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22.01.05 / Bloß nicht verständlich ausdrücken / Amüsanter "Ratgeber" wie man Phrasen und leidlich eloquente Manager übersteht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 3 vom 22. Januar 2005

Bloß nicht verständlich ausdrücken
Amüsanter "Ratgeber" wie man Phrasen und leidlich eloquente Manager übersteht

Die klassischen Ratgeber für Managementfragen sind in der Regel genauso langweilig und peinlich wie das öffentliche Gebaren einiger Spitzenmanager. Die Medienexperten Reiner Neumann und Alexander Ross haben das begriffen und ein Buch vorgelegt, daß nicht besserwisserisch beschreibt, wie man in zehn Schritten ein toller Manager oder in fünf Übungen vor dem Spiegel ein begnadeter Redner werden kann. In dem Band "Der perfekte Auftritt - Erste Hilfe für Manager in der Öffentlichkeit" zeigen die Autoren anhand einer Fülle von Beispielen, was besser unterbleiben sollte. Ketzerisch titeln sie ein Kapitel mit "Haben Sie PowerPoint oder was zu sagen?" und treffen damit den Nagel auf den Kopf. "Ob im Unternehmen oder als Kanzler: Wer besser reden kann, hat oft mehr Chancen." In der Wirtschaft bemüht man sich wenig um Originalität und eigene Gedanken. Entsprechend ist auch Eloquenz bei Managern eher Mangelware. Die sprachliche Armut und Verstümmelung der Vorträge wird nur notdürftig mit den Schablonen des eigenen Computers kompensiert. Bei Vorträgen schauen die Führungskräfte von Konzernen permanent auf die Leinwand und versuchen, die eigenen kunstvollen Kreationen krampfhaft zu interpretieren. Das rettende Ufer ist dann meist die Kaffeepause, wenn nicht vorher schon ein unbezwingbares Bedürfnis obsiegt - der Schlaf!

Genauso nervig sind aber verquollene, gedrechselte und technokratische Reden, die im üblen Nominalstil vorgetragen werden. Die Autoren zitieren als abschreckendes Beispiel Metro-Chef Körber: "In diesem Zusammenhang wurden die Handelsgeschäfte Adler-Modemärkte, Reno-Schuhmärkte, die Beteiligungen an Vobis und Maxdata sowie das Fertighausgeschäft in eine neue, transparent strukturierte Verwertungsgesellschaft mit dem Namen Divaco neu eingebracht." Wo war jetzt noch mal das Verb? Klarheit und Verständlichkeit waren vielleicht aber auch gar nicht beabsichtigt, wenn man auf den "Erfolg" der Metro-Verwertungsgesellschaft zurückblickt.

Das zur Phrasenvermeidung entwickelte Computerprogramm "bullfighter" sollten Firmen jedoch nicht ohne ärztliche Kontrolle einführen, denn ohne Phrasen stürzt der eine oder andere Manager in depressive Sinnkrisen und kann nur schwerlich seine Tagessätze von 4.000 Euro rechtfertigen.

Für die zahllosen grauen Techno-Manager ist das Opus von Neumann und Ross keine einfache Kost und ohne psychologische Betreuung nicht zu konsumieren. Für spaßige Zeitgenossen lohnt sich die Lektüre und sorgt für Ablenkung, wenn man in langweiligen Besprechungen sitzt, verstaubte Seminare besuchen oder überteuerte Kongresse überstehen muß. Wer dann noch die Phrasendreschtabelle auf Seite 87 auswendig lernt, kann auch die kostspieligsten Exkursionen zu zweitägigen Managementtagungen für schlappe 2.995 Euro exklusive Übernachtungskosten rechtfertigen - wenn der Vorgesetzte mal nachfragen sollte. Gunnar Sohn

Reiner Neumann, Alexander Ross: "Der perfekte Auftritt - Erste Hilfe für Manager in der Öffentlichkeit", Murmann Verlag, Hamburg 2004, 214 Seiten, 22 Euro


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