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24.09.05 / Ein später Erfolg der SED? / Was die Linkspartei als den "einzig wirklichen Wahlsieger" erscheinen läßt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. September 2005

Ein später Erfolg der SED?
Was die Linkspartei als den "einzig wirklichen Wahlsieger" erscheinen läßt

Ein Kuriosum der Bundestagswahl vom letzten Sonntag ist, daß man lange suchen muß, um eine Partei zu finden, die sich nicht als Wahlsieger geriert und feiert. Das fängt bei den großen Volksparteien an. So geriert sich die Union als Sieger, weil sie am meisten Stimmen bekommen hat. Und die SPD feiert sich als Sieger, weil sie die meisten Stimmen bekommen hat (wenn man die Unionsstimmen in CDU- und CSU-Stimmen aufteilt). Dabei haben sowohl Union als auch SPD gegenüber der vorausgegangenen Bundestagswahl von 2002 Stimmen verloren und beide haben - wie auch die Grünen und die FDP - ihr Ziel verfehlt, mit dem ausgekuckten Wunschkoalitionspartner die nächste Regierung zu stellen.

Als einzig wirklicher Wahlsieger bleibt die Linkspartei. Das sagt zumindest der Parteienforscher und Politologe mit Professur in Chemnitz Eck-hard Jesse. Und was er sagt, klingt nicht nur deshalb plausibel, weil keine andere Partei derart gegenüber der vorausgegangenen Bundestagswahl zulegen konnte wie diese. Die einzige von den im zukünftigen Deutschen Bundestag vertretenen Parteien, die ebenfalls hat zulegen können, ist die FDP, die sich über einen Gewinn von 2,4 Prozentpunkten freuen kann. Die Linkspartei gewann jedoch mit 4,7 Prozentpunkten mehr als doppelt soviel dazu, und das bei einem Ausgangswert von nur 4,0 Prozent 2002.

Dieser Zugewinn ermöglicht der Partei nicht nur den Sprung in den Bundestag, sondern macht sowohl eine rot-grüne als auch eine schwarz-gelbe Koalitionsregierung unmöglich. Es darf wohl unterstellt werden, daß die daraus resultierende, vom Ausland mit Sorge beobachtete destabilisierende Wirkung von dem einen oder anderen Linkspartei-Mitglied, das noch nicht in der Bundesrepublik angekommen ist, durchaus als zusätzlicher Wahlerfolg zur Kenntnis genommen wird.

Jetzt geht das Rätselraten über die nächste Koalition los. Langfristig sollte man dabei rot-rote Bündnisse nicht ausschließen. Daß die SPD und links von ihr stehende kleinere Parteien Schwüre abgeben, nicht miteinander zu koalieren, hat in Deutschland Tradition - und das es nur eine Frage der Zeit ist, bis es doch zu einer solchen Koalition kommt, auch. Man denke nur an die Annäherung zwischen SPD und Grünen (in Hessen und im Bund) sowie SPD und PDS (in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin).

Gegner der Linkspartei sollten sich in ihrer Hoffnung auch nicht zu sicher sein, daß der Erfolg der Linkspartei nur ein kurzfristiges Phänomen sei. Nicht ohne Überzeugungskraft verweist die Parteiführung auf mit der Bundesrepublik in vielerlei Beziehung vergleichbare Demokratien wie Frankreich oder Italien. In denen gibt es auch starke linksradikale Parteien. In der Tat scheinen sowohl links- als auch rechtsradikale Parteien einer parlamentarischen Demokratie mit Verhältniswahlrecht eigen zu sein. Die Bundesrepublik bildet eine Ausnahme. Rechtsradikale Parteien haben es in Deutschland schwer wegen dessen nationalsozialistischer Vergangenheit und deren Instrumentalisierung durch den politischen Gegner. Kommunisten galten in der Bundesrepublik lange Zeit als Paria wegen der SED-Verbrechen jenseits der deutsch-deutschen Grenze in der DDR - bis die 68er den Kommunismus und auch die DDR gesellschaftsfähig machten. Heute hat der real existierende Sozialismus in der DDR viel von seiner abschreckenden Wirkung verloren, denn die DDR besteht nicht mehr und die zunehmend von 68ern dominierte bundesdeutsche Geschichtspolitik tut fast alles, die Verbrechen und Opfer zu bagatellisieren oder gar vergessen zu machen.

Die Erfolge der Linkspartei können Demokraten jedoch nicht nur wegen deren SED-Vergangenheit schrecken, sondern mindestens ebenso wegen deren Protestpartei-Image, das sie vor allem der Tatsache verdankt, noch in keiner Bundesregierung gesessen zu haben. Schlecht steht es um ein politisches System, in dem das Protestbedürfnis derart groß ist. Und die Größe dieses Protestbedürfnisses ist nicht die Schuld der Linkspartei. Manuel Ruoff

 Strahlend in den Wahlkampf: Gregor Gysi und Oskar Lafontaine Foto: pa


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