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27.08.05 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 27. August 2005

Schlips und Lumpen / Warum Kirchhof eine Gefahr darstellt: Er ist kein Staatsmann, er hat keine Erfahrung - und: Er weiß zuviel!
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Als Schröder den verknoteten Riesenrevolver vor dem Kanzleramt einweihte, wußte er noch gar nichts von der sensationellen Meldung, daß er womöglich für den Friedensnobelpreis nominiert worden ist. Sonst hätte er die Sache bestimmt größer aufgezogen. Ein neues Mahnmal wird in der Hauptstadt schließlich alle paar Wochen der zu mahnenden Öffentlichkeit vorgestellt. Wer da eigentlich wen ermahnt und mit welchem Recht überhaupt, fragt schon lange keiner mehr. Deshalb sind solche Einweihungen längst zum faden Pflichttermin für Pressefotografen verkommen.

Die erste Frage, die quer durchs Land schoß, nachdem die Nominierungsnachricht eingeschlagen war, lautete: Wer war das? Wer hat Schröder bloß vorgeschlagen? Günter Grass ging sofort in Deckung. Wie ein ertappter Ladendieb beteuerte er nicht nur ungefragt, daß er es nicht getan hat, sondern schob auch gleich hinterher, warum er es gar nicht gewesen sein kann. Vorschlagsrecht hätten nur die bisherigen Friedenspreisträger und er hat ja den für Literatur bekommen, weil ein Preis für sozialdemokratische Politik nicht existiert. (Das Nobelkomitee hatte bei der Verleihung 1999 betont, Grass erhalte die Ehrung für sein "politisches Engagement".)

Diese Debatte ist bezeichnend für die Stimmung im Lande. Statt sich mit dem Kanzler zu freuen, wird regelrecht nach Schuldigen gefahndet. Dann versuchen sie, den Preis mit dem Hinweis auf Preisträger Arafat zu entwerten, der bekanntlich einst Terrorist war. Man gönnt es dem Schröder einfach nicht, in die Reihen solch weltbekannter Persönlichkeiten wie Wangari Mutha Maathai oder Shirin Ebadi aufzusteigen (so hießen die Friedenspreisträgerinnen der vergangenen beiden Jahre, etwa schon vergessen?). Hat er ihn etwa nicht verdient, den Preis und die 1,1 Millionen Euro, die dranhängen? Immerhin hat er uns aus dem Irakkrieg herausgehalten. Gut, die Amis wollten uns auch gar nicht drinhaben, aber hätte ja sein können! Zur Zeit macht er sich dafür stark, daß China Waffen von uns bekommt, mit welchen die Volksrepublik im abtrünnigen Taiwan für jenen Frieden sorgen kann, den nur das Regiment einer kommunistischen Einheitspartei gewährleistet. Man muß die Dinge, gerade so wichtige wie den Frieden, "im Zusammenhang sehen", betont Schröder. Soll heißen: im Zusammenhang des jeweiligen Wahlkampfs. Und da sind Irak und China nunmal ganz unterschiedlich zu behandeln.

Gerhard Schröder ist halt ein "Staatsmann", erläutern die Experten. Die können vieles auf einmal machen, ohne den Überblick zu verlieren - etwa Waffen exportieren an Länder, die ihren Nachbarn mit Krieg drohen und gleichzeitig Friedenspreise einstreichen. Das unterscheidet sie von Normalmenschen, die bei so etwas rote Ohren bekämen vor schlechtem Gewissen.

Staatsmänner lassen sich ungern ins Handwerk pfuschen von Hanswürsten, die sich einbilden, sie könnten das genauso gut. Hans Eichel mußte ziemlich trocken schlucken, als verkündet wurde, daß die Union womöglich einen gewissen Paul Kirchhof auf seinen Stuhl setzen will. Was versteht der denn von Staatsfinanzen? - witzelt Eichel über Kirchhof. Hans Eichel hat den Kern der Sache zutage gefördert: In einem Land, in dem ein Deutsch- und Geschichtslehrer wie Eichel die Kassen verwaltet und ein Taxifahrer Außenminister ist, da paßt ein Steuerrechtsexperte auf den Finanzministerposten so gut wie Schlips und Kragen auf eine Lumpenparty.

Mit Kirchhof hat ja selbst die Union ihre liebe Not. Immerzu muß Angela Merkel den ungläubigen Medien auseinanderlegen, wie es kommt, daß ihr Kompetenzmann fürs Geld neben der Parteilinie auch noch eigene Ideen für mögliche Steuerreformen mitbringt. Mit anderen Worten: Er hat sich Gedanken gemacht! Man mutet den Deutschen ja schon eine Menge zu, doch so etwas kannten wir eigentlich nicht mehr. Wir sind an Fachminister gewöhnt, die bis zum Tage der Ernennung ihr neues Fachgebiet nur vom Hörensagen kannten und deshalb so frisch und unvoreingenommen ihre neue Arbeit aufnehmen konnten. Das hat nämlich sichergestellt, daß hinter ihnen der gewaltige Ministerialapparat ohne Beeinträchtigung durch die Politik sicherstellen konnte, daß aus so gefährlichen (aber leider populären) Wahnvorstellungen wie "Bürokratieabbau" oder "Gesetzesvereinfachungen" nie grausige Wirklichkeit wurde. Alles, was dem von keiner Detailkenntnis belasteten Minister an Verrücktheiten so einfiel, wurde im gleichmäßig mahlenden Betrieb des Hauses zu Feinstaub zerrieben, damit alles so blieb, wie es war. Kirchhof könnte viel Schaden anrichten, denn, wie man in Geheimdienst- und Ganovenkreisen zu tuscheln pflegt: Er weiß zuviel!

Die übrigen Kompetenzler wirken da schon erheblich beruhigender. Das sind echte Profis, Vollblutpolitiker, die einfach alles können wie Gerda Hasselfeld, die schon unter Kohl erst Bau- und dann Gesundheitsministerin war und sich jetzt auf das Ressort Landwirtschaft freut. Oder Wolfgang Schäuble, der bereits historischen Sammlerwert besitzt. Und Peter Müller, dem die Union schon seit langem nicht sozial (-demokratisch) genug ist - der würde im neuen Kabinett mit Sicherheit für die Kontinuität der erfolgreichen Politik der Regierung Schröder streiten. Die hektische Propaganda von Rot-Grün, die uns einreden will, mit den Schwarzen würde alles ganz anders, die ist angesichts von Merkels Liste leicht als billiger Wahlkampf zu durchschauen. Es wird wie 1982: Damals hatten sich auch alle in Panik geredet vor der angeblichen "Wende", die uns allen drohe. Doch was dann kam, war Norbert Blüm und mit ihm die soziale Wärme - solange, bis das Heizöl alle war.

Alles in Butter also, wenn nur dieser Kirchhof nicht wäre. Immerhin hat er zugesagt, von seinem Wissen vorerst nicht allzu viel Gebrauch zu machen. Voller Bange horcht Angela Merkel daher nur noch in Richtung Bayern, ob dort schon wieder irgendein kühnes Motto durchs Zelt fegt, das sie ihren Mecklenburgern anschließend nicht erklären kann. Sehnsuchtsvoll blickt Angela Merkel gen England: Der "Piano-Mann", den die Briten aus dem Kanal gefischt haben, ist selbst ein Bayer, wie sich herausstellte. Solche Bayern hätte die CDU-Chefin auch gern, die volle vier Monate stur den Schnabel halten!

"Kirchhof! Sie kommen sofort da herunter!" Zeichnung: Götz Wiedenroth


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