Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 3 vom 22. Januar 2005
Schwer erziehbare Politiker Überraschend sind die Zahlen nicht. Alle paar Monate werfen die Umfrage-Institute neue Befunde zum Geburtendefizit in Deutschland auf den Markt, und sie unterscheiden sich nur wenig in der Gewichtung. Die Politik pickt sich dann das heraus, was sie nach der gerade vorherrschenden Meinung gebrauchen kann. So werden in der Forsa-Umfrage vom vergangenen Dienstag sowie in einem Zahlenwerk von Allensbach von vor ein paar Monaten die finanziellen Belastungen mit als stärkstes Motiv für die Kinderlosigkeit angegeben, aber die Politik meint, solche Fakten sind Nebensache, nur eine dichtere Betreuungsstruktur würde Abhilfe schaffen und Kindersegen bringen. Man braucht natürlich beides, Geld und Betreuung. Im Osten haben wir eine flächendeckende Betreuungsstruktur und dennoch eine Geburtenquote, die noch unter dem mageren Gesamtdurchschnitt liegt. In West und Ost herrscht Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, und daß den Familien Geld fehlt, schlägt sich seit Jahren in sämtlichen Armutsberichten nieder. Aber das erklärt nicht alles. Seit 1972 schon liegt die Geburtenrate unter jener der bittersten Kriegsjahre 1917/18 und 1945. Die Deutschen sind kinderentwöhnt, viele haben vergessen oder noch nie erlebt, wie das Herz aufgeht, wenn ein Baby lacht. Die Fixierung auf den Wiederaufbau des Landes, auf die Sicherung des Wohlstands und auf die eigene Karriere haben das Urmenschliche, die Sehnsucht nach Glück und Liebe, verdrängt. Viele junge Leute wurden so beziehungsunfähig. 44 Prozent der Kinderlosen fehle "der richtige Partner", sagen sie. Aber den Prinzen und die Prinzessin gibt es nicht, Liebe heißt auch immer ein Stück selbstlose Hingabe. "Kinder sind sichtbar gewordene Liebe", schrieb der deutsche Frühromantiker Novalis. Das ist die Tragik, die in den demoskopischen Zahlen verborgen liegt: Zu viele Deutsche trauen sich das Glück nicht mehr zu. Es ist eine persönliche Tragik mit gesellschaftlicher Sprengkraft. Die 44 Prozent sind die Frucht einer Politik, die die Mutterschaft konsequent vernachlässigt und als Heimchen am Herd verunglimpft hat. Es hat an warnenden Stimmen gerade in Deutschland nicht gefehlt. Christa Meves zum Beispiel zieht seit mehr als 30 Jahren durch die Lande, viele Bindungs- und Hirnforscher haben sie und ihre Arbeiten inzwischen bestätigt. Wer auf sie gehört und ihre Bücher gelesen und versucht hat, ihre Ratschläge umzusetzen, dessen Kinder haben meist jene emotionale Kompetenz, diese Beziehungsfähigkeit, die bald der Hälfte der jungen Deutschen abgeht. Diese Kinder indes, mittlerweile selbst im elternfähigen Alter, haben es schwer, einen Partner fürs Leben zu finden. Es müßte nämlich jemand sein, der mit einem entschiedenen ja auf Fragen antwortet wie: Sind Sie bereit, Ihrem Ehepartner auch dann (lebenslang) Unterhalt zu gewähren und die Treue zu wahren, wenn er/sie schwer krank geworden ist oder wenn er/sie untreu war? Sind Sie bereit, Ihr Einkommen durch 3, 4, 5 oder mehr zu teilen, um für mehrere Kinder ordentlich zu sorgen, und dann auch noch eine deutliche Minderung Ihrer Altersvorsorge hinzunehmen? Sie sind bereit, täglich mehrere Stunden zu opfern, um als Schul-/Lehrerersatz die Hausaufgaben ihrer Kinder zu betreuen? Sind Sie bereit, die versteckte Kinderfeindlichkeit der Gesellschaft und die Heuchelei der Politik zu ertragen? Man könnte die Liste leicht verlängern. Wer auf solche Fragen mit ja antwortet, der liebt. Die Liebe ist es, die trägt und erträgt. Die Politik macht es den Menschen
nicht leicht. Im Gegenteil, die derzeitige Familienpolitik aller Parteien, auch
der Union, verhindert die Leistungsgerechtigkeit für Familien. Viele Frauen
müssen einer außerhäuslichen Erwerbsarbeit nachgehen, damit die Familie
finanziell über die Runden kommt. Sie sind doppelt belastet und leisten die
Arbeit für einen Beruf, den wichtigeren Beruf als Hausfrau und Mutter, nahezu
umsonst. Ihnen fehlt die echte Wahlfreiheit für Frauen. Viele würden lieber
mehr Zeit mit den Kindern verbringen und so auch besser erziehen können.
Politik und Wirtschaft gönnen es ihnen nicht. So aber können junge Leute kaum
ihren stillen, unterdrückten Herzenswunsch (mehr als 80 Prozent der jungen
Leute geben in fast allen Umfragen der letzten Jahre eine treue Partnerschaft
und ein Familienleben mit Kindern als erste Lebensziele an) erfüllen. "Mehr
Kinder, mehr Leben" heißt die Studie. Rousseau meinte einmal, "viele Kinder
haben schwer erziehbare Eltern". Heute muß man konstatieren: Die Deutschen
haben schwer erziehbare Politiker. Mit ihnen wird es weder mehr Kinder noch mehr
Lebensperspektive geben.
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