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12.02.05 / Bärenstein wurde Bernstein / In einem ehemaligen Kloster sind jetzt Ferienwohnungen untergebracht

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. Februar 2005

Bärenstein wurde Bernstein
In einem ehemaligen Kloster sind jetzt Ferienwohnungen untergebracht

Es ist 10 Uhr morgens, Dieter Kewitz steckt seit drei Stunden im blauen Drillich, hat auf Feld und Hof gewerkelt und freut sich auf sein zweites Frühstück. Gäste auf der Suche nach dem Eingang zur vermeintlichen Klosterkirche stören da eher. Dennoch nimmt er sich Zeit für ein kurzes Gespräch, erzählt, wie sein Vater Emil Kewitz 1951 die Staatsdomäne Bernstein pachtete, die seit 1976 Eigentum der Familie ist. "Mein Vater kam aus Sensburg, es gefiel ihm hier im abgelegenen, stillen württembergischen Seitental der Stunzach und der Name ,Bernstein' stimmte auch."

Als sich der Besucher als Ostpreuße zu erkennen gibt, wird aus dem Plausch eine längere Besichtigung vom einstigen Kloster der Tertiaren, Laienbrüdern der Franziskaner, und dem heutigen Ferienhof mit 14 Zimmern.

Die Geschichte vom Kloster zum Hof ist lang. Im Jahre 1361 erhielten, wie die heute im Staatsarchiv Stuttgart liegenden und noch immer nicht ganz ausgewerteten Akten bezeugen, die geistlichen Brüder Ulin, Applin und andere den Besitz Bernstein. Er war vielleicht ein Lehen des Klosters Reichenau. 1503 traten die Mönche dem Franziskanerorden bei, führten, wie damals nicht unüblich, bald darauf zeitweise ein liederliches Leben und mußten im Dreißigjährigen Krieg fliehen. Das Kloster wurde wiederholt geplündert. All das wird 1709 vom Klosterchronisten Paul Lobmiller getreu und zuverlässig geschildert. 1729 kam es dann zum heutigen spätbarocken Neubau des Klosters, das 1806 säkularisiert wurde.

Wie es dann mit Gut und Staatsdomäne weiterging, berichten kleine Broschüren, die von der Familie Kewitz zusammengestellt und als Werbung für ihre Pension ausliegen oder verschickt werden. Manchmal wurden aus zwei Wohnzellen eine, um Platz für eine Naßzelle zu schaffen. Es ist auch noch einiges zu tun. Vortragsräume wurden mit Parkettboden ausgelegt, gemütliche Ecken geschaffen.

Für die nächsten zwei Jahre ist man ausgebucht von Gruppen wie etwa anthroposophischen Zahnärzten oder Yogafreunden. Aber auch Einzelgäste haben eine Chance. Ostpreußische Gastfreundschaft wird auch hier großgeschrieben. Wiederholt heißt es beim Durchwandern der langen Flure: "Hier wohnen dann unsere Freunde und die unserer erwachsenen drei Kinder." Alle haben sie mit Landwirtschaft zu tun. Die Älteste, Spezialistin für Bullenzucht, soll das Anwesen später einmal übernehmen. Der Zweite hat eine eigene Pension auf der Insel Rügen und der Dritte ist Landmaschinenbauer.

Oben im ersten Stock hängen alte und neugebrannte Wappenziegel. Wappentier ist der Bär, ein Hinweis darauf, daß irgendwann aus Bärenstein Bernstein wurde. Im Dritten Reich diente das Haus als "Landjahrlager für Knaben", bis 1946 mit Hilfe der französischen Militärregierung für wenige Jahre eine Kunstschule gegründet wurde, deren Teilnehmer unter anderem die Stadtkirche von Freudenstadt ausmalten. Ausstellungen in der einstigen Klosterkirche von Bernstein setzen, wie Dieter Kewitz erzählt, die künstlerische Tradition fort. Im übrigen erinnert eine Tafel an der Außenwand des Klosters an die Kunstschule Bernstein. Auch Konzerte gibt es gelegentlich in der Kapelle. Seit 1977 ist Bernstein sogar ein eingetragenes Kulturdenkmal. Die Hausgäste leben von den Erzeugnissen des Hofes. "Wir sind autark", erzählt sein Besitzer stolz. "Zwei Kilometer von hier haben wir auch einen eigenen Brunnen." Zu den 82 Hektar Land kommen 200 Kühe, 80 Bullen, Gänse und anderes Kleinvieh. Der romantische Klostergarten lädt zum Verweilen ein.

Die Familie Kewitz ist überzeugt protestantisch und setzt auch damit ostpreußische Tradition fort. Auf dem Schreibtisch der Hausherrin steht ein großes Kreuz, evangelische Zeitschriften liegen aus. Natürlich waren die Kewitz einige Male in Ostpreußen. "Eigentlich", sagt er lachend, "ist meine Frau Berta, die Schwäbin, eine Ostpreußin geworden und ich bin der sparsame Schwabe." Grund dazu hat er. An einem alten Anwesen muß schließlich ständig repariert werden. Derzeit bereitet das Portal Sorgen: Am Treppenaufgang war kein sachverständiger Handwerker am Werk.

Bernstein liegt zwischen Schwäbischer Alb und Schwarzwald, nah der Autobahn Stuttgart-Singen Ausfahrt Sulz. Telefon (0 74 54) 83 14, Fax (9 80 50 70).  Norbert Matern

Ruhiger Urlaubsort: Altes Kloster unter neuer Regie (Dieter Kewitz, links, mit einem Besucher) Fotos (2): Matern


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