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09.07.05 / Gutes wollen, das Falsche tun / Tony Blair und Bob Geldof wollen mehr Entwicklungshilfe für Afrika, doch diese ist dort umstritten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. Juli 2005

Gutes wollen, das Falsche tun
Tony Blair und Bob Geldof wollen mehr Entwicklungshilfe für Afrika, doch diese ist dort umstritten

Der Armut eine Stimme geben" lautete das Motto der von Sir Bob Geldof organisierte Live-Aid-Konzerte. "Wir wollen nicht euer Geld, wir wollen eure Stimme", so der Musiker, der zahlreiche namhafte Kollegen dazu gebracht hatte, an einem der in zehn Städten stattfindenden Konzerte teilzunehmen.

So edel wie das Motiv des Veranstalters, so zuckersüß war die Berichterstattung der Medien über das unbezweifelbar größte Musikereignis der Geschichte. Daß Bob Geldof und seine Kollegen das Beste für die Armen dieser Welt wollten, steht außer Frage, ob dies jedoch erreicht werden kann, indem die nur wenige Tage nach den Konzerten in Schottland tagenden G-8-Staaten ihre Entwicklungshilfe wie von dem britischen Premier Tony Blair gefordert auf 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr verdoppeln, ist mehr als fraglich. Doch die meisten Medien ließen diesen Aspekt unberücksichtigt. Auch wurde nirgends darauf eingegangen, daß Geldof sehr wohl unser Geld wollte, wenn auch über Umwege, denn Deutschland müßte nach diesen Plänen seine Entwicklungshilfe von 1,8 Milliarden Euro auf 2,3 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen.

"Geld ist nur eine notwendige, aber keinesfalls hinreichende Bedingung, um die Probleme Afrikas zu lösen! Es braucht zu allererst gute Institutionen (Rechtsstaatlichkeit, weniger Korruption, besser geschützte Individualrechte). Die müssen aber von innen wachsen", so Thomas Straubhaar, Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung (HWWA) in Hamburg, gegenüber der PAZ.

Nach dieser Aussage ist also Afrikas Hauptproblem Afrika selber. Eine Behauptung, die von vielen intellektuellen Afrikanern inzwischen gestützt wird. So vertritt Andrew Mwenda, Politikredakteur bei der ugandischen Tageszeitung The Monitor, die Überzeugung, daß die Zahlung von Entwicklungshilfe die afrikanischen Staaten davon abhalte, dringend notwendige Reformen durchzuführen. So bestehe der Etat seines Heimatlandes zu 50 Prozent aus Spendengeldern aus dem Ausland. Zwar werde das Geld in Uganda, anders als in manch anderem afrikanischen Staat, in erster Linie nicht für die privaten Gelüste der Regierungschefs, sondern für den Ausbau der Infrastruktur, der Grundschulausbildung und der medizinischen Versorgung verwandt, doch da das Geld von außen garantiert sei, sehe sich der Staat nicht genötigt, seine Finanzverwaltung zu reformieren. Diese ziehe nur 57 Prozent der anfallenden Steuern ein. Reiche und politisch Einflußreiche zahlten überhaupt nicht, da die Regierung sie nicht als Verbündete verlieren wolle. Zudem, so Mwenda, sei der Verteidigungsetat in Uganda mit 200 Millionen US-Dollar ungerechtfertigt hoch, was unter anderem daran läge, daß hohe Militärs exorbitante Gehälter bezögen.

Der kenianische Wirtschaftsexperte James Shikwati plädiert sogar für eine Streichung der Entwicklungshilfe. Gegenüber dem Spiegel betont er, daß durch die Entwicklungshilfe der Industriestaaten in erster Linie riesige Bürokratien, Korruption und Selbstgefälligkeit in Afrika gefördert würden. "Statt auf den privaten Sektor, wo Gewinne für Disziplin und Effizienz sorgen, konzentrieren sich die Politiker auf Regierungsprojekte, die nicht den Gesetzen von Gewinn und Verlust unterworfen sind", demnach, würde die Entwicklungshilfe abgeschafft, "bekäme das der kleine Mann gar nicht mit. Nur die Funktionäre wären schockiert".

Aussagen wie diese wollen Menschen wie Bob Geldof und Tony Blair jedoch nicht hören. Die reichen, ehemaligen Kolonialherren müßten den Armen geben. Die Reichsten sitzen jedoch gar nicht nur in den Industriestaaten, sondern teilweise in Afrika selber, wie ein Bericht von Merrill Lynch behauptet. Demnach wären 100.000 Afrikaner im Besitz von 400 Milliarden Euro. Die übrigen 300 Millionen verfügten allerdings nur über 60 Cent pro Tag.

"Von außen kann man nur versuchen, zu helfen, indem man ,good governance' belohnt." Daß der HWWA-Chef mit dieser Meinung richtig liegt, bestätigt der kenianische Planungsminister Nyongo, der verbittert darüber ist, daß sein Land, welches seine Schulden brav zurückzahlt, kaum Beachtung findet, "während die Länder, die einfach nicht mehr zahlten, plötzlich mit Aufmerksamkeit", sprich Geld, bedacht würden.

Doch wie kann man den Menschen in Afrika sonst helfen? "Die wirksamste Hilfe für die armen Länder wäre immer noch eine, die im eigentlichen Sinn gar keine ist: die Öffnung der Märkte der Industriestaaten für die Produkte der Dritten Welt", so die Neue Zürcher Zeitung. Das ist jedoch eine Methode, die der Westen strikt ablehnt, schließlich will man nicht seine eigenen Landwirte gegen sich aufbringen. Stattdessen wird sogar westlicher subventionierter Überschuß billig auf die afrikanischen Märkte geschleudert. Dies geschieht so günstig, daß selbst afrikanische Billiglohnarbeiter dagegen nicht konkurrenzfähig sind. R. Bellano

Spiel mit den Emotionen: Als die junge, als Kind dem Hungertod entrissene Äthiopierin Birhan zu der Sängerin Madonna auf die Live-Aid-Konzert-Bühne im Londoner Hyde Park trat, jubelte das Publikum. Foto: pa


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