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22.01.05 / Über Kameradschaft in einem fatalen System / "Napola - Elite für den Führer" - ein Film, der erklären, aber nicht werten will 

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 3 vom 22. Januar 2005

Über Kameradschaft in einem fatalen System
"Napola - Elite für den Führer" - ein Film, der erklären, aber nicht werten will 
von Rebecca Bellano

Letzte Woche wurde es im Rahmen der Kinoneustarts ungewöhnlich politisch. Grund ist der Kinostart des Films "Napola - Elite für den Führer" des bisher für Teenagerunterhaltung bekannten Regisseurs Dennis Gansel. Zwar geht es in seinem neuen Film auch um Jugendliche, doch da der Film zur Zeit der Nationalsozialisten spielt, umgibt ihn gleich eine ganz besondere Aura.

Kinofilme, die Ereignisse und Begebenheiten aus dem Dritten Reich thematisieren, liegen derzeit offenbar im Trend. Der Wirbel um Bernd Eichingers "Der Untergang" hat das gezeigt, auch wenn von vornherein gesagt werden muß, daß "Napola - Elite für den Führer" nicht an Eichingers Werk heranreicht. Aber immerhin wurde Dennis Gansels Arbeit schon mit dem Deutschen Filmpreis 2003 für das beste unverfilmte Drehbuch und 2004 auf dem Viareggio European Filmfestival als bester Film ausgezeichnet. Hauptdarsteller Max Riemelt wurde beim Internationalen Filmfestival Karlovy Vary in Karlsbad als bester Darsteller geehrt, und auf dem Filmfest "The Hamptons" in den USA gewann die 4,6 Millionen Euro teure deutsche Produktion den Publikumspreis.

Die Geschichte um den 17jährigen Friedrich, der aufgrund seiner Boxkünste das Privileg erhält, eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt, an der die zukünftige Elite des Großdeutschen Reiches herangezogen werden soll, zu besuchen, berichtet über diese NS-Einrichtung, die bisher in der umfangreichen Aufarbeitung dieser Zeit wenig Beachtung fand. Der Arbeitersohn Friedrich sieht die Chance seines Lebens und meldet sich gegen den Willen seiner Eltern in der alten Ordensburg Allenstein an. In der ihm fremden Welt, beherrscht von Zucht und Ordnung, erfährt er harten Konkurrenzkampf, aber auch unerwartete Kameradschaft. Doch ein grausamer Einsatz gegen entflohene Kriegsgefangene und die wachsende Freundschaft zu dem stillen und sensiblen Albrecht Stein, dem Sohn des Gauleiters, zeigen ihm die dunkle Seite des Regimes, das ihm seine qualifizierte Ausbildung ermöglicht und dem er eines Tages dienen soll.

Dennis Gansel hat dreieinhalb Jahre für diesen Film recherchiert, zahlreiche ehemalige Napola-Schüler interviewt und einzelne ihrer Erlebnisse - wie eine im Kreis der Schüler explodierende Handgranate, Tauchgänge in einem zugefrorenen See und die Jagd auf Kriegsgefangene - in den Film eingebracht. Auch bietet er eine Antwort auf die Frage, warum für viele der ehemaligen Schüler ihre Zeit an Hitlers Elite-Internaten die schönste in ihrem Leben war. Wenn die Schüler im Film enthusiastisch gemeinsam "Unsere Fahne flattert uns voran" anstimmen, verspüren auch jüngere Zuschauer eine Gänsehaut. Das berauschende Gefühl, als zukünftige Elite eine erstklassige Ausbildung genießen zu dürfen, gemeinsam stark zu sein, für eine "neue Welt" einzustehen, hat der 31jährige greifbar gemacht. Doch das hat ihm auch gleich Ärger eingebracht. Denn kritische Stimmen behaupten, er würde Teile des NS-Systems glorifizieren. ",Napola' kommt in ihrem Bemühen, sich von ihrem Gegenstand zu distanzieren, zuweilen bedenklich nahe daran, sich mit ihm gemein zu machen", kritisierte unter anderem die Welt. Auch erinnerten die Bilder von schönen jungen sportlichen Männern an die Filme der Riefenstahl. Viele Ex-Napola-Schüler wiederum verweigern sich dem Film, da er "ihre" Schule in ein schlechtes Licht rücke, es so militärisch und hierarchisch wie im Film nie gewesen sei.

Allein diese Debatte zeigt, wie sehr man in Deutschland in Sachen Auseinandersetzung mit der nahen Vergangenheit offenbar immer noch am Anfang steht. Um zu zeigen, wie die Kinder und Jugendlichen letztendlich auch verführt wurden, muß man zeigen, mit welchen Mitteln das geschah, Mitteln, die auch heute noch greifen. Nicht umsonst verweist der Filmemacher darauf, daß mit Versprechungen von gesellschaftlichem Aufstieg und glänzender Karriere noch heute von Elite-Schulen geworben wird.

"Ich habe mich fünf Jahre mit deutscher Geschichte auseinandergesetzt und war immer fassungslos angesichts der Opferbereitschaft der deutschen Jugend. Jetzt weiß ich, warum", soll ein 23jähriger Student aus Prag nach der Premiere zu Dennis Gansel gesagt haben. Und um solche Erkenntnisse ging es dem Regisseur erklärtermaßen auch. Er wollte die Generation von damals nicht von oben herab verurteilen, sondern ihre Erfahrungen verständlich machen. Kommentare wie in der Süddeutschen: "Allenfalls verstrickten sich die Helden schuldlos in Schuld. Wie in der griechischen Tragödie. So kann man zwar Geschichte erzählen, aber nicht aufarbeiten", zeigen, daß man den Zuschauern offenbar keine eigenen Schlüsse zutraut. Daß der Film fast schon zu schöne Bilder hat, manche Aspekte auch nur sehr flüchtig abhakt, anderes zu pathetisch sieht, aus dramaturgischen Gründen einiges auch zu sehr zuspitzt, zerstört nicht die Gesamtaussage, schließlich ist der Regisseur Dramaturg und Unterhaltungsmacher, kein Dokumentarfilmer. Gansel will Geschichte erzählen. Sie zu verstehen und zu bewerten, überläßt er seinem Publikum. n

 Polarisierend: Der vergangene Woche in den Kinos angelaufene Film "Napola - Elite für den Führer" fand in den deutschen Medien schon aufgrund seines Themas viel Beachtung. Zahlreiche ehemalige Napola-Schüler boykottieren allerdings den Film, da der gezeigte Drill und die unmenschliche Trainingsmethoden so nie staatgefunden hätten und ihre Schule in ein schlechtes Licht rückten. Fotos (2): Constantin-Film


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