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04.06.05 / Ein Hauch von Preußens Glorie / Das Schweriner Schloßfest verleiht der einstigen Residenzstadt kurz ihren alten Glanz

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. Juni 2005

Ein Hauch von Preußens Glorie
Das Schweriner Schloßfest verleiht der einstigen Residenzstadt kurz ihren alten Glanz

Mit der Preußenprinzessin Alexandrine fand Schwerin Aufnahme in den Reigen der großen Höfe Europas. Das Schloßfest in Mecklenburgs charmanter Residenzstadt erinnert am 26. Juni 2005 an den Glanz ihrer Epoche.

"Kennen Sie Alexandrine?" "Selbstverständlich, das war doch die Großherzogin, die jahrzehntelang als Witwe im Alten Palais in der Schloßstraße wohnte." Richtig. "Und wer war diese Frau?" Ja, viel mehr wissen selbst die meisten Schweriner nicht über ihre einstige Landesmutter, die der Stadt zu Glanz verholfen hatte wie keine andere. Alexandrinens Witwensitz läßt nicht darauf schließen. Er ist ein schlichter, zweigeschossiger Fachwerkbau, erbaut Anfang des 18. Jahrhunderts für die Herzogsfamilie. Bereits während ihrer Ehe mit Großherzog Paul Friedrich (1800-1842, regierte ab 1837) lebte sie in dem heute grau gestrichenen Haus. Das Alte Palais diente von 1837 bis 1842 als Residenz. Das Schloß war verfallen und wurde erst ab 1843 neu gebaut. Bewohnt hat es Alexandrine nie.

Dafür Schloß Ludwigslust, wo das Paar seit seiner Heirat 1822 eine Wohnung im 2. Stock besaß. Bis zu ihrem Tod verbrachte Alexandrine die Monate September/Oktober immer wieder in Ludwigslust. Sommersitz für Mai/Juni war das Grünhaus, heute Kindergarten, im Schloßgarten von Schwerin, Sommerhaus für Juli/August das Alexandrinencottage in Heiligendamm, das im Schatten wiedererstandener Noblesse auf seine Restaurierung wartet. Selbst noch als alte Dame im Rollstuhl hielt Alexandrine den jahreszeitlich bestimmten Ortswechsel ein. Der persönliche Hofstaat, zehn bis 20 Personen, reiste mit. Hofdamen, Oberhofmeister, Kammerfrauen, Lakaien, Sekretär, Zofen, Köche, Kutscher. Das restliche Personal blieb vor Ort unter der Leitung eines Kastellans.

Vielleicht waren die Verhältnisse etwas bescheidener als zu Hause. Dennoch, Alexandrine fühlte sich im ländlichen Mecklenburg sehr wohl. Den Kontakt zur großen Welt verschaffte ihr die Familie. Als Tochter Friedrich Wilhelms III. war sie nicht nur die Schwester des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861), sondern auch die Schwester Kaiser Wilhelms I. (1861-1888 König von Preußen, seit 1871 deutscher Kaiser) und der Zarin Alexandra von Rußland (1796-1855), die ihren Mädchenname Charlotte nach Heirat und Übertritt zum russisch-orthodoxen Glauben geändert hatte. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. war ihr Neffe, Zar Nikolaus I. (1796-1855) ihr Schwager, die Zaren Alexander II. und III. ein Neffe und ein Großneffe von ihr.

Wie oft ist Alexandrine während ihres langen Lebens zu ihren Verwandten gereist! Zahllos scheinen die Besuche am elterlichen Hof in Berlin, am Altenburger Hof (Thüringen) bei der Schwester ihres Gemahls, in München, wo ihre Kusine Königin Marie von Bayern lebte, und in St. Petersburg bei ihrer Schwester Zarin Alexandra. Zwischendurch trommelte König Friedrich Wilhelm III. regelmäßig alle seine Kinder zur Kur in Teplitz zusammen. Und dann gab es da noch die Kuren in Marienbad, Bad Ems und Baden-Baden.

Preußisch korrekt von Kopf bis Fuß, war Alexandrine hin- und hergerissen zwischen den Lust- und Pflichtreisen. Irgendein Familienmitglied brauchte immer Unterstützung. Zum Tod ihrer Nichte eilte sie 1840 nach Rußland, um ihre Schwester zu trösten. Rund vier Jahre später, im Herbst 1844, reiste sie gar nach Palermo, um Alexandra bei der Kur Gesellschaft zu leisten. Und als ihr Bruder, Friedrich Wilhelm IV., 1859 einen Schlaganfall erlitt, war es gar keine Frage, daß Alexandrine zu ihm nach Berlin ans Krankenlager fuhr. Der Schwester in Rußland teilte sie brieflich mit, daß der Stuhlgang des Bruders nach dem Schaganfall nicht ganz in Ordnung sei. Auch am Königshof waren die Sorgen eben oft ganz menschlicher Natur. Dennoch, mit den Jahren wurde es immer einsamer um Alexandrine. Alle Geschwister, alle Kinder, selbst einige Enkelkinder starben vor ihr. Sie selbst schloß 1892 im hohen Alter von 89 Jahren als Zeitzeugin fast eines ganzen Jahrhunderts für immer die Augen.

Als Landesmutter hatte sie drei Stiftungen gegründet, kirchliche Einrichtungen, die ihren Namen trugen. Eine, die Alexandrinenstiftung in Ludwigslust, einst Kleinkinderschule, ist bis heute als Deutschlands zweitältester Kindergarten erhalten. Die Alexandrinenstiftungen in Rostock und Schwerin für bedürftige alte Damen und für hilfsbedürftige Menschen wurden während der DDR-Zeit aufgelöst. Sie waren nicht mehr von Nöten.

In memoriam leiht ihr Sohn, Großherzog Friedrich Franz II. (1823-1883, Regent ab 1842) alias Mathias Schott, Vorsitzender des Vereins der Freunde des Schweriner Schlosses e.V., auf dem Schloßfest den historischen Nöten des Volkes sein Ohr und hält - nach guter Mecklenburgischer Tradition - in der Schloß-Bibliothek Audienz. Helga Schnehagen

Foto: Schwerin


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