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01.10.05 / Zwischen Kunst und Konsum / Haus Hansestadt Danzig in Lübeck würdigt das Schaffen von Willy Lütcke

© Preußische Allgemeine Zeitung / 01. Oktober 2005

Zwischen Kunst und Konsum
Haus Hansestadt Danzig in Lübeck würdigt das Schaffen von Willy Lütcke

Willy Lütcke (1905-1982), dem zu seinem 100. Geburtstag gerade eine Ausstellung seiner Werke im Museum Haus Hansestadt Danzig in Lübeck gewidmet ist, war nicht nur Bildhauer und Maler, sondern auch exzellent auf dem Gebiet der Gebrauchsgrafik. In diesem Gewerbe war er Handwerker-Künstler und wußte um die merkwürdige Position zwischen Kunst und Konsum. Er liebte die Kunst auch in diesem Metier, einer schnell wechselnden Kunst für den Tag. Doch er blieb insgeheim Ästhet des Alltags, dem auch eine Schuhwichsdose nicht zu gering war, um auf ihr der Lust schöner Gestaltung Lauf zu lassen. Und letztendlich mußte auch er Geld verdienen.

Von Willy Lütcke stammen die Entwürfe des Blockpaares zur ersten Danziger Landespostwertzeichenausstellung "DAPOSTA" vom Juni 1937, die zu den schönsten Briefmarkenausgaben in der fast 20jährigen Geschichte der Freien Stadt Danzig gehören. Sie wurden im Buchdruck von der Firma Julius Sauer auf Wasserzeichenpapier in zwei Farbvarianten und einer Auflage von 140000 beziehungsweise 530000 Blocks gedruckt. Der Nominalwert betrug 50 Pfennig, sie wurden jedoch für einen Gulden bei den Postämtern und der Ausstellung verkauft. Ein Ersttagsbrief vom 6. Juni 1937 wertet heute im Katalog 150 Euro, auf Brief mit der ersten Farbvariante je 130 Euro, mit der zweiten jeweils 75 Euro. Ein Plattenfehler des ersten Blocks mit postfrischer Erhaltung ohne Falz wird mit 600 Euro angegeben. Der erste Block in schwarzgrüner Farbe zeigt in klaren Linien dominierend die Marienkirche, flankiert vom Rechtstädtischen Rathaus und der Langen Brücke vom Krantor bis zum Schwanenturm. Der schwarzblaue zweite Block zeigt St. Marien aus der Vogelperspektive, daneben das Junkers-Flugzeug W 33. Beide Marken tragen auch das Danziger Wappen und in schöner Frakturschrift die Landesbezeichnung.

Lütckes Marken können nicht mit den ebenfalls schönen Briefmarken der Guldenwerte von Professor Berthold Hellingrath aus dem Jahre 1924 konkurrieren. Der 28 Jahre ältere Hellingrath - somit einer anderen Generation angehörend - lieferte brillante, doch traditionelle Federzeichnungen. Lütcke hatte durch Rudolf Koch moderne Impulse empfangen, verfiel jedoch nicht in Epigonie. Seine rationale Sachlichkeit zeigt nicht nur einem Briefmarkenfreund wesenhaft und geistig die Danziger Oberpfarrkirche. Lütcke hat sich mehrfach an Ausschreibungen zur Freimarkengestaltung beworben. Die beiden Blockausgaben waren der erste und einzige Entwurf, der von der Danziger Landespostdirektion angenommen wurde. Sie sind auch in der Ausstellung zu sehen.

Ein kleines Format wie eine Briefmarke war zu keiner Zeit ein wirkliches Kriterium für die Qualität eines Kunstwerks. Was Lütcke mit Stift, Feder oder Pinsel dem Papier anvertraute, ist nicht anders zu beurteilen als dasjenige, was durch Gewohnheit oder Konvention den Namen Bild erhalten hat. Willy Lütcke hat daher mit seiner Gestaltung der beiden Blockausgaben einen wesentlichen Beitrag zur Kunst, zur Ästhetik und zur Typographie des 20. Jahrhunderts geliefert.

Die Ausstellung "Willy Lütcke - Danziger Maler, Bildhauer und Grafiker" mit Ölgemälden, Zeichnungen und Grafiken im Lübecker Museum Haus Hansestadt Danzig, Engelsgrube 66, ist bis zum 30. November zu sehen. Geöffnet montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr. Dieter W. Leitner

Postwertzeichen von Willy Lütcke aus dem Jahr 1937: Die Briefmarke zeigt St. Marien in Danzig und eine Junkers W 33. Foto: Archiv


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