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25.06.05 / 'ne runde Sache / 150 Jahre Litfaßsäulen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 25. Juni 2005

'ne runde Sache
150 Jahre Litfaßsäulen

Litfaßsäule - das ist nicht etwa eine besondere Form von Faßsäule, so wie es ja auch unterschiedliche Formen von Tonnensäulen gibt. Vielmehr ist Litfaß, genauer gesagt Ernst Theodor Amandus Litfaß, der Name des Mannes, der vor 150 Jahren die ersten nach ihm benannten Säulen in Berlin aufgestellt hat.

Am 11. Februar 1816 kam der Berliner "Säulenheilige" und "Reklamekönig" als Sohn des Buchdruckers Ernst Gregorius Litfaß und dessen Ehefrau Sophie Caroline Litfaß geborene Kitzing zur Welt. Nachdem er auf Wunsch seiner Eltern bei der Schlesingerschen Buch- und Musikalienhandlung eine Buchdruckerlehre absolviert hatte, übernahm er 1845 den väterlichen Betrieb. Schon frühzeitig zeigte sich sein Sinn für moderne Technik. So stellte er die Druckerei von Holz- auf Schnellpressen um.

Nach dem Scheitern der 48er Revolution, an der er sich aktiv beteiligt hatte, wandte er sich der unpolitischen Werbung zu. Auf diesem Gebiete fiel er schon vor der Litfaßsäule durch innovative Produkte auf. Zum Jahreswechsel 1853/54 unternahm er - möglicherweise auf Anregung des mit ihm befreundeten Zirkusdirektors Ernst Jakob Renze - eine Reise in die französische Hauptstadt. Er ist begeistert. "Die Schaufenster in Paris verhalten sich zu den hiesigen, wie die Leipziger Messe zu dem Jahrmarkt zu Friesack", verglich er beeindruckt.

Hier lernte er erstmals Anschlagsäulen kennen. Spätestens im Mai 1854 stand sein Plan fest, derartiges auch in seiner Heimatstadt einzuführen. Im Sommer machte er den Berliner Polizeipräsidenten Karl Ludwig von Hinckeldey mit seinem Plan bekannt. Im Dezember unterzeichnete er einen diesbezüglichen Vertrag mit dem Polizeipräsidium. Litfaß erhielt die Konzession für die Aufstellung und 15jährige Nutzung von 150 Anschlagsäulen. Nach Ablauf der eineinhalb Jahrzehnte sollten die Säulen in das Eigentum des Präsidiums übergehen. Nachdem zwischenzeitlich, 1861, 50 weitere aufgestellt worden waren, wurde die Konzession für die 150 ersten Säulen 1870 um ein weiteres Jahrzehnt verlängert. Ähnlich wie heutzutage die öffentliche Hand durch die Einrichtung öffentlicher Spraywände das wilde Sprayen zu unterbinden sucht, verband sie damals mit den Litfaßsäulen die Hoffnung das wilde Plakatieren an Häuserwänden in den Griff zu bekommen.

Am 15. April 1855 wurde an der sogenannten Ziegenbockwache an der Ecke Münz-/Grenadierstraße die erste Säule aufgestellt. Rechtzeitig vor der Einweihung verfügte die Obrigkeit die Formate und Preise für die künftigen Anschläge und Plakate. Auch die rechtzeitige Festlegung einer Dienstkleidung für die Zettelanschläger - graue Bluse mit rotem Besatz, schwarzer Hut sowie eine Halskette mit einem Messingschild mit der Dienstnummer und der Bezeichnung "Anschlagspediteur" - wurde nicht vergessen. Nachdem in der Nacht zuvor sämtliche Häuserecken, Brunnen und Zäune von 400 Angehörigen der Straßenreinigung gesäubert und gewaschen worden waren, wurden die Säulen am 1. Juli 1855 offiziell der Öffentlichkeit zum Gebrauch übergeben. Den Abschluß des Festtages bildete ein großes Extrakonzert am Abend.

Die Litfaßsäule machte ihren Namensgeber wohlhabend. Nach seinem Tod am 27. Dezember 1874 blieben die Säulen nicht in Familienbesitz. Sie gingen "auf dem Wege der Submission in die Hände der Firma der Nauck & Hartmann" über. I. H.


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