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08.01.05 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 1 vom 08. Januar 2005

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

wie immer zum Jahresanfang einen herzlichen Dank für all die lieben Grüße und Wünsche sowie das aufmunternde "Macht weiter so!" Was wir auch tun werden, wie diese erste Kolumne des Jahres 2005 beweist. Und doch ist diesmal ein anderer Unterton zu spüren, denn die Vertreibung aus der Heimat jährt sich das 60. Mal. Die alten Narben schmerzen mehr als sonst bei allen, die vor sechs Jahrzehnten aufbrachen, um der russischen Okkupation zu entfliehen. Noch stärker wohl bei denjenigen, die überrollt, gedemütigt, gepeinigt, verschleppt wurden, die ansehen mußten, wie ihre Liebsten qualvoll starben. Bei jedem von uns lastet dieser Packen Erinnerung schwer auf der Seele und straft das Sprichwort Lügen, das so trostvoll verheißt, daß die Zeit alle Wunden heilt. Es gibt eben Narben, die reißen immer wieder auf - Stigmen, die viele von uns tragen. Wir müssen damit leben und haben auch bewiesen, daß wir es können.

Ja, diese Worte müssen Sie mir schon geben zum Jahresbeginn, denn es tut gut, davon zu sprechen - miteinander, denn dafür ist unsere Ostpreußische Familie ja da! So denkt auch unsere Leserin Sabine Nebel, mit deren Erinnerungen ich beginnen will, denn auch sie führen in den Januar 1945 zurück, als die damals 18jährige über das Eis des Frischen Haffes floh. Zusammen mit einem zwei Jahre jüngeren Bekannten, der ihr Gepäck zu seinem auf einen Pferdeschlitten geladen hatte, weil die beiden jungen Menschen mit dem Rad fuhren. Und das in dem tiefen Schnee des ostpreußischen Winters. Aber ich lasse Frau Nebel jetzt selber berichten. Sie kann dies sehr authentisch, denn sie hat während der Flucht alle wesentlichen Vorgänge in einen Taschenkalender eingetragen, der für sie heute ein kleines Tagebuch ist.

"Am 26 Januar wieder 55 Kilometer bis Braunsberg. Dann weiter am Frischen Haff entlang auf der weiteren Suche nach unserm Gepäck. Es sollte unser "Glück" sein. Alle Straßen waren vollgestopft mit Flüchtlingen. Der Russe war von Südost in Richtung Haff durchgebrochen, hatte die Fluchtwege abgeschnitten ... Viele Menschen standen mit Schlitten und Wagen am Ufer und hatten Bedenken, über die freie Eisfläche zur Nehrung zu gelangen. Horst und ich hatten in unserer jugendlichen Unbekümmertheit den Mut und schoben los über das Eis. Keiner folgte uns, die schwarze Menschentraube wurde immer kleiner. Der Wind pfiff eisig, unendlich erschienen uns die acht Kilometer. Endlich kam Schilf durch das Eis, dann ein einsames Haus am Ufer. Noch einmal zurückgeblickt zum Festland, die Menschentraube wurde wieder größer, kam näher. Sie hatten doch noch den Mut gefaßt, uns zu folgen, dieser 27. Januar war unsere Rettung. Vor uns war hier noch niemand über das Eis gegangen oder gefahren. Wenige Tage später wurde das Frische Haff zum Grab für viele Menschen, für Pferdeschlitten und Treckwagen ..." Soweit einige Auszüge aus den Erinnerungen der Sabine Nebel, die nun gerne wissen möchte, ob sie wirklich die ersten waren, die über das Haff flohen, oder ob bereits vor dem 27. Januar andere Flüchtlinge diesen Weg wagten. Wir dachten, wir fragen da am besten unsere Familie, unter der es mit Sicherheit viele Zeitzeugen gibt, die Frau Nebel aus eigenem Erleben die beste Auskunft geben können. Ihnen, liebe Frau Nebel, möchte ich noch ganz persönlich zu Ihrem Geburtstag gratulieren, der sich jetzt im Januar zum 78. Mal jährt! (Zuschriften an Sabine Nebel, Niederzwönitzer Straße 81 in 08297 Zwönitz, Telefon 03 77 54 / 20 76.)

