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26.03.05 / Neue Töne am Ku'damm / Russen in Berlin (Teil I): Geschichten und Gerüchte 

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. März 2005

Neue Töne am Ku'damm
Russen in Berlin (Teil I): Geschichten und Gerüchte 
von Markus Schleusener

Wenn Natalia Roese über ihre früheren Landsleute spricht - genauer gesagt: herzieht - dann redet sie sich richtig in Rage. "Die meisten von denen leben hier auf Staatskosten", flucht sie. "Sie haben sich für 300 Euro die Dokumente besorgt, weil sie nicht in die russische Armee wollen, und geben sich hier als geschädigte Juden aus."

Die gebürtige Ukrainerin kennt einen Landsmann, der die Deutschen wegen ihrer Naivität auslacht. "Ein Deutscher ist kein Mensch", zitiert sie ihn. Trotzdem würden Leute wie er hier Partys feiern - bis zum Abwinken.

Die damals 23jährige ist Anfang der 90er Jahre nach Deutschland gekommen. Die Germanistin war so gut in ihrem Studium, daß die Uni Regensburg sie geholt hat, um den Lehrstuhl für Slawistik aufzubauen. Kunstgeschichte hat Natalia auch noch studiert. Selbstverständlich kann sie auch noch Englisch. Und selbst lateinische Begriffe verwendet sie, als wäre Latein ihre Muttersprache. Wenn sie über den Grundsatz im Auswärtigen Amt spricht zum Beispiel. "Da gab es die Regelung in dubio pro libertate." Im Zweifel für die Freiheit. Gemeint ist die Reisefreiheit. Der Volmer-Erlaß eben, von dem alle inzwischen wissen, daß es ein Fischer-Erlaß war.

Zwischen 2000 und 2002 reisten Hunderttausende von Ukrainern und anderen Osteuropäern nach Deutschland. Jeden Tag berichtet die Presse über diesen Skandal. Aber was ist aus den vielen Osteuropäern geworden, die seit 1990 nach Deutschland gekommen sind? Leben sie wirklich alle so, wie es Natalie Roese abfällig über ihre Landsleute anmerkt?

Die Spurensuche nach dem russischen Leben in Berlin stößt als erstes auf Wladimir Kaminer und seinen Roman "Russendisko". Kaminer ist so etwas wie der ungekrönte König der Russen in Deutschland. Er gilt sogar als einer der Helden der neuen deutschen Literaturszene. Welchem Ausländer der ersten Generation aus der Türkei oder aus Schwarzafrika ist so etwas in der Vergangenheit gelungen?

Der 38jährige wohnt mit seiner russischen Frau und seinen Kindern im Prenzlauer Berg. Der studierte Dramaturg ist seit 1990 in Berlin, gehört also zu den Veteranen unter denen, die kamen, als die Sowjets gingen. Natalia ist wie Kaminer inzwischen eingebürgert. Viele der Russen seien als deutsche Aussiedler nach Deutschland gefahren, sagt sie: "Diese Aussiedler, die sagen, sie seien Deutsche, aber nicht einen Satz fertig bringen." "Die sitzen im Astoria, einem Lokal, von dem ich aber nicht weiß, wo es ist. Und dann in so einem Billardzentrum am Ku'damm", mutmaßt sie, pflegt aber selber kaum Kontakt mit ihren Ex-Landsleuten.

Dann spekuliert sie weiter: Das seien die Neureichen, die mit der Privatisierungswelle in ihrer Heimat reich geworden sind und sich mit dem vielen Geld eine neue Heimat gesucht hätten. Soviel ist klar: Es sind wirklich die reichen Russen, die im früheren West-Berlin rund um den Ku'damm sitzen.

Angeblich können ihre Frauen bei den dortigen Juwelieren bei der Einkaufstour "anschreiben" lassen. Wenn eine Russin aus dem Kempinski oder einem der anderen Nobelhotels etwas mitnehme, ohne den Kaufpreis zu entrichten, komme immer wenig später ein Leibwächter eines der russischen Mafia-Bosse, um die Schulden der "Frau vom Chef" zu begleichen. Dieses Gerücht kursiert zumindest hartnäckig. (Fortsetzung folgt)

 

"Geben sich nur als Juden aus": Slawistin Natalia Roese geht mit den Berliner Russen hart ins Gericht Foto: MS


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