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29.01.05 / Die größte Schiffskatastrophe der Geschichte / Vor 60 Jahren kostete die Versenkung der "Wilhelm Gustloff" fast 10.000 Menschen - überwiegend Zivilisten - das Leben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 4 vom 29. Januar 2005

Die größte Schiffskatastrophe der Geschichte
Vor 60 Jahren kostete die Versenkung der "Wilhelm Gustloff" fast 10.000 Menschen - überwiegend Zivilisten - das Leben

Versöhnung braucht Offenheit. Vertreibung ist eine historische Hypothek. Wer sie verdrängt, wird von ihrem Schatten weiter bedrängt", postuliert Guido Knopp völlig zu recht. Gerne wird in der Bundesrepublik mit der Singularität argumentiert, um Verbrechen und deren Opfer zu klassifizieren. Eine Vertreibung von 17 Millionen Menschen, die über drei Millionen Opfern abgesehen von der Heimat das Leben gekostet hat, dürfte in der Menschheitsgeschichte einmalig, sprich singulär, sein. Auch insofern ist es der Deutschen und auch des Auslands Pflicht, wie den nationalsozialistischen auch den alliierten Völkermord und dessen Opfer dem Vergessen zu entreißen und dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit zu erhalten.

Von den 33.000 Flüchtlingen, Soldaten und Marineangehörige, die bei der Evakuierung über die Ostsee ums Leben kamen, fiel jeder dritte bis vierte der Versenkung der "Wilhelm Gustloff" vor 60 Jahren zum Opfer.

Das spätere Unglücksschiff lag ab 1940 am Kai von Gotenhafen-Oxhöft, wo es der 2. Unterseebootslehrdivision (2. ULD) als Wohn- und Unterrichtsschiff diente. Am 21. Januar 1945 erteilte das Oberkommando der Kriegsmarine unter Großadmiral Karl Dönitz der Lehrdivision den Befehl, sich unter Mitnahme der in Gotenhafen stationierten Marinehelferinnen und möglichst vieler Flüchtlinge mit ihrer "schwimmenden Kaserne" vor der vorrückenden Roten Armee Richtung Westen abzusetzen.

Am 30. Januar gegen Mittag legte das für 1.500 Passagiere ausgelegte 208,5 Meter lange und 56 Meter hohe frühere Kreuzfahrtschiff mit über 10.000 Menschen an Bord ab. Obwohl wegen widriger Umstände nur das kleine Torpedoboot "Löwe" der "Gustloff" auf ihrer Fahrt durch die tobende See Begleitschutz leistete, traf die Schiffsführung einige Entscheidungen, die der russischen U-Bootwaffe einen Angriff erleichterten. Der Kapitän Friedrich Petersen setzte die Benutzung des zwar minengeräumten aber uferfernen "Zwangsweges 58" gegen seinen Ersten Offizier Louis Reese durch, der den Küstenweg favorisierte. Auch gegen Korvettenkapitän Wilhelm Zahn von der Lehrdivision, der als militärischer Transportleiter fungierte, setzte der Handelsschiffskapitän sich durch. Während Zahn mit seiner U-Booterfahrung sich für mindestens 15 Seemeilen Geschwindigkeit einsetzte, wollten Petersen und Reese ihrem durch einen nie vollständig behobenen Bombentreffer lädierten Schiff nicht mehr als zwölf Meilen zumuten. Schließlich setzte die "Wilhelm Gustloff" auch noch Positionslichter in der Annahme, ein aus mehreren Fahrzeugen bestehender Minensuchverband käme ihnen in geöffneter Formation entgegen.

Um 21.15 Uhr trafen die "Gustloff" drei Torpedos eines Fächers des sowjetischen U-Bootes S 13. Der erste schlug im Vorschiff ein und traf den Wohntrakt der Stammbesatzung, die damit für die anschließenden Rettungsarbeiten weitgehend ausfiel. Der zweite detonierte knapp unterhalb des wasserlosen Schwimmbeckens, das voller Marinehelferinnen war. Der dritte lag mittschiffs in der Nähe des Maschinenraums und riß die Bordwand bis zur Reling auf. Das Schiff war damit rettungslos verloren. Minute um Minute sackte der Bug, bis das Heck sich mit einem gewaltigen Ruck in die Höhe hob und ziemlich genau eine Stunde nach der Torpedierung das Schiff mit dem Vorschiff voran in den Fluten versank.

Von den Rettungsmöglichkeiten für 5.000 Menschen stand nur ein Teil zur Verfügung. So war ein Großteil der Flöße an Deck festgefroren; die Verankerungen der Rettungsboote waren von einer zentimeterdicken

Eisschicht überzogen; und keines der Boote war ausgeschwungen, wie es die entsprechenden Richtlinien für derartige Fahrten vorsahen. Die nach wie vor bestehende Gefährdung durch U-Boote hinderte andere deutsche Schiffe daran, in dem Maße Hilfe zu leisten, wie dieses in Friedenszeiten möglich gewesen wäre. Die Kälte der Ostsee tat das Ihrige, um das von Menschenhand ausgelöste Unglück zur größten Schiffskatastrophe der Geschichte werden zu lassen. Nur 1.239 Überlebenden stehen 9.343 Todesopfer gegenüber. Manuel Ruoff

"Wilhelm Gustloff": Der Stolz der "Kraft durch Freude"-Flotte Foto: Archiv


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