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09.04.05 / "... da kommen wir nie zu Ende" / Die Fondation Beyeler zeigt in Basel eine Ausstellung zum Thema "Blumenmythos" mit Werken bedeutender Künstler

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. April 2005

"... da kommen wir nie zu Ende"
Die Fondation Beyeler zeigt in Basel eine Ausstellung zum Thema "Blumenmythos" mit Werken bedeutender Künstler

In Blumen fühlt unser Gemüt doch noch die Liebe und Einigkeit selbst allen Widerspruchs in der Welt; eine Blume recht zu betrachten, bis auf den Grund in sie hineinzugehen, da kommen wir nie zu Ende", schrieb der Maler Philipp Otto Runge einmal. Der Pommer hat sich viel mit dem Thema Blumen beschäftigt, schuf sogar zahlreiche feine Scherenschnitte von den ebenso feinen Gebilden. Durch die Jahrhunderte haben Blumen das ausgedrückt, was Worte oft nicht zu sagen vermögen - Liebe, Verehrung, Trauer, Schmerz. In allen Kulturkreisen nehmen sie eine besondere Stellung ein.

Früh schon ahnten die Menschen, daß hinter der Blume ein höheres Wesen steht, erschienen sie ihnen doch als Träger geheimer Kräfte in ihrem Wachsen, Vergehen und Wiedererstehen. Im alten Ägypten wurde die Lotosblume verehrt, war ihr doch die Göttin Rhea entsprungen. Auch die alten Griechen verehrten Blumen, verbanden sie mit Reinheit und Schönheit und mit den Göttinnen Aphrodite und Artemis. Nymphen, Begleiterinnen der Artemis, lebten dem Mythos nach in Grotten, umgeben von unberührten Blumenwiesen. Selbst in der Bibel spielen Blumen eine besondere Rolle. So nahm Jesus die Lilien auf dem Felde als Beispiel, um die Kleingläubigen von der Allmacht Gottes zu überzeugen. Früh hat sich auch die Dichtung mit der Blume beschäftigt - Eichendorff und Mörike, Goethe und Kleist, Claudius und Storm schufen ihr zu Ehren großartige Verse. Auch dem Königsberger Rudolf Borchardt ist es vortrefflich gelungen, die Verbundenheit der Menschenwelt mit der Sphäre der Blumen in seiner Dichtkunst zu zeigen: "O bleibt, Blumen und Sterne mir nah, daß ihr mir nicht im Träume zerfallt, nicht zwischen den Händen rinnt ..."

Auch die Künste wandten sich der Blume zu, nicht zuletzt auch, um Unsagbares sagbar zu machen. Mittelalterliche Künstler stellten Maria im Rosenhag dar, lange bevor man die Blume als Motiv selbst erkannte. Heilige wurden mit weißen, reinen Lilien umgeben, und sogar das Paradies erschien als duftender Blumengarten.

Auch Künstler der Moderne wandten sich dem leicht verfügbaren Motiv der Blume zu. Die Fondation Beyeler in Basel, Baselstraße 101, zeigt noch bis zum 22. Mai eine Ausstellung unter dem Titel "Blumenmythos" (montags bis sonntags 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr). Die gut 160 Werke umfassende Sonderausstellung präsentiert Arbeiten vom Impressionismus bis heute und geht der Frage nach, was passiert, wenn das meist liebliche Bild der Blumen auf die radikale Kunst der Moderne stößt. Die chronologische Anordnung erlaubt es, den Wandel durch die Jahrzehnte zu beobachten.

Blumenbilder von Vicent van Gogh, die Kunstkenner auch als verkappte Selbstbildnisse sehen, sind ebenso ausgestellt wie die Siebdruckserie "Flowers" des Pop-Art-Künstlers Andy Warhol. Aber auch Gauguin und Cézanne, Matisse, Kirchner, Nolde und Beckmann sowie Klee sind mit Werken in der Ausstellung vertreten. Von Lovis Corinth, der sich nach seinem Schlaganfall 1911 zu seinem Geburtstag immer auch einen Blumenstrauß in Öl (neben einem Selbstporträt) schenkte, sind späte Arbeiten zu sehen. Selbst Jeff Koons' kitschig anmutende, dreidimensionale Blumen findet man in Basel; wie überhaupt Skulpturen, Installationen und Videos sowie auch Fotografien (von Blossfeldt bis Mapplethorpe) die Vielfalt der Blumendarstellung in der Kunst zeigen. Silke Osman

Lovis Corinth: Kalla, Rosen und Chrysanthemen (1915), Tulpen und Mandelblüten (1923), Rittersporn (1924), Anemonen, Flieder und Kätzchen (1925) . Diese Blumenmotive des ostpreußischen Meisters zeigen deutlich die Entwicklung seiner Malweise. Fotos (4): Archiv


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