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26.02.05 / Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt / Höhen und Tiefen der Schleswig-Holstein-Wahl

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. Februar 2005

Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt / Höhen und Tiefen der Schleswig-Holstein-Wahl
von Hans-Jürgen Mahlitz

Das war ein Fernsehabend, wie ihn Deutschland schon lange nicht mehr erlebt hat. Und dies, obwohl kein Kommissar für Spannung sorgte, kein Schiedsrichter das staunende Publikum mit überraschenden Pfiffen erregte, kein Gottschalk zweit- bis drittklassigen Popstars die letzten Geheimnisse des Lebens entlockte. Nein, diesmal führte das abendfüllende Programm den nicht allzu aufregenden Titel "Landtagswahl". Die Regie hatten die Wähler in Deutschlands nördlichstem Bundesland übernommen, und noch nach Tagen wurde in der ganzen Republik aufs Heftigste diskutiert, ob sie ihre Sache gut gemacht haben.

Sicher, für Spannung war gesorgt, aber hat man auch bedacht, daß dieses Stück noch fünf Jahre weiterläuft? Erst die Zukunft wird erweisen, ob es wirklich ein starkes Stück war - oder nur ein "starkes Stück".

Die Darsteller auf der Bühne (beziehungsweise der Mattscheibe) jedenfalls haben ihre Sache gut gemacht. Zum Beispiel der zeitweilige Beinahe-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen: Er gab den Part "zu früh gefreut", ein klassisches Element der Theaterliteratur, das der CDU-Spitzenmann dank sympathischer Zurückhaltung in der ersten Phase überzeugend bewältigte.

Darstellerisch glänzend auch die Besetzung der weiblichen Hauptrolle: Frau Simonis, deren Vornamen angeblich zum Verwechseln ähnlich mit dem Porgramm ihrer Partei sein soll, spielte alle Facetten des Bühnenfachs "Himmelhochjauchzend - zu Tode betrübt" aus, wobei der besondere Reiz in der umgekehrten Reihenfolge lag (allerdings nur aus rot-grüner Sicht).

Großes Polit-Theater bot diesmal auch die Quotenkönigin der Polit-Plauderei, Sabine Christiansen, die am Abend der Schleswig-Holstein-Wahl eine erlesene Darstellertruppe um sich versammelt hatte. In jedem Sinne formatfüllend die grüne Unterhaltungskünstlerin Claudia Roth: Nach der bewährten Devise "Ich lasse mir doch von Fakten (sprich Wahlergebnissen) meine Meinung nicht kaputtmachen!" legte sie los: "Wir haben unser Ziel erreicht." - "Wir haben nicht verloren." - "Ich bin sicher, daß sich die sogenannte Visa-Affäre auf unser Wahlergebnis nicht ausgewirkt hat." - "Die weltoffene Visumspolitik ist ein wichtiger Punkt im deutschen Interesse."

Das alles klang anfangs so, als habe Rot-Grün gerade einen glänzenden Wahlsieg errungen, als hätte sich gerade alles bewahrheitet, was uns die Meinungsforscher und die mehrheitlich dem linken Lager verbundenen Meinungsmacher in den letzten Tagen und Wochen weismachen wollten. Ausgerechnet einer der Meinungsmacher, der Stellvertretende Stern-Chefredakteur Hans-Ulrich Jörges, stellte jedoch klar, daß wir soeben nicht nur eine Niederlage der rot-grünen Landesregierung, sondern auch eine peinliche Schlappe der Meinungsforscher erlebt haben. Jörges weiter: "Die Visa-Affäre vergiftet nicht die Grünen, sondern die vergiftet die SPD. Denn wenn zwei Dinge zusammenkommen, Massenarbeitslosigkeit plus eine laxe Ausländerpolitik, geht das voll in die Stammwählerschaft der SPD."

Claudia Roth reagierte empfindlich auf die unerwartet heftigen Attacken des Stern-Journalisten, faselte etwas von "Kampagnen", "machtpolitischen Auseinandersetzungen" und einem ihr nicht behagenden "Niveau". Mit anderen Worten: Die Grünen dürfen zwar jeden Andersdenkenen wild beschimpfen und beleidigen, sind selber aber jeglicher Kritik entrückt.

Die grüne Vorturnerin zog nun alle Register ihres darstellerischen Könnens. Erst gab sie sich mal aggressiv, mal weinerlich, dann beleidigt, um schließlich für längere Zeit gänzlich zu verstummen und ihr Unbehagen eher mit den Mitteln der Pantomime zu bekunden.

Während also Frau Roth sich selbst in eine Statistenrolle manö-vrierte, nutzten andere die Gelegenheit zum glanzvollen Auftritt, insbesondere Christian Wulff und Wolfgang Gerhardt.

Der FDP-Fraktionschef hielt sich erst gar nicht bei den Niederungen der Landtagswahl auf, nahm sich direkt den Bundesaußenminister und (un-)heimlichen Vorsitzenden der Grünen vor ("Ich weigere mich, Ihnen [C. Roth] zuzugestehen, daß der Minister unter Artenschutz steht.") und ging noch eins weiter: "Der Bundeskanzler dürfte heute gar nicht mehr im Amt sein!"

Niedersachsens Ministerpräsident assistierte: "Die Leute wollen eine andere Wirtschaftspolitik, ein anderes Klima in diesem Land. Sie wollen, daß Deutschland es den anderen zeigt und nicht immer weiter zurückfällt." Auch das war weniger auf Wulffs nördliches Nachbar-Bundesland gemünzt, sondern auf die Republik insgesamt.

So war denn auch Kollege Jörges wohl nicht der einzige, der sich durchaus angetan zeigte von der Vorstellung, es dermaleinst (genauer: im Jahre 2010) vielleicht mit einem Kanzler Wulff und einem Außenminister Gerhard zu tun zu haben.

Den Anfragen bezüglich der K-Frage wich Wulff geschickt aus, wartete aber immerhin mit einer Neuigkeit auf: Für 2006 wird die Frage noch in diesem Jahr beantwortet.

Mit in der Christiansen-Runde auch NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück, der zwar einen netten Eindruck machte, ansonsten aber nur durch eine politische Aussage auffiel: "Dreimal im Jahr Kreuth, und Frau Merkel ist kaputt!" Mindestens einer von Steinbrücks Amtskollegen wird hier besonders aufmerksam zugehört haben.

 

Wegen einer plötzlichen Erkrankung kann Hans Heckel nicht wie an dieser Stelle gewohnt seinen Wochenrückblick schreiben. Stattdessen blicken wir zurück auf die wichtigsten Medienereignisse der letzten Tage - wobei natürlich die Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Mittelpunkt des Interesses steht.


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