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26.02.05 / "Vier Räume sind zu wenig" / Der Russe Juri Userzow betreibt in Breitenstein ein Ostpreußen-Museum

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. Februar 2005

"Vier Räume sind zu wenig"
Der Russe Juri Userzow betreibt in Breitenstein ein Ostpreußen-Museum

In Breitenstein (Kraupischken), einem Ort zwischen Insterburg und Ragnit, ist Juri Userzow Direktor an einer Schule mit über 180 Schülern und 25 Lehrern. Vier Räume seiner Schule hat er zu einem Museum ausgestaltet, das er ehrenamtlich leitet. "Es ist das erste und einzige Ostpreußen-Museum auf russischem Gebiet", sagt Juri Userzow mit erfrischend natürlichem Stolz und heißt seine Gäste herzlich willkommen. Noch ehe sie über die erste Schwelle seines Museums treten, reicht er ihnen - nein, keinen Wodka - einen Bärenfang! Temperamentvoll erzählt er, daß er bereits 1981, als gut 30jähriger, begonnen habe, Bilder, Dokumente, Möbel, Fundstücke zusammenzutragen. Und so gehen dem Besucher dann auch die Augen über und das Herz wird weit: Juri Userzow hat auf ostpreußischem Boden bäuerliche Gerätschaften gefunden wie Butterfässer und Ackergeräte, auch Wäschemangeln und Nähmaschinen, Möbel, Glas und Porzellan und vieles andere mehr. Daneben präsentiert er Bilder, Ansichtskarten, alte Postkarten und Fotoalben, aufgezählte Namen von Vereinen, Lehrern, Pfarrern, Mitschülern etc. aus Landstrichen Nordosteuropas. "Die vier Räume sind zu wenig", sagt Userzow. "Ich habe Ausstellungsstücke für mindestens acht Räume." Eine besondere Rarität dürfte übrigens ein altes, in Leder gebundenes Gesangbuch in deutscher und litauischer Sprache sein. Leider fehlen die ersten Seiten, ohne die Verlag und Erscheinungsjahr nicht auszumachen sind. In zahlreichen Ordnern hat Juri Userzow Erinnerungen von Ostpreußen, die ihre Heimat verlassen mußten, abgeheftet. Mit besonderer Leidenschaft sammelt er Familiengeschichten mit Fotos und Bildern der Menschen aus diesem schönen Landstrich, wie er sagt, der es ihm angetan hat und dessen Geschichte er von A bis Z kennt. Man möchte es ihm glauben, daß er sich selbst als Ostpreuße fühlt und daß er darum Erinnerungen an die alten Ortschaften, die verschwunden sind, retten möchte, auch für seine Schüler, die nicht wußten, daß hier einmal Deutsche lebten.

Seine Aufbauarbeit war nicht immer leicht bei der damaligen kommunistischen Regierung. So beherbergt das Ostpreußen-Museum dann in einem Raum auch typisch russische Materialien, die sich in das Gesamtbild einordnen. Manchem kommen die Tränen, wenn Fundstücke wie russische und deutsche Soldatenhelme, die gleichermaßen Durchschüsse zeigen, nebeneinander aufgereiht sind. Den Tränen nahe sind oft auch Besucher aus der Bundesrepublik Deutschland, die in Juris Archiv Bilder aus ihrem nicht mehr existierenden Dorf entdecken oder sogar, und das ist bereits häufig vorgekommen, Freunde oder Bekannte wiedergefunden haben. Der Museumsdirektor ist stolz und glück-

lich, wenn ihm solches gelingt. Er ist ein Menschenfreund und drückt das so aus: "Wir wollen alle zusammen unter unserem gemeinsamen blauen Himmel friedlich leben." Seine Bitte: "Ich möchte, daß Ihre Lebensgeschichte mit Fotos und Bildern von Ihnen und Ihren Familien lebendig bleibt. Damit beschäftigt sich unser Museum. Wenn Sie kommen, bringen Sie alte Fotos, Dokumente, Ansichtskarten und anderes (Kopien oder Originale) mit oder schicken Sie die Unterlagen direkt an mich: Juri Userzow, 238710 Uljanowo Neman Kreis, Königsberger Gebiet, Russische Föderation, Telefon Schule 8 / 2 82 / 2 / 53 / 58, Telefon privat 8 / 2 62 / 2 / 53 / 29.

Und noch ein Wort zu der Ausnahmepersönlichkeit Userzow: Nicht nur, daß er sich seinem ostpreußischen Heimatmuseum widmet, auch der große Schulgarten in Breitenstein ist ein Vorzeigeobjekt. Juri Userzow hat dort ein Biotop angelegt, das von Blumenrabatten und Obstbäumen umgeben ist. An Schulen hüben wie drüben durchaus nicht üblich! Anita Motzkus

Inmitten seiner Exponate: Juri Usetzow Foto: Motzkus


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