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11.06.05 / Lauter Ungereimtheiten / Einstiger Haider-Vertrauter bekennt sich als Mossad-Spion, um kurz darauf zu widerrufen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. Juni 2005

Lauter Ungereimtheiten
Einstiger Haider-Vertrauter bekennt sich als Mossad-Spion, um kurz darauf zu widerrufen

Jener Mann, der von Ariel Muzicant, dem Chef der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, einst als "Haiders Hofjude" bezeichnet wurde, steht seit voriger Woche im Mittelpunkt einer reichlich kuriosen Affäre. Es dreht sich um Peter Sichrovsky, der von 2000 bis 2002 FPÖ-Generalsekretär und von 1996 bis 2004 Europaabgeordneter war, sich aber 2003 von der Partei trennte.

Losgetreten wurde die Sache durch das Wochenmagazin profil, das am 30. Mai unter Berufung auf Sichrovskys Aussagen über dessen Aktivitäten für den israelischen Geheimdienst Mossad berichtete. Sichrovsky habe bis 2002 "mit dem Mossad kooperiert". Erste Kontakte habe es bereits in den 80er Jahren gegeben, aber ernst geworden sei es erst ab 1997, als Sichrovsky für Haider Kontakte zu jüdischen Organisationen knüpfen sollte. Er habe Israel helfen wollen und nicht direkt im Sold des Mossad gestanden, sondern nur Auslagen erstattet bekommen. Er habe auch eine Kreditkarte mit unbegrenztem Rahmen gehabt - "für heikle Fälle".

Seine Kontaktleute hätten sich außerdem weniger für FPÖ-Interna interessiert als für Haiders Nahost-Beziehungen: Israel habe Haider "als Brücke zu arabischen Ländern" nützen wollen. Er habe auch Haiders Besuch bei Saddam Hussein im Frühjahr 2002 "eingefädelt".

Warum er das jetzt publik mache, erklärt Sichrovsky so: Er habe eine "anonyme E-Mail" erhalten, in der die Absender angeben, über seine Mossad-Tätigkeit Bescheid zu wissen und ihn demnächst kontaktieren zu wollen. Weiter seien Freunde und Bekannte von angeblichen Journalisten über ihn befragt worden. Da sei es ihm lieber, selber an die Öffentlichkeit zu gehen, um den Unbekannten zuvorzukommen.

In einem Interview mit dem ORF relativierte Sichrovsky aber noch am selben Abend seine Aussagen gegenüber profil: Er sei sich nicht sicher, ob seine Kontaktpersonen überhaupt vom Mossad waren. Und die israelische Zeitung Haaretz berichtet am 3. Juni, Sichrovsky habe angegeben, nie für den Mossad spioniert, nie vom Mossad Geld erhalten und nie zum Schaden Österreichs gehandelt zu haben. Gedächtnisschwankungen? Oder eher die Erkenntnis, daß die Arbeit für einen fremden Geheimdienst - theoretisch also sogar für den Mossad - strafbar ist? Die Staatsanwaltschaft, die von der FPÖ mittlerweile eine Sachverhaltsdarstellung erhielt, hat Vorerhebungen eingeleitet. Aber ob es zu einem Verfahren kommt, hängt unter anderem davon ab, ob Justizministerin Miklautsch - jetzt Stellvertreterin Haiders im orangen BZÖ - zustimmt. Und dabei könnten auch "außenpolitische Rücksichten" mitspielen.

Tatsache ist, daß Sichrovsky ursprünglich ein antifaschistischer Journalist war, dann aber in Kontakt mit der FPÖ kam - ob von Haider "entdeckt" oder vom Mossad eingeschleust, bleibt offen. Es geschah in jener Zeit des rasanten Aufstiegs der FPÖ, als Haider mit immer neuen Quereinsteigern aufwartete - die ausnahmslos Probleme brachten. Haider gibt heute zu, daß man ihn mehrfach vor Sichrovsky gewarnt hatte.

Völlig unglaubwürdig klingt jedenfalls, daß der Mossad ausgerechnet über Haider mit Arabern in Kontakt kommen wollte. Und Haiders Besuch bei Saddam Hussein war - das steht fest - von der Österreichisch-Irakischen Gesellschaft organisiert. Die irakische Botschaft war zwar einmal von Sichrovsky kontaktiert worden, erteilte diesem aber (auf Anraten der Gesellschaft) kein Visum.

Noch interessanter wird es jetzt vor allem durch die vom neuen FPÖ-Chef Strache eingeleitete Überprüfung der Parteifinanzen: Da stellte sich heraus, daß Sichrovsky einer der erfolgreichsten "Spesenritter" in der früheren FPÖ-Führung war - für einen Europaabgeordneten mit ordentlichem Wohnsitz und Büro in Chicago und mit zahlreichen Israel-Reisen kommt eben einiges zusammen. Was noch schwerer wiegt: Viele von Sichrovskys Belegen wurden in Kopie abgerechnet - doch wer kriegte die Originale? Da das Finanzamt keine Kopien anerkennt, hätte Sichrovsky die Beträge als Einkommen versteuern müssen.

Die Rechnungsprüfer entdeckten noch zahlreiche andere Ungereimtheiten, die besonders die frühere Parteichefin und Vizekanzlerin Riess-Passer belasten. Die FPÖ selbst hat nach eigenem Bekunden zwar kein Interesse an öffentlicher Schmutzwäsche, wohl aber an einem Regreß gegen jene früheren Funktionäre, die für die Schulden der Partei verantwortlich waren. Richard G. Kerschhofer

 

Vom Mossad arrangiert? Der ehemalige FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky (l.) hat behauptet, das Treffen zwischen Haider und Saddam Hussein habe der Mossads für Israels Interessen instrumentalisieren wollen. Diese Behauptung scheint jedoch ziemlich abwegig. Andere seiner in Bezug auf den israelischen Geheimdienst getätigten Aussagen bestreitet Sichrovsky inzwischen sogar selber. Fotos (2): Parlament Österreich, pa


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