Weltkrieg jedoch wurde das Haus in Trümmer gelegt. Seither
war die Sammlung, die den Krieg weitgehend überstanden hatte, heimatlos. Im
ehemaligen Reichsgericht und dann im Handelshof in der Grimmaischen Straße fand
man vorübergehend Unterkunft. Für rund 74,5 Millionen Euro, von denen jeweils 15
Millionen der Bund und der Freistaat Sachsen tragen, während die Stadt den Rest
finanziert, wurde nun der 78 Meter lange und 36 Meter hohe Gebäudekomplex aus
Glas, Stahl und Beton errichtet.
Schwerpunkt der Präsentation ist das Werk von Max Beckmann und Max Klinger,
beide in Leipzig geboren. Ein ganzer Saal ist dem Wirken von Lukas Cranach d. Ä.
und dessen Sohn gewidmet. Aber auch Werke von Hans Baldung Grien, von
Tintoretto, Ludwig Richter oder Caspar David Friedrich zählen zur Sammlung.
Deutsch-deutsche Kunst von 1949 bis 1989 wird mit Arbeiten von Mattheuer,
Klapheck oder Tübke dokumentiert.
Ebenso heimatlos war, wenn auch „nur“ sieben Jahre, die Berlinische Galerie, die
ebenfalls aus einer privaten Initiative entstanden ist. Nach fast drei
Jahrzehnten Diskussion um ein eigenes Haus, nach einer längeren Tournee
wertvoller Sammlungsbestände durch halb Europa ist es endlich gelungen, in den
Hallen des ehemaligen Glaslagers an der Alten Jakobstraße, die für lediglich
18,7 Millionen Euro umgebaut wurden, eine Ausstellungsfläche von mehr als 4.000
Quadratmetern zu schaffen. Zu sehen sind Werke, die von namhaften Künstlern in
Berlin geschaffen wurden. „Hier kann der Besucher in den Künsten der letzten 120
Jahre den revolutionären Aufbruch der Moderne verfolgen und ebenso ihr Scheitern
wie den ständigen Mut zum Neubeginn“, umreißt Jörn Merkert, Direktor der
Berlinischen Galerie, stolz die Sammlung des Hauses. In einem bei Prestel
erschienenen großzügig gestalteten Bildband stellt Merkert 56 Meisterwerke aus
der Berlinischen Galerie vor (128 Seiten, 80 farbige Abb., geb. mit
Schutzumschlag, 29,95 Euro) und erzählt von seinen Begegnungen mit dem einen
oder anderen Künstler. Beckmann und Baselitz, Fetting und Gecelli, Heckel und
Thieler, Ury und Zille sind nur einige der Künstler; allein diese Namen zeigen
die Vielfalt der Sammlung. Entstanden ist so weit mehr als ein Führer durch
Berlins neuestes Museum. Os |