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20.08.05 / "Wir spielen doch keine Nazi-Lieder" / Warum deutschsprachige Liedtexte in einigen Kreisen verpönt sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / 20. August 2005

"Wir spielen doch keine Nazi-Lieder"
Warum deutschsprachige Liedtexte in einigen Kreisen verpönt sind
von H.-J. v. Leesen

Ob Tageszeitung, Hörfunk oder Fernsehen - sie alle tun sich schwer, die ereignislose Zeit der Sommerpause zu überbrücken. Da passiert nun einmal weniger Spektakuläres. So bleibt nichts anderes übrig, als Belanglosigkeiten aufzublasen oder selbst ein "Event" zu arrangieren.

Das NDR-Fernsehen veranstaltete in seinem "Schleswig-Holstein-Magazin" einige Male eine Show, indem man verschiedene Städte des Landes einlud, sich an einer Art Wettbewerb zu beteiligen, der im Fernsehen gesendet wurde. In einem Fall waren die Elmshorner aufgerufen, gemeinsam aufzutreten, um gemeinsam ein Lied zu singen.

Reporter fragten in den Tagen vorher auf den Straßen Bürger, ob sie singen könnten. Das Ergebnis war katastrophal: Verlegenes Kichern, Stammeln, Kopfschütteln waren die Antworten. Da entschied der NDR selbst: Die Elmshorner sollten das Lied "Oh, happy day" singen, ein nicht gerade allgemein bekanntes deutsches Volkslied. Aber das schadete nichts. Chöre wurden aufgefordert, das Lied einzustudieren; die lokale Tageszeitung veröffentlichte den Text, und am entscheidenden Abend verteilte der NDR an das erwartungsvoll zusammengeströmte Volk von Elmshorn Zettel, von denen es den Text ablesen sollte.

Wären die Chöre nicht gewesen, hätte es trotz der als Vorsängerin agierenden Bürgermeisterin einen Reinfall gegeben. Abgesehen davon, daß natürlich die große Masse vom Text höchstens die ersten drei Worte kannte und dann noch, daß irgendwo etwas von "Dschisus Kreist" vorkam, war auch offensichtlich die Beherrschung der englischen Sprache nicht gerade die Sache der Elmshorner, zumal deren Muttersprache, auch wenn's vielleicht noch nicht bis ins Kieler Funkhaus gedrungen war, Hochdeutsch oder gegebenenfalls Plattdeutsch ist. Man hätte mehr Erfolg gehabt etwa mit dem Lied "Ick heff mol en Hamburger Veermaster sehn", zumal Elmshorn direkt vor der Haustür Hamburgs liegt (oder umgekehrt). Trotzdem wurden die Sänger gelobt.

Nichts zu loben gibt es bei den Verantwortlichen des NDR, die den Elmshornern das englische Lied aufs Auge gedrückt hatten. Man fragt sich, warum denn, wenn schon eine so verkrampfte Aktion durchgezogen werden muß, nicht ein deutsches Lied ausgewählt wurde. Vielleicht liefert ein längerer Beitrag in der Wochenzeitung Die Zeit, der gerade in jenen Tagen erschien, eine Antwort. Die Wochenzeitung bot ihren Lesern den gekürzten Vorabdruck aus einem antifaschistischen Buch eines Toralf Staud, das den Titel trägt: "Moderne Nazis - Die neuen Rechten und der Aufstieg der NPD", und darin liest man als Beweis dafür, daß sich der Faschismus unaufhaltsam auf dem Vormarsch befindet: "Schon tauchen in den ersten Elternvertretungen (der Schulen) rechte Eltern auf, die mehr Volkslieder im Musikunterricht fordern."

Das also ist es! Wer deutsche Volkslieder fordert oder gar singt, steht sofort im Verdacht, ein Rechtsradikaler zu sein. Und wenn man sich dann dran erinnert, daß der Leiter der Heimatredaktion der Welle Nord des NDR vor einigen Jahren dem Bericht-erstatter auf die Frage, warum er in seiner abendlichen Nachrichtensendung aus der Heimat überwiegend englischsprachige Lieder spielen läßt und kaum deutsche, die Antwort gab: "Wir spielen doch keine Nazi-Lieder!", dann schließt sich der Kreis zum jämmerlichen Happy-Day-Gesang in Elmshorn.

Aber die Pleite von Elmshorn machte ein viel umfassenderes Dilemma deutlich: In Deutschland wird nicht mehr gesungen. Das beklagen in den letzten Jahren zunehmend gewichtige Publizisten, Wissenschaftler, Pädagogen, ohne daß sich etwas ändert. Einig ist man sich, daß die Erteilung von Musikunterricht in der ganzen Bundesrepublik eine mittlere Katastrophe ist. Schon vor zwei Jahren schrieb die FAZ: In keinem Bundesland werden mehr die von Fachleuten empfohlenen zwei Stunden Musik unterrichtet. Zudem fehlt es an qualifiziertem Personal. Über 90 Prozent der Grundschullehrer sind nicht für Musik ausgebildet. Dabei fördert Singen die innere Ausgeglichenheit, erhöht die Lebensfreude sowie Phantasie und Kreativität. So wirkt sich Musik positiv auf Konzentration und Ausdauer und auf die Intelligenzleistung des Kindes aus. Auch darüber ist man sich in Fachkreisen einig. Die Wirkung aber dieser Erkenntnisse ist gleich null. Wenn Musik unterrichtet wird, dann fast nur in der Form, daß Schüler Musik lediglich hören und sie analysieren, statt aktiv zu singen und zu musizieren. Die Lage in den Kindergärten ist nicht besser.

Obwohl alles fürs Singen spricht, ist das einzige, was herauskommt, eine so erbarmungswürdige Veranstaltung, wie sie den Elmshornern aufgezwungen wurde.

Da hilft nur eines. Wenn schon Eltern mit ihren Kindern nicht mehr singen können, dann müssen die Großeltern das übernehmen. Die Älteren können es noch. Und wenn sie den Kindern die Freude des gemeinsamen Singens vermitteln, dann übertragen die es vielleicht auf die dazwischen liegende Generation. Man soll die Hoffnung nicht aufgeben.


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