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05.03.05 / VWs olivfarbene Vergangenheit / Von 1969 bis 1980 belieferte Volkswagen die Bundeswehr mit der Neuauflage des Kübelwagens, dem Kurierwagen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. März 2005

VWs olivfarbene Vergangenheit
Von 1969 bis 1980 belieferte Volkswagen die Bundeswehr mit der Neuauflage des Kübelwagens, dem Kurierwagen

Bei der Planung zur Aufstellung der Bundeswehr wurde 1954 beschlossen, einen eigenen deutschen geländegängigen Personenkraftwagen zu bauen. Bei dem anschließenden Ausschreibungsverfahren war auch Porsche mit einer sogar schwimmfähigen Weiterentwicklung des Kübelwagens lange im Rennen. Dann aber erhielt DKW mit seinem Typ F91/4-900 aus Kostengründen den Zuschlag. Doch der "Munga" war mit seinem Zweitaktmotor schon nach wenigen Jahren veraltet. Weil das trinationale Projekt für einen "Euro-Jeep" scheiterte, mußte der DKW-Munga, der von 1954 bis 1968 gebaut worden war, noch bis in die 80er Jahre hinein Militärdienst leisten.

Im Jahre 1969 - genau 30 Jahre nach der Geburt des Kübelwagens - ergriff Volkswagen die Gelegenheit, die Entwicklungslücke zu überbrücken, und überzeugte die Bundeswehr mit der Idee einer Neuauflage des Kübels, hausintern "Kurierwagen" genannt. Schließlich konnte das, was sich in sechs Jahren Krieg bewährt hatte, für die Bundeswehr nicht schlecht sein. Tatsächlich ähnelten sich Kübel- und Kurierwagen in konzeptioneller Hinsicht sehr: Der unverwüstliche Vierzylinder-Boxermotor, Hinterachsantrieb, Bodengruppe mit Zentralrohrrahmen, der markante Aufbau mit verschraubter Karosserie, vier herausnehmbare Türen, Faltverdeck, Steckfenster und die umklappbare Windschutzscheibe erinnerten beim neuen unverkennbar an den Weltkriegsveteranen.

Die VW-Ingenieure ignorierten alle Entwicklungstrends und machten mit dem VW 181 technisch eine Rolle rückwärts. Motor, Kupplung, Lenkung, Tank, Instrumente und verschiedene Einbauteile übernahmen die Ingenieure wie schon 1939 nach dem kostengünstigen Baukastenprinzip unverändert vom Käfer. Das Chassis stammte vom Karmann-Ghia, Getriebe und Hinterachse vom VW-Bus. Das wieder sehr einfach und robust gehaltene Fahrzeug hatte zunächst einen 1.584-Kubikzentimeter-Motor mit 44 PS, dessen Hubraum und Leistung 1972 auf 1.600 Kubikzentimeter und 48 PS gesteigert wurden. Gravierende technische Änderungen gab es nur 1973, als der Kübel statt des antiquierten Vorgelegegetriebes eine Mischung aus Käfer- und aktuellem Bus-Getriebe erhielt. Die alte Hinterachse wurde durch ein modernes Schräglenkersystem mit Doppelgelenkwellen ersetzt. Im selben Jahr verlegte VW die Produktion in sein Werk nach Mexiko.

Die größte Schwäche des VW 181 - militärische Bezeichnung "Pkw 0,4 t mit Spezialaufbau" - blieb trotz aller Verbesserungen seine eingeschränkte Geländegängigkeit. Allradantrieb gab es nicht, und die dürftige 165er-Bereifung mit Stollenprofil, die später auf 185 "kampfwertgesteigert" wurde, bot auf schwierigem Boden kaum ausreichenden Griff. Eine Beschleunigung von 0 auf 100 Stundenkilometer in 30 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 115 Stundenkilometer, die mit einer entsprechenden Geräuschentwicklung und heftigen Vibrationen einherging, machte den Kurierwagen auch nicht gerade zu einem befriedigenden Straßenfahrzeug. So wurde es zumindest in einer Armee im Friedensbetrieb empfunden.

