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10.09.05 / Rückkehr zu den Tugenden / Vor 175 Jahren wurde Marie v. Ebner-Eschenbach geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / 10. September 2005

Rückkehr zu den Tugenden
Vor 175 Jahren wurde Marie v. Ebner-Eschenbach geboren

Zuletzt hat das arme Tier den trostlos unnötigen Kampf aufgegeben und seinen Zweifeln ein Ende gemacht, aber nicht seiner Qual. Bellend, heulend, den Bauch am Boden, den Körper gespannt wie eine Sehne, den Kopf emporgehoben, als rief es den Himmel zum Zeugen seines Seelenschmerzes an, kriecht es - seinem ersten Herrn zu ..." Dieser Auszug aus der Novelle "Krambambuli" gibt nur einen oberflächlichen Eindruck vom dramatischen Geschehen, das die Autorin da zu Papier gebracht hat. Marie v. Ebner-Eschenbach beschreibt hier mit eindringlichen Worten die Tragödie eines Hundes, der zwischen zwei Menschen hin- und hergerissen ist. Hier der erste Herr, ein Vagabund, da der zweite Besitzer, einem Jäger, der letztendlich beide, Tier und Mensch, auf dem Gewissen hat. Diese Geschichte um einen Treuekonflikt gehört zu den bekanntesten deutschsprachigen Tiergeschichten und erschien erstmals in den "Dorf- und Schloßgeschichten" (1883 / 85) von Marie v. Ebner-Eschenbach. Sie schrieb später (1901 / 02) eine zweite Hundegeschichte, "Die Spitzin", die jedoch bei weitem nicht so populär wurde wie "Krambambuli".

Marie v. Ebner-Eschenbach wurde vor 175 Jahren, am 13. September 1830, als Marie Freiin von Dubsky in Zdislawitz in Mähren geboren und gilt als die bedeutendste österreichische Schriftstellerin des 19. Jahrhunderts. Aufgewachsen auf dem väterlichen Schloß war sie schon früh vertraut mit den Sorgen und Nöten der Dienstboten und der Landbevölkerung, die sie später in ihrem Werk thematisierte. Durch ihre Stiefmutter und Besuche im Wiener Burgtheater kam sie bald mit der Literatur in Berührung und erhielt Anregungen zu eigenem Schaffen. 1848 heiratete sie ihren Vetter, den Hauptmann Freiherr Moritz v. Ebner-Eschenbach, der 1874 zum Feldmarschall-Leutnant befördert wurde. 1858 debütiert Marie anonym mit Briefen "Aus Franzensbad", in denen sie satirisch-kritisch über den Adel berichtet und so zur Rückkehr zu den ursprünglichen Tugenden ihres Standes auffordert. Ihr dichterischer Ehrgeiz aber gilt dem Drama. Sie verfaßt einige Schauspiele und Einakter, mit denen sie jedoch keinen Erfolg hat. Mit der Künstlernovelle "Ein Spätgeborener" wird Marie v. Ebner-Eschenbach 1875 bekannt. Der Durchbruch gelingt ihr schließlich 1879 mit der Erzählung "Lotti, die Uhrmacherin". Es folgen weitere Erzählungen, Novellen und Aphorismen. Mit Titeln wie "BoŠzena" (1876), "Die Freiherrn von Gemperlein" (1881), "Der Kreisphysikus" (1883), "Er läßt die Hand küssen" (1885) und vor allem auch "Das Gemeindekind" (1887) findet sie bald einen großen Leserkreis. Marie v. Ebner-Eschenbach gilt als Wegbereiterin des Naturalismus und hat sich mit ihrem sozial engagierten, der Spätaufklärung verpflichteten Werk für die Außenseiter der Gesellschaft eingesetzt. Für ihr Werk erhielt sie im Jahr 1900 die Ehrendoktorwürde der Universität Wien. Die Schriftstellerin starb am 12. März 1916 in Wien. man

 Marie von Ebner-Eschenbach: Wegbereiterin des Naturalismus Foto: III. Bezirksmuseum Wien


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