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20.08.05 / Berlins luxuriöse "Strebergärten" / Von einem kleinen Dorf mauserte sich Dahlem dank preußischen Einflusses zum mondänen Villenvorort

© Preußische Allgemeine Zeitung / 20. August 2005

Berlins luxuriöse "Strebergärten"
Von einem kleinen Dorf mauserte sich Dahlem dank preußischen Einflusses zum mondänen Villenvorort

Heute ist Dahlem ein Ortsteil im Bezirk Steglitz-Zehlendorf mitten in Berlins Südwesten. Im 19. Jahrhundert war Dahlem nur ein kleines Dorf weit außerhalb der aufstrebenden preußischen Hauptstadt. Das dortige Gut hatte zwar immer mehr die Kleinbauern der Umgebung verdrängt, doch der dörfliche Charakter war geblieben. Erst 1901, nachdem der Vertrag mit dem letzten Pächter der Domäne Dahlem ausgelaufen war, entschied sich der Preußische Staat, das Fleckchen - rund 530 Hektar - zu einem exklusiven Villenvorort auszubauen oder besser gesagt ausbauen zu lassen, denn der Staat veräußerte das Areal nahe des Grunewalds an viele Privatleute. Zwischen 1901 und 1915 verkaufte die Aufteilungskommission 539 Grundstücke für 27 Millionen Mark. Jeder Käufer der zwischen 1.000 und 10.000 Quadratmeter großen Grundstücke mußte sich verpflichten, innerhalb von zwei Jahren ein villenartiges Landhaus zu bauen.

Mit Dahlem wuchs auch der "Alte Krug". Die Dorfgaststätte wurde zu einem großen Wirtshaus mit Kegelbahn umgebaut. Weitere Ausflugs- und Musiklokale folgten - zur Unterhaltung des gehobenen Bürgertums, das aus dem Innern der von Enge, Schmutz und Armut gezeichneten Großstadt ins Grüne gezogen war. Die wohlhabenden Städter verwirklichten hier ihre Vorstellungen vom idyllischen Landleben. Das sozialdemokratische Parteiorgan Vorwärts bezeichnete die Grundstücke der Dahlemer Kaufleute und Bankiers 1915 als "Strebergärten". Für die Kaisertreuen waren Villenvororte wie Dahlem jedoch ein "Bollwerk gegen Sozialdemokratie und gesellschaftsfeindliche Gelüste". Noch heute gehört Dahlem zu den konservativsten Vierteln im sonst rot-roten Berlin.

Schon am Anfang des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts erhielt Dahlem seine U-Bahnanbindung und 1920 wurde es in den Bezirk Zehlendorf eingemeindet. Schloßartiger Residenzstil, altdeutsches Fachwerk, Friesenkate, englisches Landhaus, Burg, neoklassizi-stischer Luxusbau und gesichtslose Neubauten stehen heute noch in Dahlem bunt durcheinander gewürfelt.

Schon auf persönlichen Wunsch Kaiser Wilhelms II. waren jedoch einige Flächen für staatliche Zwecke reserviert worden. Hier sollte auf Drängen des "Ministerialdirektors im Preußischen Ministerium der geistlichen Unterrichts- und Medizinangelegenheiten", Friedrich Althoff, ein deutsches Oxford entstehen. Sein Wunsch wurde leider nur teilweise erfüllt, dafür setzte sich Adolf von Harnack mit der Idee einer privat finanzierten Grundlagenforschung unter Aufsicht des Staates durch. Am 11. Januar 1911 verkündete Wilhelm II. die Gründung der "Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften", die nach dem Zweiten Weltkrieg in der seit 1938 benachbarten "Max-Planck-Gesellschaft" aufging, die auch heute wieder einige Institute in Dahlem angesiedelt hat.

In "Eine noble Adresse - Prominente in Berlin-Dahlem und ihre Geschichten" (Berlin edition, 287 Seiten, 19,90 Euro, zu beziehen über den Preußischen Mediendienst) nennt ein Autorenteam des Vereins "Freunde der Domäne Dahlem" zahlreiche Prominente - leider nur die verstorbenen -, die es im Laufe der vergangenen 100 Jahre nach Dahlem gezogen hat. 50 von ihnen werden in sehr interessanten Kurzbiographien näher vorgestellt. Unter ihnen: Arno Breker (Bildhauer), Lucius Dubignon Clay (US-General und Initiator der Berliner Luftbrücke von 1948/49), Peter Debye (Physiker), Albert Einstein (Physiker), Lion Feuchtwanger (Schriftsteller), Stefan George (Dichter), Otto Hahn (Chemiker), Hildegard Knef (Schauspielerin), Zarah Leander (Schauspielerin), Martin Niemöller (Theologe und Widerständler im Dritten Reich), Henny Porten (Schauspielerin) und Wilhelm Wertheim (Unternehmer). All jene Berühmtheiten und noch viele andere haben den Berliner Villenvorort geprägt und ihm einen mondänen Anstrich verliehen. Noch heute profitiert das Viertel von der glitzernden Aura des vorigen Jahrhunderts. R. Bellano


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