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03.09.05 / Englands kenianische GULags wurden vertuscht / ZDF erinnert an die Verbrechen Großbritanniens bei der Unterdrückung des Mau-Mau-Aufstandes

© Preußische Allgemeine Zeitung / 03. September 2005

Englands kenianische GULags wurden vertuscht
ZDF erinnert an die Verbrechen Großbritanniens bei der Unterdrückung des Mau-Mau-Aufstandes
von H.-J. v. Leesen

Das Erscheinen zweier englischer Bücher über den Widerstand der Kikuyus in der damaligen britischen Kolonie Kenia vor 53 Jahren, der bekannt wurde unter dem Namen Mau-Mau-Aufstand, veranlaßte das Kulturmagazin "Aspekte" im ZDF, an die Methoden zu erinnern, mit denen die britische Kolonialmacht den Freiheitskampf niederzuschlagen versuchte. Diese Methoden waren derart brutal, daß das ZDF die Presseinformation über die Sendung überschrieb mit der Zeile "Britische Gulags - Verbrechen einer Kolonialmacht".

Wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und zur selben Zeit, als noch die Propaganda-Lawine gegen Deutschland wegen der teilweise extremen Härte bei der Niederschlagung der Partisanen in der Sowjetunion auf vollen Touren lief, versuchten die britischen Truppen, die nach Partisanenmethoden kämpfenden Aufständischen in ihren ostafrikanischen Kolonien niederzuschlagen. Sie machten damit deutlich, daß solche Härte nur den Deutschen verboten sei; sie selbst, einst die größte Kolonialmacht der Welt, durften genau so wie sie es schon Jahrhunderte lang getan hatten, jedes Mittel anwenden, um ihre Herrschaft zu sichern. Die Erhebung beherrschte zeitweise die Zeitungsspalten ganz Europas. Man hörte von brutalen Überfällen der Mau-Mau-Krieger auf britische Farmer, von der Zerstörung der Farmen, von Anschlägen auf britische Einrichtungen überall im Land, von Mord und Brand. In Europa setzte sich der Eindruck fest, daß die aufständischen Schwarzen ein Übermaß an Grausamkeiten gegen die britischen Kolonialherren an den Tag gelegt hätten und daß daher die britischen Reaktionen berechtigt gewesen seien.

Die beiden in Großbritannien erschienenen neuen Bücher "History of the Hanged: Britain's Dirty War in Kenya" von David Anderson und "British Gulag: The Brutal End of Empire in Kenya" von Caroline Elkins stellen den Verlauf der Kämpfe etwas anders dar. Für sie handelte es sich um die erschütterndsten kolonialen Aufstände überhaupt. Nach ihren Ansichten hatten die Kikuyus lediglich ihr Recht auf Selbstbestimmung durchsetzen wollen. Die britische Antwort war erbarmungslos. "Was diesen Aufstand so besonders macht, ist die äußerst brutale Art und Weise, mit der er von britischer Seite bekämpft wurde und wie im nachhinein alles vertuscht werden sollte", so der Text des ZDF.

Die Mau-Mau-Krieger - "Mau Mau" soll angeblich von einem Kriegsruf der Kikuyus hergeleitet sein - führten mit Speeren und Macheten einen Partisanenkrieg im Schutze des Dschungels. Daß sie, wie das ZDF behauptet, nur so primitiv bewaffnet waren, ist kaum glaubhaft. In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts wußten auch schon die Afrikaner, wie man mit modernen Waffen umgeht, und Zugang dazu dürften sie auch gehabt haben. Trotzdem waren sie den Napalmbomben und Maschinengewehren der britischen Armee deutlich unterlegen. Um die Unterstützung der Aufständischen zu brechen, so der Sender, zerstörten die britischen Truppen über 10.000 Dörfer und deportierten rund 1,5 Millionen Kikuyus in Lager. Die Deportierten sollten durch Zwangsarbeit "zur Rückkehr in die Menschengemeinschaft" erzogen werden. Tatsächlich aber, so die Historikerin Elkins, seien diese Lager "geheime Folter- und Mordlager" gewesen.

Während David Anderson von 20.000 getöteten Kikuyus ausgeht, die bei den Kämpfen getötet worden seien, schätzt Caroline Elkins, daß bis zu 100.000 Menschen in den britischen Internierungslagern ums Leben kamen.

Die britische Seite bemühte sich nach dem Zusammenbruch des Mau-Mau-Aufstandes, die schrecklichen Begleiterscheinungen der Bekämpfung geheim zu halten. Angeblich sollen belastende Dokumente beseitigt worden sein, doch scheint immer noch so viel übrig geblieben zu sein, daß die beiden Historiker ihre Aussagen ausreichend belegen können.

Angesichts dieser Geschichte drängt sich die Erinnerung an das große Aufsehen auf, das im vergangenen Jahr der 100. Jahrestag der Niederschlagung des Herero-Aufstandes im damaligen Deutsch-Südwest-Afrika hervorrief. Man unterstellte dem Deutschen Reich, es habe die Herero ausrotten wollen, eine Behauptung, die nachweislich falsch war: Als damals der neu berufene Oberbefehlshaber der Schutztruppe v. Trotha die Absicht äußerte, wurde ihm diese Art der Kriegsführung von der Reichsregierung, ja sogar vom Kaiser strikt untersagt, woraufhin er seinen Posten niederlegte und nach Deutschland zurückkehrte. Viele Medien forderten im vorigen Jahr die Bundesregierung auf, sich im Namen Deutschlands bei den Herero zu entschuldigen. Das geschah dann auch im Übermaß. Die damalige wie heutige Entwicklungshilfeministerin, Heidemarie Wieczorek-Zeul hat, wie man unter anderem der Welt am Sonntag entnehmen konnte, sich vor einigen Herero-Häuptlingen im Namen Deutschlands "zu unserer historisch-politischen Verantwortung und Schuld" bekannt. Sie bat sie, "den Tränen nahe", um Vergebung und flugs forderten die Herero-Chefs von Deutschland einen höheren Betrag als Wiedergutmachung. Sie folgte mit ihrer Demutsgeste dem Bundesaußenminister Joschka Fischer, der kurze Zeit vorher bereits auf einer Uno-Konferenz im südafrikanischen Durban "im Namen der Deutschen die Verantwortung für Sklaverei und kolonialistische Ausbeutung" übernommen und sich dafür entschuldigt hatte.

Nun sollte man aufmerksam verfolgen, wie sich das im Kolonisieren viel geübtere Großbritannien Kenia gegenüber angesichts der an die Öffentlichkeit gebrachten Umstände beim Niederschlagen des Kikuyu-Aufstandes verhält. Wird Tony Blair oder gar die Königin nach Nairobi fliegen, um dort mit Tränen in den Augen die historisch-politische Verantwortung zu übernehmen und um Vergebung zu bitten?

Die Antwort liegt auf der Hand: Zu derart peinlichen Gesten sind nur die heutigen Deutschen bereit. Und man gedenke des alten Sprichwortes: Nur Domestiken entschuldigen sich.

Kikuyus hinter Stacheldraht: In solchen Lagern pferchten die Briten noch vor einem halben Jahrhundert Mau-Mau-Kämpfer und Schwarze, die sie dafür hielten, zusammen. Foto: Corbis


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