28.03.2024

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09.04.05 / Zeitung im Wandel der Zeiten - die Zeiten im Spiegel der Zeitung

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. April 2005

Zeitung im Wandel der Zeiten - die Zeiten im Spiegel der Zeitung
von Hans-Jürgen Mahlitz, Chefredakteur der PAZ

Seit nunmehr 55 Jahren begleitet diese Zeitung die Arbeit der Landsmannschaft Ostpreußen. Dies konzentrierte sich von Anfang an auf zwei Schwerpunkte: einerseits praktische Lebenshilfe für die aus ihrer Heimat Vertriebenen, andererseits offensive Darstellung politischer Positionen. Im Prinzip hat sich daran bis heute nichts geändert, trotz geändertem Erscheinungsbild, inhaltlicher Erweiterung und neuem Titel.

Auch in den 56. Jahrgang geht die Preußische Allgemeine Zeitung mit einem ausführlichen, ein Drittel des Gesamtumfangs ausmachenden Heimatteil, der weiterhin den Titel Das Ostpreußenblatt trägt. Darin berichten wir ausführlich über das Leben im heutigen dreigeteilten Ostpreußen, insbesondere über die Sorgen und Probleme der heimatverbliebenen Deutschen. Auf mehreren Seiten erfährt der Leser auch alles Wissenswerte über die vielfältigen Aktivitäten der LO-Basis, der Heimatkreisgemeinden und Landesverbände. Hier hat sich die Thematik im Detail natürlich durch den Zusammenbruch der kommunistischen Regime in Polen und der Sowjetunion und durch die schrittweise Öffnung der Grenzen spürbar gewandelt.

Eine recht interessante - und wie ich meine, höchst erfreuliche - Erfahrung konnten wir in den letzten Jahren machen: Fanden die Berichte aus der Heimat und aus der landsmannschaftlichen Arbeit früher außerhalb des Kreises der direkt Betroffenen kaum Resonanz, so hören wir heute immer öfter von Menschen, die keine persönliche Beziehung zu Ostpreußen haben, daß sie dennoch die Heimatseiten mit gleicher Aufmerksamkeit wie die politischen Seiten oder den Kulturteil lesen.

Auch die Seiten Kultur, Unterhaltung, Leben heute haben sich im Laufe der Zeiten deutlich gewandelt. Gerade in diesen Bereichen muß man auf dem Wege zu einer gesunden, ausgewogenen Mischung aus Heimatspezifischem und Allgemeinem behutsam vorgehen - wieviel "Ostpreußen" kann man den Nicht-Ostpreußen zumuten, und wieviel Nicht-Ostpreußisches den Ostpreußen?

Dies gilt letztlich auch für die Politik. Unter den Neu-Abonnenten der PAZ kritisiert mancher, die Zeitung enthalte noch zu viele Beiträge mit landsmannschaftlichem Bezug. Andere, aus dem Kreise der Alt-Abonnenten, vermissen gerade solche Themen und bekunden gelegentlich, Politik, die nichts mit Ostpreußen zu tun habe, interesse sie eigentlich gar nicht. Die Tatsache, daß beide Positionen aber immer weniger Niederschlag in den Leserbriefen finden, bestärkt die Redaktion in der Zuversicht, hier inzwischen das rechte Maß gefunden zu haben.

Ohnehin war das Ostpreußenblatt schon vor Jahrzehnten mehr als ein reines Verbandsorgan. Dies hatte von Anfang an plausible Gründe. Denn die Kernthematik - den Unrechtscharakter der gewaltsamen Vertreibung bewußt zu halten und damit auch die Forderung, die Folgen dieses Unrechts nicht einfach so hinzunehmen - weist über Verbandsinteressen im engeren Sinne hinaus. Dies über den Kreis der Erlebensgeneration und ihrer Nachkommen hinaus zu einem Thema für alle Deutschen zu machen, war und ist eine der wichtigsten Aufgaben dieser Zeitung, vom OB 1950 bis zur PAZ 2005.

Höhepunkte in der Berichterstattung bildeten immer wieder die Deutschlandtreffen der LO. Bei der ersten derartigen Veranstaltung, 1949 in Hannover, glaubten viele, dies werde wohl auch das letzte sein, da ja die Trennung von der Heimat nicht lange anhalten könne. Doch schnell schwand die Hoffnung auf baldige Rückkehr, wurden die Enttäuschungen bitterer. Die Vertriebenen mußten erkennen, daß außer ihnen selbst sich kaum noch jemand für ihr Schicksal interessierte. Auch wenn das jeweilige Motto von Deutschlandtreffen zu Deutschlandtreffen signalisierte, daß die Forderungen wieder ein Stückchen "bescheidener" geworden waren, so wurde dies von der Politik nicht honoriert, im Gegenteil. Über immer schwächere und unverbindlichere Sonntagsreden wurde jetzt ein Tiefpunkt erreicht, an dem die Heimatvertriebenen sich vom Bundeskanzler öffentlich als "Randgruppe" verhöhnen lassen müssen.

Aber sie sind noch da, zum Leidwesen vieler Politiker in allen Parteien. Sie melden sich weiterhin zu Wort, und diese Zeitung ist und bleibt ihre Stimme. Der vor zwei Jahren vollzogene Wechsel vom OB zur PAZ signalisiert, wie stark die Kernanliegen der LO als Herausgeberin heute eingebettet sind in eine viel breitere Thematik: das Streben nach Wiederbelebung jenes preußischen Geistes, der Deutschland und seinen Nachbarn stets gut bekommen ist, solange er im Sinne Immanuel Kants mit Verantwortungsbewußtsein, Gemeinsinn und dem Gespür für das rechte Maß praktiziert wurde.

Die nunmehr 55 Jahre alte Zeitung der Ostpreußen, sie hat sich im Wandel der Zeiten auch selber wandeln müssen. Sie war aber - dafür verbürge ich mich genauso wie alle meine Vorgänger im Amt des Chefredakteurs - immer bestrebt, in den Kernfragen sich selber treu zu bleiben. Sie war von Anfang an, lange bevor sie sich Preußische Allgemeine Zeitung nannte, den preußischen Tugenden verpflichtet. Und ihr wird auch als "Allgemeine Wochenzeitung für Deutschland" Ostpreußen in besonderem Maße am Herzen liegen - seine stolze Geschichte, seine schmerzlich verwundete Gegenwart, seine ungewisse Zukunft. Man sagt ja: die Hoffnung stirbt zuletzt - noch lebt sie, nicht zuletzt auf den Seiten dieser Zeitung.

Deutschlandtreffen im Wandel der Zeit: Am 21. und 22. Mai ist in Berlin wieder ein Deutschlandtreffen der Ostpreußen. Foto: PAZ


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