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24.09.05 / Kompetenzen gebündelt / Bundesnachrichtendienst und Bundeswehr werden eng verzahnt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. September 2005

Kompetenzen gebündelt
Bundesnachrichtendienst und Bundeswehr werden eng verzahnt
von Hans Hermann

Die Entscheidung von Kanzleramt und Verteidigungsministerium, künftig die militärische Auslandaufklärung beim Bundesnachrichtendienst (BND) zu bündeln, beendet einen jahrelangen Kompetenzstreit. Nach Angaben des Verteidigungsressorts werden beim BND 270 neue "militärische Dienstposten" geschaffen, um dem gestiegenen Informationsbedarf der Bundeswehr bei ihren zahlreichen Auslandseinsätzen gerecht zu werden. Dafür werden zusätzlich Offiziere der Bundeswehr zum BND abkommandiert. Diese Offiziere sollen die Einsätze deutscher Soldaten etwa in Afghanistan und dem Kosovo vorbereiten und regelmäßige Lage-analysen erstellen. Eine entsprechende Vereinbarung ist nach Informationen des Spiegel von Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsstaatssekretär Klaus-Günter Biederbick unterzeichnet worden.

Nach dem Ende des Kalten Krieges ging von verantwortlichen Politikern die Losung aus, Deutschland sei nun nur noch "von Freunden umgeben". Diese Einschätzung hatte nicht bloß zur Folge, daß der Wehr-etat schrittweise kräftig gekürzt wurde. Auch der BND, der im kommenden Jahr sein 50jähriges Bestehen begeht, mußte massive Stellenstreichungen hinnehmen. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) konnte diese Lücke nicht füllen. Er hat lediglich die Aufgabe, die Bundeswehr selbst vor Spionage zu schützen oder die im Ausland tätigen deutschen Soldaten vor Einflüssen fremder Geheimdienste abzuschirmen. Er darf nicht außerhalb der Standorte Informationen sammeln.

Bis 1989 bestand ein Hauptaktionsfeld des Bundesnachrichtendienstes darin, die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR zu beobachten, die nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation aufgelöst wurde. Wie sich sehr bald herausstellte, hatte sich die Gefährdungslage aber lediglich stark verändert. Neue Bedrohungen wie der Balkankonflikt oder der islamistische Terror stellten die deutschen Sicherheitsorgane vor völlig neue Herausforderungen, denen mit zunehmend geringeren Mitteln und einer unübersichtlichen Kompetenzverteilung nur schwer beizukommen war.

Bislang übernahm das dem Verteidigungsministerium unterstellte Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr in Gelsdorf bei Bonn die Meldungen und Lageanalysen des BND und reicherte sie mit Informationen der anderen an den jeweiligen Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligten Nationen an, um so die deutschen Kommandeure vor Ort umfassend zu informieren. Ein umständliches, langwieriges Verfahren - Soldaten klagten wiederholt über unzureichende Informationen.

Nun halten offenbar Umkehr und Einsicht Einzug: Der BND wurde und wird reformiert und neu strukturiert, zieht nach dem Willen der Bundesregierung von Pullach nach Berlin um, behält seine Aufgaben und Zuständigkeiten und wird nach und nach mit dem für diese Aufgabe notwendigen Personal (wieder) ausgestattet. Die Bundeswehr wird gleichfalls "reformiert" und der neuen, weit engeren Kooperation mit dem BND strukturell angepaßt.

Mit der Streitkräftebasis (SKB) wurde hier eine vierte Teilstreitkraft geschaffen, in der ein "Kommando Strategische Aufklärung" (KdoStrat-Aufkl) für militärische Aufklärung zuständig und verantwortlich ist.

Der Vorsitzende des "Gesprächskreises Nachrichtendienste", Wolbert Smidt, hat die Reform im Gespräch mit der Preußischen Allgemeinen Zeitung (PAZ) ausdrücklich begrüßt: "Das bedeutet, daß wirklich ernstgemacht wird mit der Rolle des BND als einzigem Auslandsnachrichtendienst, der auch für die militärische Aufklärung zuständig ist." Denn, so Smidt, der 2001 als Erster Direktor beim BND ausgeschieden ist: "Durch diese Verzahnung von BND und Bundeswehr wird eine Situation beendet, die für alle Beteiligten unbefriedigend war. Jetzt wird der BND in die Lage versetzt, die Bundeswehr auf allen Ebenen im nachrichtendienstlichen Bereich zu unterstützen."

Der "Gesprächskreis Nachrichtendienste" setzt sich aus ehemaligen führenden Mitgliedern der drei deutschen Nachrichtendienste zusammen, eingeschlossen deren frühere Präsidenten, sowie aus Wissenschaftlern und Vertretern von Politik, Wirtschaft und Medien.

Sein Ziel ist, so Smidt, die öffentliche Diskussion und Wahrnehmung der Dienste zu versachlichen.


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