Aus diesen Gründen erteilte die Bundeswehr Anfang 1976 dem VW-Konzern den Auftrag, auf der Basis des Mungas ein Nachfolgemodell zu entwickeln. Äußerlich dem DKW nachempfunden, verbarg sich unter dem einfachen Blechkleid des neuen VW 183 moderne und bewährte VW-Technik, die dem "Iltis" eine hervorragende Geländegängigkeit verlieh. Die Tage des Kurierwagens waren gezählt. 1979 gab die Bundeswehr die letzten Exemplare in Auftrag. Nachdem mit den Streitkräften der wichtigste Kunde ausgefallen war, stellte Volkswagen die Produktion des VW 181 zum Jahres-ende ein. Die letzten Exemplare wurden Anfang 1980 ausgeliefert und blieben noch bis Ende der 90er Jahre bei der Truppe.

Mit 15.275 georderten Fahrzeugen war die Bundeswehr der größte Abnehmer des VW 181. Denn als ziviles "Mehrzweckfahrzeug für Straße und Gelände" stieß der Kurierwagen wegen seines hohen Preises von anfänglich 8.500 Mark - zuletzt 14.300 Mark - auf weit weniger Interesse als in Wolfsburg erwartet. Lediglich einige Exemplare fanden ihren Weg in die Fuhrparks von Bundesgrenzschutz, Technischem Hilfswerk, Post und Feuerwehr.

In Übersee dagegen verkauften sich die modifizierten Exportversionen vergleichsweise gut. Hier wurde der VW 181 mit einem Spaß- und Freizeitimage belegt und unter phantasievollen Namen angeboten, um die Ahnherrschaft des Wehrmacht-Kübels nicht allzu deutlich hervortreten zu lassen. In Mexiko nannte er sich "Safari", eine "Strandversion" mit leichtem Sonnendach, bunten Sitzen, Trittbrettern und Chromzierrat hieß "Acapulco". In den USA war der Kübel schlicht als "The Thing" - "Das Ding" bekannt. Selbst in Indonesien wurden etliche VW 181 verkauft, mit denen noch heute für Touristen "Jeep-Touren" angeboten werden.

Hierzulande macht sich der Kurierwagen auf den Straßen mittlerweile äußerst rar. Es mögen noch etwa 2.500 Stück für den Verkehr zugelassen sein. Ehemals nicht militärisch genutzte Fahrzeuge dürften sich kaum noch darunter befinden. Selbst farbenfrohe Exemplare haben zumeist eine olive Vergangenheit. Die aber hat zumeist deutliche Spuren hinterlassen. Beschädigungen wurden beim Bund nur unzulänglich beseitigt, Beulen mit dem Hammer rausgeschlagen, Löcher in der Karosserie notdürftig verschlossen und Roststellen einfach übergepinselt. Solcherart Behandlung verringert die Lebens-

dauer eines Autos natürlich drastisch. Kurierwagen in unberührtem Originalzustand sind deshalb kaum noch zu finden. Mit einem schön restaurierten Kurierwagen findet man in der Gemeinde der Oldtimerfreunde selbst bei den Fahrern hochwertiger Klassiker ungeteilte Anerkennung. Dies gilt vor allem dann, wenn das militärische Erscheinungsbild beibehalten wird. Für einen gut erhaltenen Kurierwagen muß man mittlerweile einiges hinblättern.

Wer Zeit, Liebe und Geld in seinen Kübel steckt, wird mit einem besonderen Fahrspaß belohnt, egal ob er sein Auto originalgetreu wiederhergestellt oder in ein buntes Spaßauto verwandelt hat. Das gilt besonders im Sommer, wenn man offen fährt. Wen stören da schon die ruppigen Fahreigenschaften, der Lärm des Heckmotors, die gewöhnungsbedürftige Straßenlage oder die Tatsache, daß die Tachonadel kaum die Hundertermarke erreicht? Für Kurierwagenfahrer gilt: Der Weg ist das Ziel. Und wer kann schon von sich behaupten, daß er ein viertüriges Cabriolet fährt? Jan Heitmann

 VW Kurierwagen: Das Privatexemplar des Autors Foto: Heitmann


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