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15.01.05 / Schätze aus nordischem Gold / Das Preußen-Museum in Wesel zeigt Bernsteinkunst aus vier Jahrtausenden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 2 vom 15. Januar 2005

Schätze aus nordischem Gold
Das Preußen-Museum in Wesel zeigt Bernsteinkunst aus vier Jahrtausenden

Ungebrochen ist die Faszination, die vom Bernstein, dem „Gold des Nordens“, ausgeht. Nach dem großen Erfolg der Bernstein-Ausstellung in Minden ist nun noch bis zum 30. Januar die Ausstellung „Schätze aus nordischem Gold. Bernsteinkunst in vier Jahrtausenden“ im Preußen-Museum NRW in Wesel, An der Zitadelle 14–20 (dienstags bis donnerstags und am Wochenende 11 bis 17 Uhr), zu sehen.

Die Arbeiten von Alfred Schlegge, der von 1938 bis 1941 eine Ausbildung zum Bernsteinschnitzer an der Staatlichen Bernsteinmanufaktur in Königsberg absolvierte und von 1942 bis 1944 an der Kunst- und Gewerkschule in Königsberg bei Professor Grün studierte, bilden Herzstücke der vom „Freundeskreis zur Erhaltung und Pflege ostpreußischen Kulturgutes e.V.“ maßgeblich gestalteten Ausstellung. Leihgaben der TUI-Aktiengesellschaft Hannover und Stücke aus der bedeutenden Privatsammlung von Helmut Niederhaus stellen weitere Attraktionen dar.

Der Besucher begibt sich auf eine Zeitreise, die ihn zurück in die Altsteinzeit (70000 bis 8000 v. Chr.), in die mittlere Steinzeit (8000 bis 3500 v. Chr.) und in die Jungsteinzeit (3500 bis 1800 v. Chr.) führt. Magische Gegenstände, Amulette und Schmuck aus Bernstein gibt es schon seit Tausenden von Jahren. So zeigt die Ausstellung denn auch Perlenketten und Amulette aus dieser Zeit, gefunden bei Schwarzort am Kurischen Haff oder im Kreis Pr. Holland. Daß Bernstein ein wertvolles Handelsgut der Antike war, erfährt der Besucher ebenso detailliert wie alles über die Bedeutung des Bernsteins im Mittelalter. Inzwischen hatte man auch die Heilkraft des Bernsteins entdeckt und nutzte ihn in pulverisierter Form als Medizin oder als Kosmetikmittel.

Wer die großen Kunstwerke erleben will, der muß wiederum einen Zeitsprung von einigen Jahrhunderten machen. Der Deutsche Orden, der das Samland in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eroberte, sicherte sich das Bernsteinmonopol. Privater Bernsteinbesitz war fortan verboten, die Bevölkerung mußte gefundene Stücke abliefern, aber der Orden unterband die Bernsteinverarbeitung im Preußenland. Herzog Albrecht (1525–1568) förderte dagegen gezielt die Bern-steinkunst und rief mit Geschenken aus Bernstein das Interesse an diesem Naturstein an vielen europäischen Höfen hervor.

So zeigt die Ausstellung Klein-odien wie den „Englischen Gruß“ aus dem 16. Jahrhundert oder eine „Sitzende Madonna“ aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts – allerdings als Nachbildungen. Die Gesichter aus Knochenbernstein leuchten aus den Gewändern aus Naturbernstein. Nachfertigungen, die Alfred Schlegge von einer Schatulle mit Statuetten des Großen Kurfürsten und seiner Gemahlin oder des Nautiluspokals und verschiedener Koggen schuf, sind nur einige der unschätzbaren Kostbarkeiten der Ausstellung.

Daß der Bernstein für die höfische Gesellschaft an Bedeutung verlor, als der Königsberger Professor Friedrich Samuel Bock 1767 nachwies, daß der beliebte Luxusartikel aus fossilem Harz besteht, ist heute kaum nachzuvollziehen. Die Herstellung von Schatullen, Pokalen, Schachbrettern und Gebrauchsgegenständen hielt bis 1945 in der Staatlichen Bernstein-Manufaktur in Königsberg an, wie die Ausstellung zeigt. Hier ist der Name Hermann Brachert untrennbar mit der Bernsteinkunst verbunden. Aber auch die Freunde des „Aparten“ kommen auf ihre Kosten, wenn sie das „Erotische Pfeifchen als Frauenkörper“ um 1900 sehen.

Die „Träne des Heliaden“, der „Elektron“ der Antike wird heute immer noch im Samland gefördert. Moderne russische Arbeiten runden die Ausstellung ab. Es sind Schmuckstücke, die die Besucher ebenso faszinieren wie Perlenketten in Röhrenform aus der Jüngeren Steinzeit, der Bückeburger Brautschmuck mit der üppigen silbernen Brautschließe oder der elegante Facettenschliff aus Danzig. Heute verbindet der Bernstein die Völker. Die Russen haben das Bernsteinzimmer wieder erstehen lassen, die größte Bernsteinschmuckmesse der Welt findet jährlich in Danzig statt, und deutsche Sammler wie das Ehepaar Tuschewitzki und Helmut Niederhaus investieren ihr Privatvermögen, um der Nachwelt besondere Stücke zeigen zu können, wie die Ausstellung in Wesel nachhaltig dokumentiert. Bärbel Beutner

Kostbarkeit aus Bernstein: Die Fregatte „Friedrich III.“ schuf Alfred Schlegge 1987. Foto: Museum


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