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30.04.05 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 30. April 2005

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

Wunder geschehen bei uns immer wieder - aber auch Pannen gibt es immer wieder, an denen nicht nur der gute, alte Druckfehlerteufel schuld ist. Der hat zwar weitgehend ausgedient, aber auch die heutige Übertragungstechnik hat ihren Haken, doch die meisten Fehler basieren auf ungenauen Angaben. So muß ich doch einige Fakten richtigstellen, die mir Johann Dechant aus Schönleiten über das Auffinden von Irene Preuß, die er seit fast 60 Jahren suchte, übermittelte. Wahrscheinlich hat der alte Herr manche Informationen, die ihm telefonisch mitgeteilt wurden, nicht richtig verstanden - umgekehrt hatte auch ich bei einem Telefongespräch mit ihm etwas Schwierigkeiten mit seinem bayrischen Dialekt - jedenfalls kam jetzt ein Schreiben von dem Landsmann, der das Wiederfinden zuwege gebracht hat, mit der Bitte um folgende Richtigstellung: Sein Name ist Heinrich Schrupkowski und er wohnt nicht in Mecklenburg sondern in der Mecklenburger Straße 6 in 40822 Mettmann. Der Bruder von Irene Preuß, den er noch aus der ostpreußischen Heimat kannte, wohnt ebenfalls in Mettmann. Somit hätten wir das also richtig gestellt. Bliebe noch der Heimatort von Frau Preuß, den Her Dechant mit "Markräuten" angegeben hatte. Den fand ich nicht, hätte ich auch nicht finden können, denn der Name lautet richtig "Makrauten" und das liegt im Kreis Ortelsburg. Das vermutete jedenfalls unser Landsmann Hans-Georg Baltrusch, der ihn in Band 2 des "Amtlichen Gemeinde- und Ortsnamensverzeichnisses der Deutschen Ostgebiete unter fremder Verwaltung" entdeckte. In meinen Registern war er nicht verzeichnet. Um mich abzusichern, rief ich Herrn Schrubkowski an und siehe da: Es stimmt! So, nun ist in dieser Sache alles geklärt.

Im nächsten Fall hat sich ein Datumsfehler eingeschlichen. Da die richtige Zeitangabe aber für die erhofften Zuschriften wichtig ist, muß ich die Angelegenheit noch einmal bringen, die ich in unserer Kolumne Folge 15 im letzten Absatz behandelt habe. Frau Margarete Malchow will jetzt, wenn sie in die Heimat fährt, Blumen auf das Grab ihrer Mutter legen - aber sie weiß nicht, wo es zu finden ist. Jedenfalls in oder bei Landsberg, Kreis Pr. Eylau, denn dort wurde ihre Mutter am 11. Februar 1945 von den Russen erschossen. Es geschah in einer Schlosserei oder Schmiede nahe der katholischen Kirche, wahrscheinlich in der Töpferstraße. Die Familie Walterkewitz war dort von einer älteren Frau aufgenommen worden. Als die Russen eindrangen, weigerten sich die Frauen, mit ihnen zu gehen. So wurden Frau Walterkewitz und drei weitere junge Frauen erschossen. Der Vater wurde mit seinen beiden Töchtern im Pfarrhaus aufgenommen. Als er am nächsten Tag noch einmal in das Fluchthaus ging, waren die Toten fort. Wohin sind sie gebracht worden? Kann sich jemand von den Landsbergern oder Flüchtlingen, die sich zu jener Zeit dort aufhielten, daran erinnern? Wahrscheinlich sind die Frauen in einem Massengrab beerdigt worden, aber wo? (Margarete Malchow, Neustrelitzer Straße 14 in 18109 Rostock, Telefon 03 81 / 71 79 10.)

In der letzten Folge hatten wir Jürgen Lenzky mit einer falschen Telefonnummer angegeben. Die richtige lautet: (0 22 07) 75 85.

So, nun aber genug davon, wenden wir uns erfreulicheren Dingen zu. Sehr erfreulichen sogar, denn ich habe einen Brief von Arne Gammelgaard aus Dänemark erhalten, dem Autor des Buches "Ungeladene Gäste", in dem er die Internierung der deutschen Vertriebenen in dänischen Flüchtlingslagern behandelt. Ich habe schon berichtet, daß Ruth Henke dieses Buch gesucht und mehrere Exemplare bekommen hatte, worauf sie die überzähligen dem dänischen Autor überließ, weil er selber nur noch ein Exemplar besaß. "Herr Gammelgaard wird sich über die aus unserm Familienkreis gespendeten Bücher freuen", hatte ich geschrieben. Und wie er sich gefreut hat! Lewe Landslied, lest selber:

