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08.10.05 / Gefunden nach 64 Jahren / Wer schrieb die Flaschenpost im Dargainen-See?

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Oktober 2005

Gefunden nach 64 Jahren
Wer schrieb die Flaschenpost im Dargainen-See?
von Ruth Geede

Um eine Flaschenpost ranken sich immer Geheimnisse. Selbst wenn sie nur eine heitere Mitteilung enthält, einen fröhlichen Gruß an einen Unbekannten, der an einem fremden Ufer die Flasche am Strand findet. Manchmal sind es aber auch Mitteilungen, die nachdenklich machen, weil sie ein letztes Lebenszeichen sein könnten. Und dann gibt es welche, die sind wie ein Gruß aus der Vergangenheit, die auf einmal wieder lebendig wird, auch wenn sie rätselhaft ist. So wie die Flaschenpost, die Fischer im ostpreußischen Dargainen-See gefunden haben, und die nach 64 Jahren ihr verschlossenes Geheimnis preisgibt, das durch uns vielleicht gelöst werden kann. Das wäre dann aber schon eine wunderbare Geschichte.

Beginnen wir zu berichten. In Angerburg lebt unsere Leserin Gerda-Krystyna Jakubowska, geborene Blask. Sie hat uns schon öfters geschrieben, liest auch so gerne unsere "Ostpreußische Familie", die ihr leider bisher auf ihrer Suche nach Verwandten nicht helfen konnte - doch darüber später. Ihr Enkel Konrad erhielt von polnischen Fischern die im Dargainen-See gefundene alte Bierflasche, in der sich ein Zettel mit deutscher Schrift befand. Sie wurde bereits im Februar 2004 gefunden, kam aber erst jetzt in die Hände der deutsch sprechenden Familie. Großmutter und Enkel staunten, als sie den Inhalt lasen. Er enthielt die Bitte, daß der Finder doch Grüße an die Feldpostnummer 09933 senden sollte. Die Unterschrift lautet Tuschke oder Luschke. Datum: 18. Juli 1941. Die Bierflasche stammt von der Brauerei Bischofsburg (F. Daum).

Vielleicht wurde diese Flaschenpost aus einem spontanen Entschluß heraus geschrieben, vielleicht steckt eine junge Liebe dahinter, vielleicht war es auch nichts anderes als der Gruß eines junges Mädchen an einen Freund - man kann vieles vermuten, sollte aber nicht zuviel in die Ursprungsgeschichte hineingeheimnissen. Viel interessanter ist das Finden, das wie ein Gruß aus der Vergangenheit, aus einem noch heilen Land, ist. Da schwamm eine Flaschenpost 63 Jahre lang in einem ostpreußischen See, unberührt von allem zerstörenden Geschehen. Nie hat der deutsche Soldat den Gruß erhalten, wahrscheinlich hat auch die Absenderin längst diese kleine Begebenheit vergessen, Krieg und Flucht sind darüber hinweggegangen. Aber vielleicht taucht sie jetzt in der Erinnerung der Frau auf, falls sie diese Zeilen liest. Tuschke - das könnte eine zärtliche Abwandlung von Gertrud sein, Luschke - eine von Liese, Elisabeth, jedenfalls ist dieser Kosename typisch ostpreußisch. Und wer hatte die Feldpostnummer 09933? Es könnte auch sein, daß mehrere junge Leute dabei waren, als die Flaschenpost abgesandt wurde. Vielleicht erinnert sich jemand daran? Es muß ja nicht am Dargainen-See gewesen sein. Sie könnte durchaus von Angerburg oder von Lötzen her in den Dargainen-See gelangt sein, der ja mitten in der masurischen Seenplatte zwischen Mauer- und Schwenzeit-See im Norden, Doben- und Kissain-See mit der Verbindung zum Löwentin im Süden liegt. Es könnte also in Steinort wie in Jägerhöh oder an einem noch weiter gelegenen Ufer gewesen sein? Also wenn diese Flaschenpost noch nach über einem halben Jahrhundert Absender oder Adressat finden würde - das wäre schon mehr als eine interessante Geschichte

Unmöglich ist sie nicht. Ich erinnere mich an einen Fall, der noch weniger lösbar schien. Da hatte vor etwa fünfzehn Jahren ein russischer Offizier in Kreuzburg einen Ring gefunden, der die Inschrift HILLA 24.12.42 enthielt. Er übergab ihm einen deutschen Besucher mit der Bitte, den rechtmäßigen Besitzer oder dessen Angehörige zu finden. Dieser Wunsch erreichte uns über einen Leser, und wir veröffentlichten ihn in unserer "Ostpreußischen Familie". Natürlich geschah nichts, wie wir auch vermutet hatten, denn es wäre schon mehr als ein Zufall gewesen, wenn sich jemand gefunden hätte, der wenigstens Auskunft über den Ringträger - der vermutlich in Kreuzburg verwundet oder gefallen war - geben konnte. Aber unser Leser ließ nicht locker und bat um eine weitere Veröffentlichung. Und dann geschah das Wunder: Es meldete sich die Tochter des damaligen Unteroffiziers Otto Albat, der seit 1945 vermißt wurde. Seine Frau "Hilla" hatte ihm diesen Ring Weihnachten 1942 geschenkt, leider war sie schon verstorben. Aber nun trägt der Schwiegersohn den Ring und hat ihn mir auf einem Ostpreußentreffen in Leipzig stolz gezeigt.

Zurück zu unserer Angerburgerin, die - in Lötzen geboren - noch immer nach Angehörigen ihrer väterlichen Familie Blask sucht. Jetzt fand ihr Enkel im Internet Angaben über den ehemaligen Olympiasieger im Hammerwerfen, Erwin Blask. Da der Vater von Frau Jakubowska, Julius Blask, * 2. Juni 1902 in Schwiddern, Kreis Lötzen, auch Sportler war, nimmt sie an, daß hier eine Verwandtschaft besteht. Erwin Blask ist leider 1999 verstorben, aber ich konnte ihr schon einige Angaben über den ostpreußischen Sportler zukommen lassen. Auch unser Leser Siegfried Mett, dessen Ausbilder Erwin Blask gewesen war, übersandte der Angerburgerin bereits Informationen und ein Foto. Der große Sportler war übrigens das zehnte Kind eines kaiserlichen Gardesoldaten, da sollte es also noch Verwandtschaft geben. Frau Jakubowska würde sich über Zuschriften freuen, vor allem ihr Enkel Konrad, der aber vor allem auf Zuschriften zu der von ihm sorgsam gehüteten Flaschenpost hofft. Zu richten an Gerda Krystyna Jakubowska, ul. plac. wolnosci 12/4 in 11-600 Wygorzewo, Polen.

Botschaft aus einer anderen Zeit: die Flaschenpost Foto: f1online


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