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16.04.05 / Ohne Staatssymbole nicht zukunftsfähig

© Preußische Allgemeine Zeitung / 16. April 2005

Gedanken zur Zeit:
Ohne Staatssymbole nicht zukunftsfähig
von Gottfried Loeck

Auf die Idee, den überschuldeten französischen Staatshaushalt durch die Abschaffung des Nationalfeiertags zu sanieren, käme vermutlich kein Franzose. Würde dennoch ein französischer Finanzminister mit Engelszungen dafür werben und behaupten, nur so die europäischen Stabilitätskriterien erfüllen zu können, man hätte ihn wohl ausgelacht oder für verrückt erklärt. Vergleichbaren Widerstand hätte man sicherlich auch in Polen erfahren, wo man mit wenigstens zwei Nationalfeiertagen und einem Höchstmaß an katholischen Feiertagen deutlich mehr "freimacht" als in Deutschland. Trotz eines noch maroderen Staatshaushalts wäre es selbst einem polnischen Finanzminister nie eingefallen, allein aus fiskalischen Gründen an nationalen Heiligtümern zu rühren. Nur für eine Regierung ohne Bindung an die Nation wird selbst der Nationalfeiertag zur beliebigen Manövriermasse.

Da solche Ideen normalerweise vorher im Kabinett abgesegnet worden sind, Finanzminister Eichel nur die Rolle des Minenhunds zukommt, bemerkt selbst der müdeste Bundesbürger, welchen Stellenwert die rot-grünen Eliten der Einheit zubilligen. Schon die Vorstellung der Idee dürfte nicht nur bei unseren ausnahmslos national geprägten Nachbarn die Frage aufwerfen, ob die derzeitigen Machtinhaber "noch alle Tassen im Schrank haben". Vermutlich müßte man lange auf diesem Globus nach einem zweiten Staat suchen, dessen Regierung zur Schuldentilgung gleiches empfiehlt. Doch unsere Führungsriege will auffallen um jeden Preis und ungeliebte nationale Symbole durch gewinnbringenden Arbeitseinsatz ersetzen.

Nachdem man einst großspurig die Welt beherrschen wollte, ist jetzt ewiger Kriechgang angesagt. Viele Bundesbürger empfinden es durchaus als Fortschritt, daß unser Nationalfeiertag seit dem Krieg nicht mehr mit schwülstigem Pathos, militärischen Aufmärschen, Waffenparaden und pseudoreligiösem Pomp begangen wird, um der Welt Überlegenheit zu demonstrieren. Im nationalen Gedenken an bemerkenswerte Ereignisse unserer jüngsten Geschichte und an ihre Opfer wirken Demonstrationen von Macht oder allgemeiner Rummel wie Hohn. Sowohl der 3. Oktober als auch sein Vorgänger, der 17. Juni, stehen für Ereignisse, die vielen derzeit Herrschenden innerlich stets fremd geblieben sind. Von Politikern, die einst alles dafür taten, die Teilung geistig zu vertiefen, kann man schlechterdings kaum erwarten, daß sie würdig den Fall der Mauer als politischen Sieg feiern.

Da das Ausrichten des Nationalfeiertages in festem Wechsel jeweils einer Landeshauptstadt der 16 Bundesländer übertragen wird, ist föderale Vielfalt und unterschiedliche Ausgestaltung gegeben. Die bei den Veranstaltungen üblichen Festreden kreisen zwischen artigem Rückblick und beschwörendem Ausblick, der wiederkehrend zu weiterer Geduld ermahnt und zusätzliche Anstrengungen des Staatsvolkes einfordert. Die Wirkung der stets wohlformulierten, international artig abgestimmten Sonntagsreden, aber auch die Aufmerksamkeit der Nation auf sie bleiben allerdings arg begrenzt. Angst geht unter den Rednern um, man könnte mit nationaler Würde und voller Stolz auf das Erreichte den politischen "Mainstream" überfordern. Vor lauter Rücksichtnahme auf die strapazierten Empfindlichkeiten unserer "Geschäftsfreunde" verpufft jeder nationale Bezug. Die spaßverwöhnten, freizeitbewußten Massen merken nur auf und besinnen sich ihres Nationalfeiertages, wenn die oft als blutleer empfundenen Rituale auf einen Sonntag verlegt würden. Wer glaubt, daß eine emotionale Bindung an diesen Staat eher aus der Gebrochenheit unserer Nation denn aus Patriotismus, Gemeinschaftsgefühl und bewährten Wertvorstellungen erwächst, wird irgendwann begreifen, daß damit dauerhaft "kein Staat" zu machen ist.

Staatssymbole gehören natürlicherweise zu jedem Staat. Während diese in allen anderen Staaten respektvoll akzeptiert werden, entzündet sich in unserem Land bereits der Streit am Text der Nationalhymne. Ob dies an dem nach 1968 anerzogenen Betroffenheitspathos liegt, nachdem alles Nationale aus dem Wortschatz verbannt wurde, oder auf die Ängstlichkeit seiner Staatsbürger zurückzuführen ist, soll hier nicht weiter untersucht werden. Die Frage, welche Werte uns Deutschen als Nation noch unantastbar sind, wagt heutzutage niemand offen zu stellen. "Mit uns" ist unter dem Eindruck einer geschredderten Geschichte über alles zu reden. Weil wir mehr als andere Völker cool, modern, weltoffen sein wollen, durch Anbiederung Zustimmung erwarten, werden Leitwerte wie Sauerbier feilgeboten. Für ein paar Zehntelprozentpunkte bei der Pflegeversicherung haben 15 von 16 Bundesländern den Buß- und Bettag mit einem Federstrich "abgeschafft" und damit lediglich der unausbleiblichen Pleite bei der Pflegeversicherung einen Aufschub gewährt. Die Erfahrungen aus der Widerstandslosigkeit der Protestanten "beim Einstampfen" des Buß- und Bettages im Hinterkopf, glaubte der Finanzminister mit der lautlosen Opferung des Nationalfeiertages beliebig fortsetzen zu können. Wer die Grundlagen unseres Gemeinwesens ausschließlich auf das Bruttosozialprodukt reduziert, sollte erkennen, daß auch die Menschen dieses Landes nicht ohne kollektive Symbolik und ohne Selbstwertgefühl zukunftsfähig sind.

Der ausschließlich materialistische Umgang der rot-grünen Genossen mit immateriellen Werten der Nation verrät nicht nur einen Mangel an selbstverständlichem Patriotismus, sondern er liefert auch den Beweis, daß der rot-grünen Bundesregierung nur noch wenig Manövriermasse verbleibt, um den materiellen Wünschen ihrer Klientel zu entsprechen, zumal mit dem Eintauschen von letzten Restbeständen nationaler Identität gegen ein Zehntelprozent des Bruttoinlandprodukts weder jetzt noch später weiteres Wachstum und vermeintlicher Wohlstand erkauft werden kann. Anstatt weiterhin wahllos auf internationalem Parkett finanziell Wohltaten zu verschleudern, Zuwanderung in die soziale Hängematte zu fördern, Bürokratie auszuweiten oder die Selbstbedienung der Mandatsträger zu begünstigen, sollten alle Vertreter des Kabinetts besser dafür Sorge tragen, daß der Stolz einer Nation auf Souveränität mittels unverhandelbarer Staatssymbole gewahrt bleibt.

Das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Deutschen zu entwickeln,Patriotismus zu wecken, war nie Ziel rot-grüner Beglückungspolitik.


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