"... Dank Ihnen und Frau Henke bin ich nun im Besitz von fünf Exemplaren meines Buches ,Ungeladene Gäste'. Ich möchte mich bei den Lesern der PAZ, die ihre Exemplare an Frau Henke geschickt haben, herzlich bedanken. Die kleine Aktion ist erfolgreich beendet, und ich freue mich sehr darüber. Während der vergangenen 25 Jahre habe ich persönlichen Kontakt mit fast 2.000 damals in Dänemark internierten Deutschen gehabt. Nach Pasewalk, Görlitz, München, Lörrach und vielen anderen Orten bin ich gereist, um ein kurzes oder langes Gespräch zu führen. Mit Menschen, die damals über Haff und Ostsee nach Dänemark kamen. Mit vielen korrespondiere ich laufend. Gute, persönliche Bekanntschaften und mehrere Freundschaften sind entstanden. Demnächst bin ich nach Niedersachsen zum 90jährigen Geburtstag einer Ostpreußin eingeladen. Zweimal war ich schon in Ostpreußen. Es ist alles eine Erweiterung meiner Perspektive und eine Bereicherung meines Lebens geworden. Für alles bin ich sehr dankbar. Mit freundlichen Grüßen Arne Gammelgaard (Urbakkevej 14 in DK-8450 Hammel)." Wir grüßen zurück und freuen uns.

Aber nun kommt ein besonders anrührender Brief, der beweist, wie über Zeiten und Grenzen hinweg längst vergessen geglaubte Verbindungen neu geknüpft werden können: in diesem Fall zwischen Ostpreußen und ehemaligen Kriegsgefangenen. Da hatte uns ein Ben Janssens aus Belgien angeschrieben, der im Nachlaß seines Vaters John Janssens Aufzeichnungen über dessen Kriegsgefangenschaft gefunden hatte. Die führte in die Elchniederung, wo der damals 24jährige auf einem Bauernhof in Bürgerhuben zur Arbeit eingesetzt worden war. Die Verbindung zu der deutschen Familie, vor allem zu der Bäuerin Elisabeth Noetzel, war sehr freundschaftlich und hielt noch, nachdem der Belgier im November 1940 den Hof verlassen mußte. Es ergab sich eine rege Korrespondenz zwischen dem ehemaligen Kriegsgefangenen und der Familie Noetzel, die bis Oktober 1942 dauerte. Da im Nachlaß auch Fotos aus jener Zeit vorhanden waren, wollte der Sohn nun Nachkommen dieser Familie finden, bei der sich sein Vater anscheinend so wohl gefühlt hatte. Wir veröffentlichten seinen Suchwunsch - und jetzt kam ein langer Brief, der die Riesenüberraschung schildert, die vor allem durch die tatkräftige Vermittlung von Frau Gabriele Bastemeyer, Kreisgemeinschaft Elchniederung, zustande kam, die uns auch einige der Fotos übersandte. Zwar leben die gesuchte Landwirtin Elsbeth Noetzel, deren Tochter Toni Licht und der Landarbeiter Albert Weitschies nicht mehr - diese Namen hatte Ben Janssens aus der Korrespondenz herausgelesen -, aber der hochbetagte Ehemann von Toni Licht sowie drei Söhne und eine Tochter des Ehepaares. Und diese, Marianne Seelbach geborene Licht, lasse ich nun berichten:

"Es war für meinen 99jährigen Vater und mich wie ein Wunder, daß nach 64 Jahren die ersten Kontakte zustande kamen. Leider war es weder meiner Oma noch meiner Mutter nach der schrecklichen Flucht und dem siebenjährigen Aufenthalt in der damaligen russisch besetzten Zone, in Blankenburg am Harz, möglich, irgendeine Verbindung zu John Janssens aufzunehmen, denn wer wußte schon die Anschrift des anderen, und es war ja auch fraglich, ob der noch lebte nach den chaotischen Ereignissen. So war es jetzt wirklich ein Wunder, ausgelöst durch den Briefnachlaß von John Janssens und die Suchfrage seines Sohnes, daß diese Verbindung nach so langer Zeit zustande kam. Es war für meinen Vater, für meine drei Brüder und für mich sehr bewegend und teilweise erschütternd, diesen warmherzigen Briefwechsel zu lesen und die beigelegten Fotos von unserm Hof und unserer Familie, die wir durch die Flucht nicht mehr besaßen, zu betrachten. Schade nur, daß die Hauptpersonen dieses Wunder nicht mehr miterleben. So bleibt uns Nachkommen eine einzigartige Erinnerung von den guten und fleißigen Menschen von damals in unserm Herzen. Wir haben uns im letzten Brief versprochen, daß Ben uns noch in diesem Jahr mit seiner Frau besuchen kommt. Wir freuen uns darauf, so wird uns Nachkommen vergönnt, was den Verstorbenen verwehrt wurde."

So weit ist der Weg ja nicht zwischen Oppuurs in Belgien und Mönchengladbach, wo die Noetzel-Nachkommen heute wohnen. Und wir wünschen für dieses Treffen viel Glück und würden uns freuen, wenn wir einen Gruß bekämen.

Eure Ruth Geede

Auf dem Bauernhof der Familie Noetzel in Bürgerhuben: Auch dieses Foto gehörte zu dem Nachlaß des Ex-Kriegsgefangenen John Janssens. Foto: privat


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