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08.01.05 / Blubb aus dem Sumpf / Berlins CDU bleibt die Partei der profillosen Strippenzieher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 1 vom 08. Januar 2005

Blubb aus dem Sumpf
Berlins CDU bleibt die Partei der profillosen Strippenzieher
von Annegret Kühnel

Wird sie's, oder wird sie's nicht? Vermutlich wird sie's nicht, aber beinahe eine Woche lange brodelte es aus der Gerüchteküche: Die 43jährige Emine Demirbüken-Wegner, das erste türkischstämmige Vorstandsmitglied der Bundes-CDU, soll als Spitzenkandidatin aufgebaut werden und 2006 bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus gegen den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit antreten! Das wäre ein echter Überraschungscoup geworden, der sogar eine gewisse Plausibilität besitzt. Das wiederum sagt viel aus über die elende Lage der Berliner CDU.

Zweifelsohne ist Demirbüken eine der interessantesten Figuren der Hauptstadt-Union - und die ansehnlichste obendrein. Anfang der 90er Jahre schrieb eine Boulevardzeitung, wenn alle Ausländerinnen so schön wären wie die glutäugige Emine, dann gäbe es in Sachen Einwanderung und Einbürgerung überhaupt keine Probleme. Demirbüken äußerte sich verständlicherweise pikiert, und der Journalist erhielt einen Kaktus für den frauenfeindlichsten Artikel des Jahres. Doch der Satz enthält einen rationalen Kern. Demirbüken ist ein seltenes Beispiel für deutsch-türkische Normalität, die Frauen übrigens leichter gelingt als Männern - wenn die ihnen denn die Chance dazu lassen.

Demirbüken will sich nicht als Ausländer-Sprachrohr oder Multi-Kulti-Mutti vereinnahmen lassen. Ihr Eintritt in die CDU 1994 war wohlüberlegt. Vor allem in Fragen der Familienpolitik fühlt sie sich der Union näher als Grünen und SPD. Kritisch äußert sie sich über die Werte-Indifferenz in der deutschen Gesellschaft. Schon seit Jahren hält sie es für unverzichtbar, daß ausländische Kinder zu Deutschkursen verpflichtet werden.

Bekenntnisse wie: "Ich liebe unser Land", hält sie für richtig und wichtig. Die Deutschen sollen den Patriotismus vorleben, damit türkischstämmige Neubürger sich daran ein Beispiel nehmen können. In Sachen Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung tritt sie für eine härtere Gangart ein. Ihren muslimischen Glauben praktiziert sie so locker wie die meisten Christen den ihren. Ihren Einsatz für den EU-Beitritt der Türkei hat sie zuletzt zurückgenommen. Sie hält sich an die offizielle Sprachregelung, wonach diese Frage erst in zehn oder 15 Jahren anstehe.

Trotzdem wäre ihre Kandidatur ohne echte politische Substanz, denn es ist nicht ersichtlich, woher sie die Kompetenz für das Amt einer Regierenden Bürgermeisterin nehmen könnte. Seit 1988 ist sie Ausländerbeauftragte im Bezirk Schöneberg, der inzwischen um den Bezirk Tempelhof vergrößert wurde. 2003 wurde sie Mitglied des CDU-Landesvorstandes. Auf Vorschlag von Landeschef Joachim Zeller kandidierte sie im November 2004 für den Bundesvorstand. Nach dem Verzicht des glücklosen Landesvorsitzenden Christoph Stölzl war sie die einzige Kandidatin aus Berlin, die sich Chancen auf einen Abstimmungserfolg ausrechnen konnte. Sie weiß selbst, daß sie dies dem Ausländer-Bonus zu verdanken hat.

Ihr eingeschränktes politisches Profil ist allerdings auch ein Versäumnis der Berliner CDU. Schon vor Jahren wollte die eloquente Demirbüken im ausländerreichen Neukölln für die Bezirksverordnetenversammlung kandidieren, was der CDU-Bezirksverband aber verhinderte. Vielleicht gewinnen wir zehn Türken, doch dafür verlieren wir hundert Deutsche, so das Argument. Ihre Kandidatur für das Abgeordnetenhaus wurde ebenfalls abgelehnt.

Deshalb wechselte sie in den Bezirk Reinickendorf, wo sie den CDU-Baustadtrat und Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung Michael Wegner kennen- und liebenlernte. 2003 heirateten sie, die gemeinsame Tochter Serefina ist zehn Monate alt. Reinickendorf ist auch die Domäne des abgehalfterten CDU-Spitzenkandidaten Frank Steffel, der mit Wegner befreundet ist und die Idee von Demirbükens Bürgermeister-Kandidatur lanciert hat. Steffel ist in Berlin so unpopulär, daß seine erneute Kandidatur nicht mehr in Frage kommt.

Ersatzweise betätigt er sich als Strippenzieher - mit trüben Folgen für die Hauptstadt-CDU. Denn in dieser Eigenschaft hat er stets verhindert, daß sich eine starke Persönlichkeit an die Spitze der Berliner Union setzen konnte. Ein politisches Programm steckt nicht dahinter, nur persönlicher Ehrgeiz. Und so ist die scheinbar revolutionäre Idee einer Spitzenkandidatur Demirbükens kaum mehr als ein Blubb aus dem unsterblichen Berliner Sumpf.

Als Spitzenkandidatin der CDU für die nächsten Berliner Landtagswahlen im Gespräch:

Die Deutsch-Türkin Emine Demirbüken machte schnell Karriere in der Hauptstadt-Union Foto: dpa


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