Auch Renate Klausen geborene Klein aus Heppenheim hat ein herzliches Dankeschön für unsere großartige Arbeit übersandt - wäre schön, wenn wir diese auch für sie leisten können. Oder vielmehr für ihre Verwandte, deren Suchwunsch sie übermittelt. Gesucht wird Susanne Gerber, um 1922 in Königsberg geboren. Sie war bereits mit 18 Jahren als Lehrerin in Jankenwalde, Kreis Rastenburg tätig. Es könnte 1942/43 gewesen sein. Frau Gerber blieb etwa ein Jahr in Jankenwalde. Krieg und Flucht hat sie überlebt, denn sie soll später im Raum Freiburg gewohnt haben. Wer kann einen Hinweis auf Susanne Gerber geben, die vielleicht durch Heirat einen anderen Namen angenommen hat. Ihr Vater soll Landesbauernführer gewesen sein.

Auch einen anderen Namen könnte jetzt Ingeburg Neumann tragen, die ebenfalls von Frau Klausen gesucht wird. Sie wohnte im Schleusenwärterhaus in Fürstenau bei Drengfurt, ihr Vater war dort Schleusenwärter am Kanal. Bruder Rudi, * 1931, verstarb im Winter 1944 wie auch seine Mutter. Der älteste Bruder wurde zur Waffen-SS eingezogen. Ingeburg Neumann hatte noch eine kleine Schwester, deren Name aber nicht bekannt ist.

Und noch eine Frage hat Frau Klausen. Sie erhielt aus einem Nachlaß ein Foto, das ein sehr markantes Denkmal zeigt: Auf einem mit mehreren Figuren - Ordensrittern? - versehenen Sockel steht eine große Figur, die einen Preußenkönig - Friedrich Wilhelm I. oder Friedrich den Großen - zeigt. Das Denkmal, das von einem Rundgitter umgeben ist, steht vor einem langgestreckten Gebäude, das zu einem großen Gut gehören könnte. Die Besitzerin dieses Fotos war im östlichen Raum unserer Heimat zwischen Angerapp (Darkehmen) und Schloßberg (Pillkallen) tätig. (Alle Zuschriften an Renate Klause, Frankfurter Straße 49 in 64646 Heppenheim / Bergstraße, Telefon 0 62 53 / 7 32 45.)

Seit der Wende sucht Fritz Czaplinski aus Hagenow eine Frau, die aus der damaligen Sowjetzone in den Westen ging. Es handelt sich um Inge Giese geborene Hardt, * 29. Mai 1929, bis 1948 in Schwerin wohnhaft. Sie stammte aus dem nördlichen Ostpreußen, denn Fritz Czaplinski unterhielt sich als geborener Goldaper mit ihr und ihrer Schwester gerne im heimischen Platt. Die Schwestern hatten Offiziere der deutschen Wehrmacht geheiratet, beide waren Schweriner. Inges Mann Werner Giese wurde 1948 vom NKWD abgeholt, von seinem Schicksal weiß Herr Czaplinski nichts. Seine Frau ging in dem selben Jahr zu ihren Eltern in den Westen, kam aber noch zweimal wieder. 1950 verschwand sie mit ihren Schwester, deren Mann und Kleinkind aus der Röntgenstraße 1 in Schwerin. Von da an hat Herr Czaplinski nie wieder etwas von ihnen gehört, obgleich eine Benachrichtigung ausgemacht worden war. Was ist aus Inge Giese geborene Hardt und der Familie ihrer Schwester geworden? Seit eine Suche möglich war, hat Herr Czaplinski nach ihnen geforscht, viele Institutionen angeschrieben, das Einwohnermeldeamt in Schwerin immer wieder befragt - nie erhielt er eine brauchbare Auskunft. Nun ist also unsere Ostpreußische Familie gefragt. Für den kleinsten Hinweis wäre unser Goldaper Landsmann dankbar. (Fritz Czaplinski, H.-Mann-Straße 14 in 19230 Hagenow, Telefon 0 38 83 / 72 45 14.)

Eure

Ruth Geede


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