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12.03.05 / "I want my money back"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. März 2005

Gedanken zur Zeit:
"I want my money back"
von Wilfried Böhm

Hätte Deutschland einen Bundeskanzler wie die Briten einst mit Maggie Thatcher eine Premierministerin hatten, so hätte dieser längst seine Handtasche - oder besser seine Aktentasche - auf den Brüsseler Verhandlungstisch plaziert und selbstbewußt gesagt: "I want my money back."

Viele Gründe das zu tun, gab es seit langem und gibt es noch heute: Seit Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist unser Land der Hauptnettozahler in den Topf der Europäischen Gemeinschaft und späteren Europäischen Union. Das hatte in den Jahren der Teilung Deutschlands und Europas sogar seinen Sinn: Neben der militärischen Verteidigung gegen den Weltherrschaftsanspruch der hochgerüsteten, kommunistischen Sowjetunion gab es die Notwendigkeit einer sozialen Verteidigung.

In einigen westeuropäischen Staaten, nicht zuletzt in Frankreich und Italien strebten militante, starke und einflußreiche kommunistische Parteien nach Macht und Einfluß, gewissermaßen als trojanische Pferde des Weltkommunismus. Die Bundesrepublik Deutschland hatte daher das nationale Interesse, daß diese Kräfte in ihren Ländern nicht die Überhand gewannen. Es war daher geboten, diese Staaten durch Brüsseler Transferleistungen auch sozial zu stärken und widerstandsfähiger gegen die kommunistischen Propagandaverlockungen zu machen. Das heißt, nicht nur mit der Bundeswehr und der Beteiligung an der militärischen Verteidigung leistete Deutschland einen historischen Beitrag zur Sicherung der eigenen und der europäischen Freiheit, sondern auch durch seine Mitwirkung an der Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft Europas.

Die Implosion der DDR in Folge der Selbstbefreiung ihrer Bevölkerung geschah vor den Augen einer darüber erstaunten westdeutschen Öffentlichkeit, die schließlich zum größten Teil natürliche Freude über diese Wiedervereinigung empfand. Hatten doch die Westdeutschen einen gemeinsamen Staat mit den Deutschen zwischen Rügen und dem Thüringer Wald bestenfalls im Rahmen eines gesamteuropäischen Prozesses erwartet und waren eher auf eine wie auch immer geartete europäische als auf eine deutsche Einheit orientiert gewesen.

Nunmehr war eine vollständig neue Lage entstanden. Die sowjetische Bedrohung war nicht mehr gegeben, aber in der ehemaligen DDR waren die verheerenden Sozialismus-Folgen zu überwinden, die erhebliche "Sonderleistungen" aus dem Westen erforderlich machten. Nach Angaben des für den "Aufbau-Ost" zuständigen Bundesministers Stolpe waren dafür seit 1990 bis 2004 mehr als 440 Milliarden in D-Mark erforderlich.

Einerseits wurden durch den Fortfall der kommunistischen Bedrohung die Mittel für die militärische und soziale Verteidigung Europas frei, während andererseits die aus national-staatlicher Verantwortung aufzubringenden Mittel für den "Aufbau-Ost" als neue Aufgabe unabweislich wurden. In dieser neuen Situation hätte eine verantwortungsbewußte europäische und deutsche Politik die Aufgabe Deutschlands als Hauptnettozahler der EU im Interesse gesamteuropäischer Verantwortung aufheben und die überdimensionale Umverteilungsmaschinerie der EU für mindestens 15 Jahre außer Betrieb setzen müssen. Wenn jemals in der europäischen Nachkriegsgeschichte das "I want my money back" eine sachlich und moralische Grundlage gehabt hat, dann aus dem Mund eines deutschen Bundeskanzlers in dieser Schicksalsstunde europäischer Solidarität. Stattdessen wurden vom Hauptnettozahler Deutschland von 1990 bis 2003 fast 300 Milliarden in D-Mark in die Brüsseler Umverteilungsmaschinerie gezahlt - und das, wie gesagt, trotz der nationalen Aufgabe des "Aufbau-Ost". Damit trägt Deutschland unverdrossen zwei Drittel des Umverteilungsvolumens.

Ein Blick in Brüsseler Propagandadarstellungen zeigt, daß über diesen Zustand hinweggetröstet werden soll mit Feststellungen wie: "Wir sollten froh sein, den Reichtum erworben zu haben, uns das locker - ja, locker - leisten zu können" und "das Gejammere vom Zahlmeister" sei "von vorn bis hinten übertrieben". Richtig ärgerlich aber wird es, wenn Deutschland, jetzt, da 5,2 Millionen Arbeitslose die wirtschaftliche und soziale Lage des Landes widerspiegeln und eine ratlose Regierung verzweifelt Ausschau nach Spuren neuen Wirtschaftswachstums hält, kluge Ratschläge aus solchen Ländern anhören muß, die sich mit den deutschen Nettozahlungen an die EU gut eingerichtet haben. Der stolze Spanier und Ex-Ministerpräsident Aznar tat sich dabei besonders hervor, als er sagte, die Grenzen innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes seien klar gezogen. Auf der einen Seite gebe es ein Europa mit Ländern wie Spanien, die zulegten und Arbeitsplätze schafften. Und auf der anderen absteigende Staaten wie Deutschland, die in ihrer Bedeutung schrumpften und ihren Haushalt nicht in den Griff bekämen.

Wie die Tageszeitung Die Welt berechnete, wird in der Tat Spanien im Jahr 2011 Deutschland im Pro-Kopf Einkommen überholt haben. Italien könne Deutschland schon in zwei Jahren übertreffen. Bezogen auf Spanien ergebe sich der europäische Widersinn, daß Deutschland, das in den 80er Jahren noch zu den reichsten Nationen in Europa zählte, als Nettozahler dem größten Nettoempfänger Spanien den Weg zum Wohlstand finanziert und darüber selbst zum Armenhaus werde. In derselben Zeitung stellt Stefan Bergheim von der Deutschen Bank dann auch fest, daß Deutschland den Aufstieg Spaniens "sicher zu einem Teil mitfinanziert" habe. Mittelfristig, so der Experte, wäre es in der Tat sinnvoll, die Transferzahlungen Deutschlands deutlich zu reduzieren.

Fehlt nur noch ein Bundeskanzler, der bei Maggie Thatcher in die Lehre geht.


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