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04.06.05 / Eine australische Heldin / Das Leben der begnadigten Diebin und Mitbegründerin der Kolonie Sydney Mary Bryant

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. Juni 2005

Eine australische Heldin
Das Leben der begnadigten Diebin und Mitbegründerin der Kolonie Sydney Mary Bryant

Wer war eigentlich Mary Bryant? In kaum einem anderen Land als Australien wird man Antwort auf diese Frage erhalten, dort aber ist die Frau aus Cornwall eine Heldin.

Mary Bryant, geborene Broad, wurde 1765 in der Pfarrgemeinde Fowey geboren. Um der Armut ihres Elternhauses zu entfliehen, verließ sie dieses und wurde alsbald straffällig. 1786 beraubte Mary mit zwei Komplizinnen die Jungfer Agnes Lakeman und wurde gefaßt.

Zu dieser Zeit herrschte auf Raub noch die Todesstrafe, doch wider erwarten wurde Mary begnadigt und zur Deportation zur neuen britischen Kolonie nach Neusüdwales (Australien) abgestellt. Berauscht von der Nachricht, nicht zum Tode verurteilt zu sein, ahnte die junge Frau jedoch nicht, welches Leid und welcher Kummer ihr noch bevorstehen sollte.

Schon das Gefängnisschiff Dunkirk, das die begnadigten Sträflinge transportieren würde, raubte ihr jegliche Vorstellung von Freiheit. "Die Sträflinge rochen das Wrack, ehe sie es sahen, denn es stank nach Kloake, nach verrottetem Unrat, modrigem Holz und den Ausdünstungen ungewaschener Menschen ... Den Neuankömmlingen blieb kaum Zeit, ihre Wärter und ausgemergelten Gefängnisgenossen zu mustern, denn sie wurden sogleich in zwei Gruppen aufgeteilt ... Die Frauen waren furchtbar dreckig. Das Weiß ihrer Augen leuchtete unnatürlich hell in ihren schmutzverkrusteten Gesichtern, ihre Kleider waren schmuddelig und zerlumpt. Der Geruch, der ihren schon lange nicht mehr gewaschenen Körpern entströmte, war so durchdringend, daß er den Gestank, der den überquellenden Kübeln entstieg, die ihnen als Nachttöpfe dienten, fast übertraf."

Kaum vorstellbar, daß Mary, die auf der entbehrungsreichen Fahrt auch noch schwanger wurde, die Reise so relativ unbeschadet überlebte. Läuse, Flöhe, Krankheiten und der allgegenwärtige Hunger gehörten zur Tagesordnung an Bord. Viele erkrankten aufgrund der mangelhaften Ernährung an Skorbut und starben.

Sobald die Dunkirk an ihrem Ziel angekommen war, mußten die Sträflinge einsehen, daß das verheißungsvolle Neusüdwales alles andere als ein Paradies auf Erden darstellte. Dennoch, die Kolonie Sydney Cove war gegründet, eine Kolonie auf ödem Land mit unberechenbaren Wettern, eine Kolonie, deren Siedler von Haus aus Diebe, Säufer, Huren und Betrüger waren.

Der Leser glaubt zunächst, daß Mary an dieser Stelle des Buches eigentlich das Schlimmste überstanden haben müßte, aber es kommt alles ganz anders.

Unglaublich spannend, erschreckend und grausam realistisch schildert Carolly Erickson, gestützt auf zahlreiche Quellenangaben, einen Lebensabschnitt der Mary Bryant. Die Tatsache, daß es sich bei diesem Buch um eine authentische Geschichte handelt, läßt kaum ein anderes Gefühl als tiefste Bewunderung zu, für die Frau Mary Bryant, welche den Titel "Heldin" nach ihren Leistungen in der neuen Welt wahrhaftig mehr als verdient hat. A. Ney

Carolly Erickson: "Die Gefangene aus Botany Bay - Ein abenteuerliches Schicksal aus den ersten Tagen Australiens", Malik Verlag, München 2005, geb., 272 Seiten, 18,90 Euro


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